Die friedhofeigene Abfallstelle wurde mit Brettern eingehaust, um die Umgebung optisch aufzuwerten. Foto: Fuchs

Bürger fordert Trennung von Urnengräbern und Abfallstelle durch Bepflanzung.

Alpirsbach-Reutin - Ruhig und von Natur umgeben liegt der Friedhof in Reutin am Ortsrand. Ein würdiger Ort für die letzte Ruhe. Auf den ersten Blick gibt es hier nichts auszusetzen. Wäre da nicht die friedhofseigene Müllstelle direkt neben den Urnengräbern.

Wenn Peter Schmitt seine verstorbene Frau auf dem Friedhof besucht, muss er manchmal an den Tag ihrer Beerdigung denken. "Die Trauergäste und besonders die Angehörigen waren geschockt, weil die Urne an der groß ausgeschilderten Abfallstelle vor der Fallgitterbox und einem Splittkübel erhöht aufgestellt war", erinnert sich der Rentner. Der Reutiner Friedhof entspreche durchaus den Anforderungen, die man an eine würdige letzte Ruhestätte stelle. "Das trifft jedoch nicht auf die Schnittfläche zwischen der Friedhofabfallstelle und dem Urnengräberfeld zu, die nahtlos ineinander übergehen. Dadurch sieht es aus, als würden die vorderen Urnengräber in der Abfallstelle liegen."

Vier Jahre ist die Beerdigung der im Alter von 86 Jahren verstorbenen Frau nun her. Ihr Grab ist das zweite neben der Kompoststelle. Geändert habe sich seither nicht viel. "Seit Jahren setze ich mich dafür ein, dass der Platz der Urnengräber umgestaltet wird", meint Schmitt. "Ich habe Ortschaftsrat und Bürgermeister vorgeschlagen, zwischen den Urnengräbern und der Abfallstelle eine immergrüne Hecke zu pflanzen." Da bei der Stadt aber scheinbar kein Landschaftsgärtner zur Verfügung gestanden habe, sei die Abfallstelle vom Bauhof mit einer Bohlenwand eingehaust worden. "Diese Wand bewirkt aber keine richtige Trennung. Im Gegenteil", echauffiert sich der Mann. "Sie verlängert die Kompoststelle eher."

Kosten als Grund für die Ablehnung der Idee?

Er möchte erreichen, dass die Gräber nicht an einer Friedhofsabfallstelle, sondern von Grün umgeben liegen. "Durch eine Hecke würden die Gräber ›friedhofswürdig‹ liegen. Die Besucher der Urnengräber könnten sich, ohne Ablenkung durch den Müll, dem Gedenken widmen", erklärt der gelernte Bauingenieur. "Und es könnte die vorhandene Abfallgitterbox unverändert an Ort und Stelle verbleiben. Die Bohlenwand kann rückgebaut werden." Als Bauingenieur sei er es gewohnt, über Missstände nicht nur zu klagen, sondern diese möglichst auf fachlicher Basis friedlich zu beheben, sagt er. Einen entsprechenden Lageplan mit Unterschriften von zwölf ebenfalls betroffenen Hinterbliebenen habe er inzwischen an den Bürgermeister gesandt.

Sein Plan enthielt auch Konstruktionsmöglichkeiten mit Kübelpflanzen, die für eine optische Verbesserung sorgen sollten. "Und zwar mit der Bitte, die Hecke, in Anbetracht unseres fortgeschrittenen Alters, möglichst bald pflanzen zu lassen", sagt er. Die Antwort der Sachbearbeiter: Es sei kein Geld für ein solches Projekt da. Schmitt hat also einen Vorschlag darauf gemacht: "Ich wäre bereit gewesen, die Unterhaltung für die nächsten 20 Jahre zu zahlen." Aber was ist danach?, habe der Sachbearbeiter gefragt. "Einfach unglaublich", mehr fällt Schmitt dazu nicht ein.

Nach der Friedhofsordnung müssen die Gräber während der Nutzung in einer des Friedhofs würdigen Weise gärtnerisch angelegt und unterhalten werden, weiß Schmitt. "Die Auflagen werden von den Hinterbliebenen mehr als erfüllt. Nicht so von der Stadt", ist er der Meinung. Die Bohlenwand sei zwar sauber, doch nicht friedhofs- und gedenkstättenwürdig.

"Als Begründung, warum diese Variante gewählt wurde, wurde angegeben, die Personalkosten zur Unterhaltung der Bohlenwand seien geringer als bei einer Hecke." Darüber ist Schmitt empört. "Es ist kaum zu glauben, dass ein paar Euro Unterhaltskosten der Stadtverwaltung mehr wert sind, als würdige letzte Ruhestätten ihrer Bürger." Da sich seitens der Stadt nichts tue, wolle er demnächst das Landratsamt um Überprüfung bitten.

Aus Platzgründen Umsetzung schwierig

Empört ist jedoch nicht nur Schmitt, sondern Bürgermeister Michael Pfaff gleichermaßen. "Die Kompoststelle ist schon lange ein Thema im Ortschaftsrat", erklärt er. "Jedoch nur wegen der vielen Anträge von Herrn Schmitt." Die Personen, deren Angehörigem das erste Grab direkt neben der Abfalldeponie gehöre, störten sich nicht daran. Ebenso wenig wie die anderen Betroffenen im direkten Umkreis. "Wir haben viel mit Herrn Schmitt geredet und versucht, zu einer Einigung zu kommen", so der Bürgermeister. So sei schließlich die Bohlenwand gebaut worden, die den Ort optisch aufwerte. "Herr Schmitt jedoch hat seine eigene Vorstellung, nämlich die Hecke, und da gibt es kein links oder rechts." Der Ortschaftsrat habe sich nach langem Überlegen dagegen entschieden. Das nicht nur, weil man nicht "jedem einzelnen seine Sonderwünsche erfüllen" könne, sondern auch, weil die Hecke aus Platzgründen nicht machbar wäre.

"Es geht nicht um Kosten", erklärt Pfaff. "So eine Hecke hat auch eine gewisse Breite. Und damit müssten wir das vorderste Urnengrab entfernen, weil kein Platz mehr dafür wäre." Hier überwiege das Allgemeinwohl. "Auch wäre es eine Kunst, die Friedhofsabfälle über eine etwa 50 Zentimeter breite Hecke in die Gitterboxen zu werfen", will Pfaff den Bürgern keine akrobatischen Meisterleistungen abverlangen.

Man habe sich überlegt, die Kompoststelle zu verlegen, "aber dann hätten andere Gräber das gleiche Problem." Und ein Friedhof brauche nun einmal eine Kompoststelle. Das sei wohl unstrittig, so der Schultes. "Die Bretterwand ist gepflegt und macht die Ecke bereits schöner", zieht der Bürgermeister sein Fazit. Das Problem werde sowohl von ihm als auch vom Ortschaftsrat nicht als so gravierend angesehen, dass Handlungsbedarf bestehe.

"Wer den Friedhof in Reutin kennt, weiß, dass er einer der schönsten und am besten gepflegtesten im Umkreis ist", meint Pfaff. "Und ich finde es schade, dass wegen des Komposthaufens ein solcher Aufruhr gemacht wird."