Kreuzgangkonzert: Französische Kammerphilharmonie spielt effektvolle Meisterwerke
Wenn es noch so etwas wie einen europäischen Geist gibt: Beim Gastspiel der Französischen Kammerphilharmonie wehte er durch den Kreuzgang des Alpirsbacher Klosters.
Alpirsbach. Große Namen auf dem Programmzettel, ein beherzt zupackendes Instrumentalensemble – das zweite Kreuzgangkonzert in der neuen Saison war so recht nach dem Geschmack des Publikums. Von Wolfgang Amadeus Mozart bis Béla Bartók spannte die Kammerphilharmonie unter der Leitung von Philip van Buren den Bogen an diesem Sommerabend, den die rund 250 Zuhörer sichtlich genossen.
"Das Orchester versteht sich als Symbol der deutsch-französischen Freundschaft und vereint großartige Musiker" – mit dieser Ankündigung hatte der Veranstalter den Mund nicht zu voll genommen.
"Jede Note zählt!", dieser Grundsatz der Französischen Kammerphilharmonie mag eine akademisch astreine, aber auch etwas spröde Aufführungspraxis erwarten lassen. Tatsächlich charakterisiert er jedoch die gelungene Gratwanderung der musikalischen Vorreiter Europas zwischen perfektem Spiel, das keine Feinheiten links liegen lässt, und Mut zum großen Gefühl. Zum Teil ist dies wohl auch der Zusammensetzung des Kammerorchesters aus überwiegend jungen und einigen älteren, erfahrenen Musikern zurückzuführen.
Ungemein vital und frisch spielte das Streicherensemble zu Beginn Mozarts Divertimento D-Dur für Streicher, KV 136 (125 a). Das Allegro erklang sanglich, genau phrasiert und mit fein abgestufter Dynamik. Auch beim Andante ließ die Interpretation vergessen, wie schwierig gerade bei Mozart das scheinbar so Einfache zu spielen ist. Sanft auf- und abschwellender Wohlklang beim Andante und ein beherztes Presto zum Abschluss: Das war Mozart ohne Zuckerrand, aber mit kräftigem Rückenwind.
Philip van Buren unaufgeregtes, aber stets souveränes Dirigat führte die Kammerphilharmonie sicher durch die wechselhaften musikalischen Regionen.
Je kühler der Abend, desto nordischer die musikalischen Gefilde
Bei Franz Schuberts Rondo A-Dur K 438 für Violine und Streicher zeigte Solist Fedor Rudin die ganze Bandbreite seines Könnens. Der französisch-russische Geiger ist seit Kurzem Konzertmeister der Wiener Staatsoper und der Wiener Philharmoniker. Schubert hat dieses Rondo mit 18 Jahren geschrieben. Nach langsamer Einleitung folgte ein heiterer Rundtanz mir zwei Motiven. Da war von dem jungen Geiger von furiosen Läufen über leicht süßliche Melodielinien bis zur Bewältigung der Fülle von oft überraschenden Harmoniewechseln viel gefordert. Für das gefühlsmäßig kräftig aufgeheizte Rondo gab es denn auch starken Beifall.
Je kühler der Abend, desto nordischer die musikalischen Gefilde: Getragen, fast schon weihevoll erklangen nach der Pause zwei elegische Melodien des norwegischen Komponisten Edvard Grieg. Sie leiteten über zu Griegs "Aus Holbergs Zeit – eine Suite im alten Stil" aus dem Jahr 1884. In dem von höfischen Tanz- und Liedformen des frühen 18. Jahrhunderts geprägten Werk fließen auch neoklassizistische Elemente ein. Die Kammerphilharmonie kostete die stilistische Vielfalt der fünf Sätze eindrucksvoll aus. Ob majestätisch oder leicht verspielt, pompös oder mit melancholischen Seufzern angereichert – das Publikum genoss das klangliche Monumentalgemälde.
Eher rustikalen Charme haben die Rumänischen Volkstänze von Béla Bartók. Mehr als 1100 instrumentale Melodien hat Bartók in der Sammlung "Rumänische Volkstänze aus Ungarn" zusammengetragen. Einige davon arrangierte er 1917 für kleine Orchester, die nun auch bei dem Kreuzgangkonzert erklangen.
Als tänzerische Zugabe Luigi Boccherinis berühmtes Menuett
Ein Stabtanz der jungen Männer, ein Gürteltanz, ein Stampftanz, ein Horntanz, eine rumänische Polka und ein Schnelltanz zogen in rasanter Folge über die Bühne und die Zuhörer in ihren Bann. Musik mit elementarer Kraft: Mal rhythmisch recht grob gestrickt und so mitreißend, dass sie in die Beine geht, dann mit herzerweichend schluchzenden Geigenmelodien, die den Klangraum im Kreuzgang wie emotionale Blitze durchzucken.
Ein Konzert mit prallem Wohlklang und voller Lebensfreude – und eine Europareise vom höfischen Parkett in Norwegen bis zum Tanz in der rumänischen Dorfschenke. Tänzerisch verabschiedete sich die Kammerphilharmonie denn auch nach begeistertem Applaus und einem kleinen Blitzlichtgewitter mit einer effektvollen Zugabe: Luigi Boccherinis berühmtem Menuett.