Nokia will mit Alcatel-Lucent fusionieren. Foto: EPA FILE

Die scharfe Konkurrenz aus China lässt zwei europäische Netzwerk-Ausstatter zusammenrücken. Nokia und Alcatel-Lucent wollen fusionieren, dabei hat der finnische Konzern die Führungsrolle.

Espoo - Ein Jahr nach dem Verkauf seiner Handy-Sparte will Nokia zum weltgrößten Ausrüster von Telekom-Netzen aufsteigen. Der finnische Konzern setzt zur Übernahme des Konkurrenten Alcatel-Lucent an. Nokia bietet dafür in einem 15,6 Milliarden Euro schweren Deal eigene Aktien an. Den digitalen Kartendienst Here, der ein Standbein in Berlin hat, könnte Nokia dabei verkaufen.

Der neue europäische Netzwerk-Riese könnte den aktuellen Marktführer Ericsson aus Schweden überholen. Die gemeinsame Firma soll Nokia Corporation heißen. Hauptsitz werde Finnland sein, mit einer „starken Präsenz“ in Frankreich, teilte Nokia am Mittwoch mit. Die beiden kleineren europäischen Netzwerk-Ausrüster müssen sich gegen die scharfe Konkurrenz aggressiver Rivalen aus China wappnen, stehen aber auch mit dem US-Branchenriesen Cisco im Wettbewerb.

Nokia bietet 0,55 neue Aktien für einen Anteilsschein von Alcatel-Lucent. Der Deal solle im ersten Halbjahr 2016 abgeschlossen werden. Nokia-Chef Rajeev Suri solle auch das neue Unternehmen führen. Die heutigen Nokia-Anteilseigner sollen zwei Drittel halten, die Aktionäre von Alcatel-Lucent den Rest. EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager sagte, der Deal sei noch zu frisch, um sich dazu zu äußern.

Investoren zeigen sich enttäuscht

Alcatel-Lucent werde in dem Deal mit insgesamt 15,6 Milliarden Euro bewertet, hieß es. Für die Aktionäre bedeute das einen Aufschlag von 28 Prozent auf den durchschnittlichen Preis der vergangenen drei Monate. Die Investoren, die am Vortag die Aktien von Alcatel-Lucent um nahezu 16 Prozent hochtrieben, zeigten sich enttäuscht. Der Kurs fiel um knapp elf Prozent.

Netzwerk-Ausrüster liefern Technik für Telekom-Konzerne. Dabei stehen etablierte westliche Anbieter unter verstärktem Druck aggressiver Rivalen aus China. Gemeinsam könnten Nokia und Alcatel-Lucent besser mit ihnen konkurrieren. Bis 2019 sollen jährliche Einsparungen von 900 Millionen Euro bei den Betriebskosten erzielt werden.

Nokia ist nach dem Verkauf seiner einst weltgrößten Handy-Sparte an Microsoft hauptsächlich ein Netzwerk-Ausrüster. Der Konzern bestätigte am Mittwoch auch, dass alle Optionen für seinen digitalen Kartendienst Here geprüft werden. Nach Informationen des Finanzdienstes Bloomberg gab es bereits Verkaufsgespräche mit dem umstrittenen Fahrdienst-Vermittler Uber sowie Interesse einer Gruppe deutscher Autohersteller. Here wurde zuletzt mit rund zwei Milliarden Euro bewertet.

Ericsson hielt sich im vergangenen Jahr an der Spitze

Nokia hatte Ende vergangenen Jahres 54 600 Mitarbeiter im Netzwerk-Bereich und Alcatel-Lucent insgesamt gut 50 000. Der Nokia-Konzern erwirtschaftete einen Umsatz von 12,7 Milliarden Euro. Der Löwenanteil kommt aus dem Netzwerk-Geschäft. Alcatel-Lucent hat mit 13,2 Milliarden Euro Erlöse in ähnlicher Größenordnung. Der Konzern entstand aus einem Zusammenschluss zwischen Alcatel aus Frankreich und Lucent aus den USA. Nokia betrieb in der Netzwerk-Technik früher ein Gemeinschafsunternehmen mit Siemens, übernahm 2013 jedoch den 50-Prozent-Anteil der Deutschen.

Ericsson hielt sich im vergangenen Jahr an der Spitze der Branche mit einem Umsatz von 25,1 Milliarden Euro. Die Schweden liefern sich aber schon seit Jahren ein Kopf-an-Kopf-Rennen mit Huawei aus China.

Das Wohlwollen der französischen Regierung, die die Telekom-Industrie zu einer strategischen Branche von nationalem Interesse erklärt hat, galt als wichtige Voraussetzung für einen Erfolg des Deals. Präsident François Hollande hatte sich am Dienstag kurzfristig mit Suri und Alcatel-Lucent-Chef Michel Combes getroffen.

Ein Experte der Analysefirma Ovum, Mark Newman, sagte, Nokia und Alcatel-Lucent ergänzten sich gut. Die Finnen seien stark bei Mobil-Netzen und die Firma aus Paris im Festnetz-Geschäft. Aber es sei eine große Herausforderung, Produktpaletten und Kunden zusammenzuführen. Bei den lukrativen Verträgen für den Aufbau der Netze des aktuell schnellsten LTE-Datenfunks hätten Nokia und Alcatel-Lucent zusammen 26 Prozent. Huawei habe 36 Prozent und Ericsson ein Drittel.