Sportdirektorin Kim Renkema, Geschäftsführer Aurel Irion und die Meisterschale: Allianz MTV Stuttgart bleibt die Nummer eins. Foto: Baumann

Nicht nur sportlich läuft es bei den Stuttgarter Volleyballerinnen bestens: Die Nummer eins der Bundesliga hat so viel Geld eingenommen wie nie zuvor – was dem Verein neuen Spielraum verschafft.

Die sportlichen Kennzahlen von Allianz MTV Stuttgart sind beeindruckend. Achtmal in Folge standen die Volleyballerinnen in der Play-off-Finalserie, drei der letzten vier Titel gingen an den Club, der in Deutschland seit Jahren die Nummer eins ist. Das Ergebnis zeigt sich nun nicht nur in der Vitrine, sondern auch auf dem Konto: Der Meister von 2019, 2022 und 2023 vermeldet einen Rekordumsatz. „Es war sportlich eine sehr gute Saison“, sagt Geschäftsführer Aurel Irion, „und wirtschaftlich auch.“ Weil viele Faktoren zusammenkamen.

 

Im November organisierte und vermarktete Allianz MTV Stuttgart den Supercup, in die ausverkaufte Porsche-Arena strömten 6145 Fans – diese Veranstaltung sorgte für ein einmaliges Umsatzplus. Dazu kam ein höherer Zuschauerschnitt als erwartet, auch bedingt durch nicht vorab einkalkulierte Heimspiele in der Play-off-Finalserie, im Pokal sowie im Viertelfinale der Champions League. Außerdem hat der Verein seine Sponsoringeinnahmen weiter gesteigert, innerhalb der vergangenen fünf Jahren wurden die Erlöse in diesem Bereich verdoppelt. Genaue Zahlen nennt Aurel Irion zwar nicht, der Umsatz dürfte im laufenden Geschäftsjahr, das am 30. Juni endet, aber bei rund 2,5 Millionen Euro und damit so hoch wie nie zuvor liegen. Was Spielräume verschafft.

Die Altlasten werden bald abgetragen sein

Es gab Zeiten, da wurde im Stuttgarter Volleyball mehr Geld ausgegeben als eingenommen. Vor allem die ersten Auftritte auf europäischer Bühne schlugen negativ zu Buche. Zu den hohen Kosten für Organisation und TV-Bilder kamen in der Champions League 2015/16 enorm teure Reisen – die Auslosung sorgte für Auswärtsspiele in Baku/Aserbaidschan (2x) und Kasan/Russland, anschließend ging es im CEV-Cup weiter und nach Krasnodar/Russland. Am Ende des Geschäftsjahres 2016 hatte die Stuttgarter Spielbetriebs GmbH Schulden in Höhe von rund 680 000 Euro. Das war ein Problem, aber nie existenzgefährdend. Denn die Kreditgeber kamen alle aus dem Umfeld, vor allem Rainer Scharr, Hauptsponsor und einer der vier Gesellschafter, stopfte öfter Löcher.

Das ist schon lange nicht mehr nötig. Im Gegenteil. Laut Aurel Irion wird Allianz MTV Stuttgart vermutlich bereits in diesem Sommer, spätestens aber in einem Jahr schuldenfrei sein. „Ohne unsere sportlichen Leistungen wäre dieser wirtschaftliche Erfolg nicht möglich gewesen“, erklärt der Geschäftsführer, „wir haben auf beiden Seiten sehr gut gearbeitet – eine solche Bilanz ist kein Selbstläufer. Deshalb gibt es natürlich auch keine Garantie, dass es so gut weiterläuft.“ Aber auch keinen Grund zu übertriebenem Pessimismus.

Kaum noch Platz für neue Partner

Das Image der Volleyballerinnen, deren selbst gewähltes Motto „Stuttgarts schönster Sport“ lautet, ist rundum positiv. Die Ticketnachfrage wird hoch bleiben, viele Sponsoren halten dem Club schon seit Jahren die Treue. Mittlerweile ist deren Zahl so groß, dass es für neue Unternehmen kaum noch Präsentationsmöglichkeiten gibt. „Es wird hauptsächlich darum gehen, mit unseren etablierten Partnern die nächsten Schritte zu gehen“, sagt Aurel Irion. Stillstand kann schließlich kein Ziel sein: „Wir werden weiter sehr vorsichtig und klug wirtschaften. Trotzdem müssen wir daran arbeiten, den Etat nach und nach zu steigern.“ Mit einem schönen Gruß in den hohen Norden – zum SSC Schwerin.

Der größte Konkurrent hat im Februar nicht nur den Pokal geholt, sondern durch die Erweiterung seiner Arena neue Vermarktungsmöglichkeiten hinzugewonnen. Der Etat wird nach Angaben von Geschäftsführer Christian Hüneburg am Ende des Geschäftsjahres 2022/23 bei „mindestens drei Millionen Euro liegen“. Mit gleich zehn Spielerinnen wurden die Verträge verlängert, Trainer Felix Koslowski kann folglich auf ein bewährtes Team bauen. „Der SSC Schwerin kommt sehr gut voran“, sagt Aurel Irion, „um vorne zu bleiben, müssen auch wir uns weiterentwickeln.“ Sportlich. Wirtschaftlich. Und organisatorisch.

Personell ist die Geschäftsstelle von Allianz MTV Stuttgart mit drei hauptamtlichen und mehreren Teilzeitkräften mittlerweile gut besetzt. Möglichkeiten, sich zu verbessern, gibt es dennoch – zum Beispiel in der Öffentlichkeitsarbeit. „Wir müssen überlegen, ob und wie wir in diesen Bereich investieren können“, sagt Irion, „zumal auch die Liga hier ein bisschen mehr von uns fordern wird.“ Was nur zeigt: Die Arbeit geht nie aus. Auch nicht nach einer Meister-Leistung.