Weihnachten steht für Tradition. Auch im Schwarzwald haben sich - teils über Jahrhunderte, teils erst in den letzten Jahren - liebgewordene Bräuche etabliert. Eine Auswahl.
In vielen Familien wird das Fest der Liebe seit Jahrezehnten auf die gleiche Weise gefeiert. Alle Jahre wieder versammeln sich die Lieben um den Weihnachtsbaum, auf dem Tisch steht immer dasselbe Essen.
Auch im Schwarzwald hat sich die ein oder andere Tradition entwickelt. Wir haben uns umgehört und eine Auswahl zusammengetragen.
Kuhreihen in Villingen
Der Kuhreihen in der historischen Villinger Innenstadt ist für die Menschen dort fester Bestandteil des Heiligabends: Bis zu 1000 Menschen verfolgen zu später Stunde das Treiben. Der Brauch geht auf eine Viehseuche im 18. Jahrhundert zurück. Indem man das Vieh an den Stadtrand verlagerte, konnte ein Übergreifen der Seuche verhindert werden. Zum Dank versammeln sich die Villinger bis heute in der Heiligen Nacht nach der Christmette und beobachten, wie ein als Kuhhirte verkleideter Musiker auf einem Horn eine Melodie bläst.
2erlei Punk auf der Flöte in Villingen
Bleiben wir in Villingen: Dort steht seit 18. Jahren am 23. Dezember das "schlechteste Konzert des Jahres" an. Wer sich das antut? Sehr viele, denn es handelt sich hier um eine Benefizaktion zu Gunsten des Psychosozialen Zentrums für traumatisierte Flüchtlinge in Villingen und das Soziale Zentrum am Neckar in Schwenningen. Auf der Bühne steht die Formation "2erlei Punk", die mit ihren Blockflöten mit einem ganz speziellen (und nicht immer klangvollen) Sound aufwartet.
Lebendige Krippe in Rottweil
Das "Herrenkramersche Kripple" - die große Barockkrippe, die im Rottweiler Stadtmuseum beherbergt ist - öffnet nur zwischen Weihnachten und Maria Lichtmess ihre Pforten, und wird dann auch bespielt. Dies geht auf eine alte Tradition in Rottweil zurück, wonach man in den Weihnachtstagen von Haus zu Haus zog und sich dort die Hauskrippen anderer Familien anschaute. Die riesige Barockkrippe gehörte Franz Josef Kramer, der als Herrenkramer bekannt war. 1865 wurde sie "lebig gmacht" - das heißt, sogenannte Krippenbuben und -mädchen begannen sie zu bespielen. Der Brauch dauert bis heute an und auch heuer ist wieder die Weihnachtsgeschichte inklusive Engeln und Hirten am Stall von Bethlehem zu bestaunen.
Tausende Lahrer strömen in die Innenstadt
Für tausende Lahrer gehört der jährliche Treff beim Bistro "Wolkenkratzer" mindestens so sehr zu Heiligabend wie Weihnachtsgeschenke. Seit mehr als 20 Jahren tummeln sich dort Lahrer aller Altersklassen vom Vormittag bis in den späten Nachmittag. Nach zwei Jahren Corona-Pause kommt man am 24. Dezember endlich wieder zusammen. An Heiligabend wird von 10.30 bis 16.30 Uhr bewirtet, an Silvester übrigens von 11 Uhr bis 16 Uhr. Den Treff an Heiligabend nutzen viele Lahrer, die weggezogen sind und Weihnachten in der alten Heimat feiern, um Freunde, Bekannte, ehemalige Schulkameraden und Arbeitskollegen wieder zu sehen.
Wer in Bad Herrenalb das Christkind begleitet
An Heiligabend erscheint der "Pelzmärtl" mit Christkind und Schellengeläut, um das Brauchtum rund um die winterliche Schreckgestalt auf dem Rathausplatz von Bad Herrenalb zu zeigen. Gepflegt wird diese Tradition von der Gaistäler Jugend, die bis heute das "Gaistäler Geheimnis" bewahrt und niemandem verrät, wer alljährlich in die Kostüme von Christkind und Pelzmärte schlüpft. Eingenäht in das mit Schellen behängte Strohkostüm und in Begleitung einer verschleierten Christkindlesgestalt erscheint das "anonyme" Gaistäler Paar pünktlich um 16 Uhr auf dem Rathausplatz.
Feuer erhellen in Altensteig Berge und Täler
Hunderte Menschen ziehen am Heiligabend in Altensteig, Berneck, Altensteigdorf und Walddorf im Kreis Calw mit Fackeln durchs Tal und über die Berge. Die bange Frage: Wer hat das schönste Feuer? Das "Fackeln" in Altensteig geht auf die Sonnenverehrung der Kelten zurück. Es wurde erstmals im Jahr 1862 in der Nagolder Oberamtsbeschreibung erwähnt und versinnbildlicht die Geburt Christi. Es sind längst nicht mehr nur Einheimische, die am 24. Dezember auf die beiden Berge pilgern, um sich gegenseitig fröhliche Weihnachten zu wünschen. Dort treffen sich auch frühere Schulkameraden und weggezogene Bekannte und Freunde, die das Weihnachtsfest in der alten Heimat verbringen.