Hypnose-Coach Udo Wiedenhöft sucht die Lösung für psychische Erkrankungen im Unterbewusstsein. Foto: Kasenbacher Foto: Schwarzwälder Bote

Psychologie: Hypnose-Coach Udo Wiedenhöft aus Alpirsbach erklärt das Prinzip trance / Alternative zur klassischen Therapie?

Mit Problemen zum Psychologen gehen ist eine Möglichkeit – aber längst nicht die einzige. Hypnose-Coach Udo Wiedenhöft erklärt, was es mit der alternativen Therapie auf sich hat und wie sie in Krisenzeiten wie dieser helfen kann.

Alpirsbach. Der Klient konzentriert sich auf seine Hand. Udo Wiedenhöft sagt ihm, er solle locker sein, darauf achten, dass sein Körper ganz leicht wird. Geradezu schwerelos. Dann muss der Klient seine Augen schließen. Er hört nur noch Wiedenhöfts stimme. Wenn alles funktioniert hat, gelangt der andere in einen Moment völliger Entspannung – und Empfänglichkeit für Beeinflussung. "Trance" nennt Wiedenhöft diesen Zustand.

Nun habe der Therapeut Zugriff auf das Unterbewusstsein des anderen. Das sei "die Festplatte" wie bei einem Computer. Der Ort, wo alles gespeichert ist, von Geburt an. Alles, woran sich ein Mensch nicht bewusst erinnern könne. Alles, was da sei, aber im Dunkeln liege. Hier gelte es, eine Idee oder Gewissheit zu verankern. "Heute ist der Tag, ab dem sich etwas ändert", sagt der Coach seinem Klienten ein. Und wenn dieser wieder die Augen öffne, sei er im besten Fall auch selbst davon überzeugt.

Alte Heilmethoden durch Pharmaindustrie in Vergessenheit geraten

"Ja", meint Wiedenhöft, "mit dem Uhrpendel funktioniert es auch. Aber das wirkt dann so mystisch." Und etwas Mystisches oder Spirituelles sei Hypnose überhaupt nicht. "Die Behandlungsmethode ist vielen vom Zahnarzt bekannt. Einige wirken damit dem Schmerz bei der Behandlung entgegen", sagt der Hypnose-Coach aus Alpirsbach. "Die meisten Menschen wissen jedoch noch wenig über Hypnose. Wie viele hört man schon sagen: ›Ich muss mal wieder zum Hypnose-Behandler‹?"

Dass das Thema gesellschaftlich noch immer sehr umstritten ist, sei ihm bewusst. Ebenso, dass es auf einige Menschen seltsam wirken mag. "Aber seit 2006 ist Hypnose eine anerkannte Wissenschaft", erklärt er. Die alte Heilmethode sei durch die Pharmaindustrie, die eben nur bewerbe, woran sie verdiene, in Vergessenheit geraten. In der Jetztzeit gewinne sie jedoch wieder an Relevanz. Immer mehr Menschen werde bewusst, wie stark Körper und Geist zusammenhängen. "In anderen Ländern wie der Schweiz oder Frankreich ist Hypnose viel gebräuchlicher in der Psychologie und Medizin." Da sei Deutschland hinterher, wo das Thema schlichtweg noch in den Kinderschuhen stecke.

"Kompetente Ansprechpartner" kaum zu erreichen

Und tatsächlich. Vom Vorstand der Freudenstädter Ärzteschaft gibt es auf die Frage, was man dort von Hypnose halte, erst gar keine Rückmeldung. Sowohl das Landesgesundheitsamt als auch die Kassenärztliche Vereinigung Baden-Württemberg haben ebenfalls keine Antwort auf die Frage, wo Hypnose im modernen Gesundheitssystem Anwendung finde und was es über ihre Wirkung zu sagen gibt. Selbst die Landespsychotherapeutenkammer Baden-Württemberg verweist lediglich an Institute in Tübingen und Heidelberg. Dort gebe es "kompetente Ansprechpartner".

Wir versuchen es also beim renommierten Helm-Stierlin-Institut für Psychotherapie in Heidelberg, in der Hoffnung, dort Näheres zu erfahren. Doch auch hier ist niemand zu erreichen. Eine Rückmeldung bleibt aus. Fündig werden Suchende bei der Milton-Erickson-Gesellschaft für klinische Hypnose, Regionalstelle Tübingen. "Im Auftrag der Deutschen Gesellschaft für Hypnose und der Milton-Erickson-Gesellschaft für klinische Hypnose wurde 2003 beim wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie der Bundesregierung ein Antrag zur Anerkennung der Hypnotherapie eingereicht", ist der Homepage zu entnehmen. Der Antrag sei in Tübingen erstellt worden und was er beinhaltete, ist auch zusammengefasst.

"Die Beschreibung der Hypnose als theoretisch begründetes Verfahren basiert nicht auf einem einheitlichen Theoriegebäude, sondern auf Ergebnissen aus verschiedenen Bereichen wie Wahrnehmungspsychologie, Gedächtnisforschung und Hirnforschung sowie der Psychotherapie." Weiter ist von Trance als Medium therapeutischer Intervention die Rede. Um die Wirksamkeit der Hypnotherapie zu überprüfen, seien etwa 200 Studien durchgeführt worden. Diese hätten die Wirksamkeit belegt. Der Antrag war erfolgreich. "2006 wurde die Hypnotherapie durch den Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie anerkannt", so steht es geschrieben.

Die Klienten von Wiedenhöft kommen aus den verschiedensten Gründen zu ihm. Der Wunsch nach Gewichtsreduktion oder Rauchentwöhnung seien die Klassiker. Einige seiner Patienten litten aber auch unter Angststörungen oder Persönlichkeitsstörungen wie dem Borderline-Syndrom.

"Mit Hypnose kann man eigentlich alles beeinflussen, was mit dem Kopf zu tun hat", erklärt der Coach. Im Grunde gehe es darum, im Kopf einen Schalter umzulegen, eine mentale Bereitschaft dafür zu schaffen, sich einer Veränderung hinzugeben. Natürlich komme es auch auf die Empfänglichkeit an. "Aber wenn man einer Person sagt, dass sie sich entspannen und nur zuhören soll, tut sie das in der Regel gerne", weiß Wiedenhöft aus Erfahrung. "Die meisten sehnen sich in unserer schnelllebigen Zeit ja nach einer Pause."

Erfahrungsgemäß genügen fünf Sitzungen, manchmal sogar eine, für Probleme, mit denen Personen jahrelang zum Psychologen gegangen seien, meint der Hypnose-Coach. Und warum haben die manchmal keinen Erfolg? "Psychotherapeuten bauen auf die Gesprächstherapie. Das funktioniert aber nur, wenn sich allein durch reden etwas bewirken lässt. Nicht für jeden Menschen ist das das richtige Werkzeug." Er jedenfalls schätzt seine Erfolgsquote auf mehr als 90 Prozent.

Ob er das allein der Hypnose zuschreibt? Natürlich sei Hypnose keine Zauberei. "140 Kilo zum Beispiel gehen nicht nur mit Hypnose weg", erklärt Wiedenhöft. "Da gehört auch Sport und die richtige Ernährung dazu." Die Hypnosebehandlung könne Prozesse positiv unterstützen, den Patienten bis zum Erfolg begleiten müsse aber immer noch er.

Selbstheilungskräfte aktivieren und Immunsystem stärken

Welche Macht der Geist über den Körper hat, weiß Wiedenhöft selbst am besten, er hat einige Krisen erfolgreich überwunden. Er kommt aus dem Sportbereich, was ihm auch bei seiner jetzigen Arbeit zugute kommt. Er war als Karatetrainer aktiv und beherrscht "Ebmas Wing Tzun", eine Kampfkunst, die darauf basiert, die Kraft des Gegners gegen ihn umzuwandeln. 2009 erfuhr Wiedenhöft einen Schicksalsschlag. Bei einem Motorradunfall verlor er sein rechtes Bein. Bis dahin hatte er bereits erfolgreich gegen eine Herzinsuffizienz und einen Krebstumor gekämpft, zwei Bandscheibenvorfälle überwunden und gelernt, mit Diabetes zu leben.

Heute ist er derjenige, der Menschen mit Handicaps hilft. Und mit Hypnose sei noch viel mehr möglich. "Damit lassen sich Selbstheilungskräfte aktivieren und das Immunsystem lässt sich stärken", erklärt er. Dass ihm die Klienten ausgehen, denkt er jedenfalls nicht. "Gerade die Corona-Krisenzeit, mit der wir alle jetzt kämpfen, ist von Unsicherheit und Existenzängsten geprägt", meint der Hypnose-Coach und Selbstverteidigungstrainer. Demnach rechnet er in nächster Zeit sogar mit einigen Anrufen.