Haft ohne Bewährung: Das Amtsgericht Hechingen hat entschieden. Foto: Archiv

Zu zwei Jahren und zwei Monaten Haft hat ein Hechinger Schöffengericht einen 36-jährigen Albstädter wegen gefährlicher Körperverletzung und räuberischer Erpressung verurteilt.

Albstadt-Ebingen - Da der Angeklagte geständig war, ließen sich die Tatbestände einigermaßen umstandslos klären, wobei einige Details offen blieben – die meisten der geladenen Zeugen hatten es vorgezogen, der Verhandlung in Hechingen unentschuldigt fernzubleiben. Dem Angeklagten wurde erstens vorgeworfen, im Oktober 2021 bei einer tätlichen Auseinandersetzung auf dem Ebinger Bürgerturmplatz einem anderen Mann von hinten in den Rücken gesprungen zu sein, wodurch sich das Opfer Verletzungen am Rücken und im Gesicht, auf das es fiel, zuzog.

Einige Wochen später, im Januar 2022, soll der Angeklagte nachts in der Ebinger Marktstraße versucht haben, einem Unbekannten Marihuana zu verkaufen, und ihn, als sich herausstellte, dass der Mann nicht genug Geld dabei hatte, genötigt haben, am Bankautomaten welches abzuheben – auch dabei wurde er handgreiflich.

Leibesvisitation radikal

Die dritte Tat, für die er sich zu verantworten hatte, beging der Angeklagte wenige Tage später in der Wohnung einer Bekannten: Weil er Geld vermisste und annahm, er sei bestohlen worden, versuchte er, einen weiteren Gast zur radikalen Leibesvisitation – Ausziehen! – zu zwingen, und schlug ihm dabei mit der flachen Hand ins Gesicht. Einem dritten Mann versetzte er Fausthiebe gegen die Schulter, von der alle in der Runde wussten, dass sie lädiert war. Das vierte und letzte Delikt der Anklageschrift ließ de Mann sich zuschulden kommen, als er bereits inhaftiert war: Vom Fenster der Vollzugsanstalt aus bedachte er Polizisten im Hof mit beleidigenden Ausdrücken.

Im ersten Anklagepunkt blieb am Ende offen, ob der Angeklagte allein gehandelt hatte – eine Zeuge wollte beobachtet haben, dass noch ein zweiter Mann auf das Opfer eingetreten haben. Der Tätlichkeit war ein Streit vorausgegangen, den der Angeklagte vom Zaun gebrochen hatte; der spätere Geschädigte versuchte zu schlichten, ergriff dabei allerdings Partei, indem er dem Angeklagten zwei Stöße Reizgas verpasste. Danach wandte er sich ab; der Tritt ins Kreuz, der ihn zu Fall brachte, folgte auf dem Fuß.

Der PIN war falsch

Im Falle des zweiten Delikts blieb unklar, ob der Angeklagte sein Opfer bereits mit Schlägen in die Bankfiliale genötigt hatte oder erst dort gewalttätig geworden war. Spätestens dort hatte sich der Geschädigte – der dank der Eingabe einer falschen PIN "nur" um 20 Euro Bargeld erleichtert wurde – gewehrt, denn auch der Aggressor trug eine Blessur an der Lippe davon. Indes scheint der Mann nicht wirklich eine Chance gehabt zu haben; er war offensichtlich stark angetrunken. Der Angeklagte selbst war auch nicht nüchtern, dadurch aber offensichtlich weniger beeinträchtigt – Drogen- und Alkoholkonsum waren ihm zur ständigen Gewohnheit geworden.

Grundkonstante Drogenkonsum

Überhaupt sind die Drogen eine Grundkonstante seiner kriminellen Laufbahn. Während des Wartens auf säumige Zeugen wurde sein Strafregisterauszug verlesen, der mit Fällen der vorsätzlichen Körperverletzung und Drogenmissbrauch gespickt war – auch als er die fraglichen Taten beging, stand er unter Bewährung. Offenbar tangierte ihn das aber nicht weiter: Wie er vor Gericht angab, war er im Herbst 2021 in einem desolaten Zustand und fast permanent berauscht – seine Lebensgefährtin, die Mutter seines kleinen Sohnes, hatte sich von ihm getrennt; mit dem Verlust seiner Familie, erklärte er, sei er nicht klargekommen.

Mittlerweile hat er aus dieser Misere Konsequenzen gezogen und sich erstmals in seinem Leben selbstständig einen Drogentherapieplatz gesucht. Im Herbst soll es so weit sein; der Angeklagte war deshalb gar nicht einverstanden damit, dass die Staatsanwältin eine Klinikunterbringung im Rahmen einer Haftstrafe anstrebte – da die Einrichtungen überlastet und die Plätze rar sind, hätte sich die Therapie verzögert, und zwar über das Ende der regulären Haftzeit hinaus. Das Gericht tat ihm den Gefallen; es folgte zwar dem Strafantrag der Staatsanwältin, verfügte aber keine Unterbringung. Das eröffnet dem Angeklagten die Möglichkeit, die Haft zu unterbrechen und im Herbst die Therapie eigener Wahl anzutreten.