Kultur: Sonderführung in den Dachstuhl der Klosterkirche Alpirsbach / Mittelalterliche Zimmermannskunst noch erhalten

"Den Mönchen auf’s Dach" stiegen 15 Besucher kürzlich im Kloster Alpirsbach. Die Staatlichen Schlösser und Gärten Baden-Württemberg hatten zu einer Sonderführung in den sonst verschlossenen Dachstuhl der Klosterkirche eingeladen.

Alpirsbach. Angeführt von Bauingenieur Berthold Kaupp ging es in den sonst nicht zugänglichen Dachstuhl der Klosterkirche und damit in ein Meisterwerk der mittelalterlichen Zimmermannskunst. Wie Kaupp ausführte, war das Alpirsbacher Kloster zu Beginn des 15. Jahrhunderts in einem desolaten Zustand, erst durch das Konstanzer Konzil wurden in Alpirsbach weitreichende Umbaumaßnahmen in Angriff genommen. Unter anderem wurde dabei das ehemalige Dormitorium, ein "Massen-Schlafsaal", in die heute noch vorhandenen einzelnen Mönchszellen umgewandelt. "Das muss im und rund um das Kloster eine einzige Baustelle gewesen sein", kommentierte Kaupp diese Zeitspanne.

Welche fantastische Arbeitsleistung dabei die Handwerker des Mittelalters erbracht hatten, zeigte sich beim anschließenden Rundgang durch das Kloster und die verschiedenen Klosterdächer. Wurde doch dieses monumentale Bauwerk mit Handwerkstechniken errichtet, die auch heute noch aktuell sind und teilweise noch angewandt werden sowie mit einfachsten Werkzeugen. Interessierte konnten beim Rundgang wichtige statische Konstruktionsprinzipien wie "liegende Dachstühle" entdecken, ein Konstruktionsprinzip, bei dem die auftretenden Lasten nach außen hin ohne Stützen abgetragen werden. Und das, wie ein fachkundiger Besucher ergänzte, werde auch heute noch im Stahlbau angewandt.

Was die in Alpirsbach verwendeten Hölzer anbelangt, konnte Kaupp mit exakten dendrochronologischen Bestimmungen, also mit Altersbestimmung anhand der Jahresringe, aufwarten. Diese hatten ergeben, dass die ältesten Stämme des Tanne-Fichte Gebälks im Jahr 1480 gefällt wurden. Datiert ist, dass 1485 mit dem Umbau des Dachstuhls angefangen wurde. Gebaut haben allerdings nicht die Mönche selbst, vielmehr eigens angestellte Handwerker. Angesichts des in dieser Zeit gebauten Dachstuhls kam Museumsführer Kaupp geradezu ins Schwärmen ob der gut erhaltenen Zugbalken, Schrägstützen und vor allem der eindrucksvollen Bund-Marken. So werden die Balken genannt, in die die Zimmerleute damals Ziffern zur Nummerierung der Balken geschnitzt haben, damit beim Bau alle Balken ihren richtigen Platz finden.

Dachstuhl stammt aus dem 18. Jahrhundert

Ein unverhofftes zusätzliches schönes Erlebnis kam für die Gruppe bei der Führung hinzu: Je nach Standort ertönten bei den fachkundigen Erklärungen immer mal wieder wunderbare Orgelklänge, mal Bach, mal Telemann. Im Unterschied zu den kunstvollen Konstruktionen aus dem 15. Jahrhundert war die Konstruktion und Ausführung der im 18. Jahrhundert gebauten Dachstühle recht einfach. Eindrucksvoll hierbei war allenfalls die Tatsache, dass hierfür teilweise alte Balken wieder mit eingebaut worden waren.

Die Besichtigung ging weiter vom Dachraum über der östlichen Klausur bis zum Dachgebälk der Südklausur. "Drunter ist heute die katholische Kirche", präzisierte Kaupp. Eindrücklich waren bei der gesamten Besichtigung neben den Dimensionen auch die wenigen noch vorhandenen Arbeitsgeräte. So konnte man bei der großen Winde mit Umlenkrolle noch erahnen, welch schwere Lasten die vier oder acht Personen auf das Dach hochziehen mussten. Eindrücklich auch die abschließende gemeinsame Besteigung des hohen Kirchturms.