Eine Meisterleistung bot das Sinfonieorchester der Trossinger Musikhochschule in der Alpirsbacher Klosterkirche. Foto: Vögele Foto: Schwarzwälder-Bote

Sinfonieorchester aus Trossingen überzeugt in der Alpirsbacher Klosterkirche mit gewagtem Programm

Von Markus Vögele Alpirsbach. Das Sinfonieorchester der Staatlichen Hochschule für Musik Trossingen war in der Alpirsbacher Klosterkirche zu Gast. Das Konzert mit recht gewagtem Programm geriet dabei zu einem klangvollen Fest.Der Abend wurde eröffnet mit der zehnten Sinfonie von Gustav Mahler. Diese "Zehnte" aus dem Jahr 1910 ist im engeren Sinn ein Torso – existiert doch lediglich der erste Satz, ein Adagio. Dieser erste Satz war von Mahler, zu dieser Zeit bereits todkrank, nur in Umrissen entworfen worden; zur Aufführung und in eine Orchesterfassung gebracht wurde das Stück erst zu Beginn der 1960er-Jahre. Es folgten die drei Orchesterstücke op. 6 von Alban Berg, und, nach der Pause, "Le Sacre du Printemps" von Igor Strawinsky.

Wer dieses Programm liest, weiß, dass das keine leichte Kost ist – für die Musiker. Selbst für etablierte Spitzenorchester bleibt der 1913 uraufgeführte Strawinsky eine Herausforderung. Und auch der einer offenen Tonalität verpflichtete, seinerseits revolutionäre Alban Berg, der vielleicht bedeutendste Schönberg-Schüler, fordert mit seinen parodistischen und ironischen Elementen den ganzen Interpreten.

Selbst wenn ein solches Konzert aus Sicht der Musiker gelingt: Es wird doch vor Publikum vorgetragen, und ein kleines Wagnis war es nun schon, diese drei Komponisten in dieser Reihenfolge in Alpirsbach aufzuführen. Die Tatsache, dass seit deren Entstehung rund 100 Jahre vergangen sind, lässt erahnen, welche Sprengkraft sie damals, zu Beginn des 20. Jahrhunderts, gehabt haben müssen. Interessanterweise hat sich das Hochschulsinfonieorchester genau diesen Punkt gewissermaßen als Forschungsprojekt ins Stammbuch geschrieben: "Wie sahen die Gebirge aus, die man anno 1910 noch komponieren konnte, und wie würde das klingen?" Es war das reine Fest. Gerade für das Auditorium. Welch eine Spielfreude, welche Farbe und räumliche Plastizität des Klangs, welche Klangdichte! Wenn die Komponisten des beginnenden 20. Jahrhunderts sich ein Orchester erfinden müssten, und einen Raum, ihre Werke aufzuführen: Gewiss würden sie an den Trossingern in der Alpirsbacher Klosterkirche nicht vorbeigekommen. Der Begriff des Klangkörpers muss nach diesem Abend um eine Bedeutungsdimension erweitert werden: Die Trossinger Musiker, dirigiert von Hannes Reich (erstes Stück) und Manfred Schreier (zweites und drittes Stück), wurden selbst, im Raum der Kirche, zusammen mit ihren Zuhörern, für knapp zwei Stunden zum "Körper der Musik".