Alfred Marte (75) aus Kniebis ist Vertreter der DGHS im Kreis Freudenstadt. Foto: Ortmann

Der Tod ist für viele Menschen ein Tabuthema. Nicht für Alfred Marte. Als ehrenamtlicher Vertreter der Deutschen Gesellschaft für humanes Sterben (DGHS) setzt er sich für Selbstbestimmung am Lebensende ein.

Freudenstadt-Kniebis - "Ich will nicht mehr leben." Diesen Satz hat Alfred Marte aus Kniebis schon oft gehört. Der 75-Jährige hat ständig mit Menschen zu tun, die den Tod herbeisehnen. Er setzt sich für das "humane Sterben" ein.

Was Marte bewegt

Wie das Leben, soll auch der Tod selbstbestimmt ablaufen, meint Marte. "Wenn ein Mensch ein entsprechendes Alter erreicht hat und krank ist, warum sollte er nicht selbst über sein Ableben entscheiden dürfen?", sagt er.

Offen spricht Marte über seine Begegnungen mit sterbenskranken und leiderfüllten Menschen, den Tod, auch seinen eigenen. Obwohl der 75-Jährige bei seiner ehrenamtlichen Tätigkeit ständig mit derartigen Schicksalen zu tun hat, wirkt er gefasst. "Ich habe ein gutes Gefühl bei dem, was ich tue", sagt er. "Es gibt mir Genugtuung."

Doch was bewegt den Mann für den humanen Tod? "Es wird zu wenig darüber geredet", sagt Marte. Damit meint er nicht nur den Tod als solches, sondern auch die Menschen, die ihn sich wünschen, weil sie in Würde sterben und nicht mehr leiden möchten.

Wofür Marte zuständig ist – und wofür nicht

Zwischen 50 und 80 Jahre alt sind die Menschen, die auf Marte zukommen, um Mitglied bei der DGHS zu werden. "Ich berate die Leute, erkläre ihnen die Patientenverfügung, und helfe ihnen, diese auszufüllen", erklärt er. Die Patientenverfügung ist für Marte das höchste Gut, wenn es um das Sterben in Würde geht. Darin kann jeder den Verzicht auf lebensverlängernde Maßnahmen bekunden.

In bestimmten Fällen kommt für die Mitglieder auch eine ärztliche Freitodbegleitung in Frage. Der Sterbewillige muss hierfür einsichtsfähig sein, sich ernsthaft und dauerhaft zum Freitod entschlossen haben – und diesen dann auch eigenhändig ausführen, indem er die Schleuse für das entsprechende Medikament selbst öffnet. Die DGHS vollzieht die Freitodbegleitung allerdings nicht selbst, sondern vermittelt hierbei an Ärzte und Juristen. "Ich bin kein Sterbehelfer", stellt Marte klar.

Warum der 26. Februar für Marte ein besonderer Tag ist

Möglich ist die Freitodbegleitung seit dem 26. Februar 2020. An diesem Tag hat das Bundesverfassungsgericht entschieden, die geschäftsmäßige Förderung der Selbsttötung nicht mehr unter Strafe zu stellen. Für Marte ist es ein besonderes Datum, ohnehin für die rund 23.000 Mitglieder der DGHS ein großer Erfolg, ein weiterer Schritt in Richtung Selbstbestimmung. "Ich bin stolz", sagt Marte. Dennoch wird er sich auch weiterhin für mehr Freiheit am Lebensende einsetzen.

Ob er selbst Angst vor dem Tod hat? Marte lacht. "Ich wäre nicht der richtige Vertreter, wenn ich sage, ich habe Angst vor dem Tod", scherzt er. Trotzdem will er die Frage nicht pauschal beantworten. Was er dann sagt, überrascht nicht: "Ich will selbst darüber entscheiden."