Alica Schmidt tritt am Sonntag beim Meeting in Pliezhausen an. Foto: IMAGO/Beautiful Sports/IMAGO/BEAUTIFUL SPORTS/R. Schmitt

Die 400-Meter-Läuferin Alica Schmidt (24) hat 3,7 Millionen Instagram-Follower und damit mehr als jede andere deutsche Sportlerin. Wie meistert sie den Spagat zwischen roter Tartanbahn und rotem Teppich? Und was denken ihre Konkurrentinnen über sie?

Sie ist ganz schön schnell – und ganz schön populär. Alica Schmidt ist ein Glamourgirl der Leichtathletik. Die 400-Meter-Läuferin vom SSC Berlin ist als deutsche Hallen-Vizemeisterin und Dritte im Freien des vergangenen Jahres sportlich in der nationalen Spitze etabliert (Bestzeit: 52,21 Sekunden), abseits der Laufbahn ist sie auf Instagram mit mittlerweile 3,7 Millionen Followern auf Weltklasseniveau unterwegs.

 

Mit Urlaubsfotos zog Alica Schmidt 2017 die Aufmerksamkeit erstmals auf sich. Ein US-Blog („Busted Coverage“) titulierte sie als „heißeste Athletin weltweit“ und trat eine Welle los. Die britische Boulevardzeitung „The Sun“, das Magazin „Maxim“ oder die „New York Post“ präsentierten die Deutsche exponiert. Auftritte in TV-Shows folgten. Die 24-Jährige modelt auf Laufstegen wie der Fashion Week in Mailand, trifft Weltstars wie Fußballer Neymar auf dem roten Teppich, ziert Magazincover wie die Mai-Ausgabe der „Women’s Health“ und ist Markenbotschafterin des Metzinger Modeunternehmens Hugo Boss mit eigener Kollektion – von Sportklamotten bis hin zur Lederjacke und Handtasche.

Bis 2017 folgten ihr 17 000 Menschen auf Instagram. Heute ist sie die einzige deutsche Sportlerin mit einer Gefolgschaft im Millionenbereich, weit vor Motorsportlerin Sophia Flörsch (704 000), Tennisspielerin Angelique Kerber (669 000), den Fußballerinnen Giulia Gwinn (517 000), Sara Däbritz (222 000) und Alexandra Popp (180 000) oder 100-Meter-Europameisterin Gina Lückenkemper (208 000). Mehr noch: Sie hat mehr Follower als der Rest der Top Ten zusammen.

Alica Schmidt hat sich zu einer globalen Marke entwickelt. 2022 wurde sie vom US-Magazin „Forbes“ auf die Liste der „30 unter 30“ des Sports gesetzt. Jedes Jahr werden damit Menschen unter 30 Jahren gewürdigt, die großen öffentlichen Einfluss und unternehmerischen Erfolg haben.

Wo auch immer sie hinkommt, richten sich die Blicke auf sie. Bei Olympia 2021 beispielsweise blieb sie ohne Einsatz, war aber trotzdem eines der Gesichter der Sommerspiele in Tokio, fast täglich wurde über sie berichtet. Neidverhalten stelle sie deswegen in ihrem sportlichen Umfeld aber nicht fest, sagt die Sportlerin. „In der Leichtathletik herrscht ein toller, kameradschaftlicher Spirit, da unterstützt man sich, wo es geht“, findet Alica Schmidt.

Sie erhält auch Zuspruch von der Weitspringerin Malaika Mihambo, der erfolgreichsten deutschen Leichtathletin der vergangenen Jahre, der auf Instagram 185 000 Menschen folgen. „Es ist doch gut, wenn die Leichtathletik so viel Aufmerksamkeit in den sozialen Medien erhält“, sagt die Olympiasiegerin und Weltmeisterin. Carolina Krafzik, die beim fünften Platz des deutschen Quartetts im Finale der Europameisterschaften in München im vergangenen Sommer über 4x400 Meter als Schlussläuferin den Staffelstab von Schmidt übernahm, bekräftigt dies. „Alicas Popularität kommt in der Leichtathletik uns allen zugute“, meint die vierfache deutsche Meisterin über 4x400 Meter Hürden aus Sindelfingen.

„Natürlich werde ich inzwischen auf der Straße erkannt“, sagt Alica Schmidt: „Ich möchte aber nicht auf die Zahl meiner Follower reduziert werden, sondern mit sportlichen Leistungen überzeugen.“ Angebote vom „Playboy“ habe sie abgelehnt. „Ich möchte nicht auf mein Aussehen reduziert werden“, betont die gebürtige Wormserin.

Ihre immer weiter steigende Popularität zahlt sich für die Athletin finanziell aus, weil sie zur sprintenden Influencerin geworden ist. Instagram ist längst nicht mehr nur eine Internet-Plattform, auf die schöne Bilder platziert werden, sondern eine Werbe-Plattform, auf der Produkte platziert werden. Alica Schmidt gibt dort nicht bloß Einblicke in ihr Leben auf und neben der Laufbahn, sondern vermarktet sich und ihre Sponsoren. Jeder Follower steigert ihren Marktwert. Und jeder Follower kann durchaus auch ein neuer Follower der Leichtathletik sein. „So eine Athletin zieht an“, sagt Chef-Bundestrainerin Annett Stein, die Schmidts professionelle Einstellung zu Training und Wettkampf lobt.

Wenn die 24-Jährige in technisch sauberem Laufstil aus der Kurve auf die Zielgerade kommt, zählt Schönheit nicht mehr. Kampf gegen das Laktat in den Muskeln ist angesagt. Wer danach mit ihr im Zielauslauf ins Gespräch kommt, erkennt schnell, dass sie trotz Internethype, Fotoshootings und Laufstegauftritten bescheiden geblieben ist.

Zu Beginn der WM-Saison mit dem Höhepunkt vom 19. bis 27. August in Budapest tritt Alica Schmidt am Sonntag (11 Uhr) beim internationalen Meeting „Krumme Strecken“ in Pliezhausen (Landkreis Reutlingen) an. Sie wird über 150 und 300 Meter sprinten. „Ich freue mich auf diesen Einstiegswettkampf“, sagt sie. „Das Meeting hier mit den ungewöhnlichen Strecken ist toll.“ Anders als im Vorjahr fällt das Duell mit Malaika Mihambo nach deren kurzfristiger Absage aus, was Alica Schmidt bedauert: „Schade, man läuft nicht alle Tage neben einer Olympiasiegerin.“

Nach der WM 2022 in Eugene und der EM 2022 in München („Es war ein bombastisches Gefühl, dort zu laufen“) ist ihr nächstes großes Ziel Olympia 2024 in Paris. Zunächst einmal heißt es für die Pendlerin zwischen Laufbahn und Laufsteg allerdings erst einmal Pliezhausen statt Paris.

Das Meeting „Krumme Strecken“ in Pliezhausen

Termin
Mehr als 600 Teilnehmer aus 24 Nationen starten am Sonntag (11 Uhr) beim Meeting „Krumme Strecken“ in Pliezhausen in die Saison mit den Weltmeisterschaften in Budapest (19. bis 27. August). Weitsprung-Olympiasiegerin Malaika Mihambo wollte dies auch tun, muss jedoch erkältet passen.

Starter
Zwölf deutsche Meister geben sich ein Stelldichein. Dazu zählen Joshua Abuaku(LG Eintracht Frankfurt), Constantin Preis und Carolina Krafzik (beide Sindelfingen), Christina Hering und Katharina Trost (beide München), Christoph Kessler (Karlsruhe) und Majtie Kolberg (Kreis Ahrweiler)