Das zweite Hauser-Reisen-Team in Oradea nach dem Ausladen Foto: Filip

Der aus Albstadt stammende Michael Maier koordiniert an der rumänisch-ukrainischen Grenze die Flüchtlingshilfe – für ihn selbstverständlich. Bis in die Ukraine fährt er Hilfsgüter.

Albstadt/Rosenfeld - Es sind die kleinen Dinge, die Michael Maier Kraft geben. "Einige der Flüchtlinge schicken mir ein Bild und teilen mit, dass sie gut in Deutschland angekommen sind." Woanders applaudiert die rumänische Bevölkerung und dankt für den Einsatz des freiwilligen Helfers aus Deutschland. Dies seien die Momente, die "richtig ans Herz gehen", erzählt der 32-Jährige.

Tagelang war nicht an Schlaf zu denken

Nur wenige Tage nach Kriegsausbruch in der Ukraine hat sich der aus Albstadt (Zollernalbkreis) stammende Helfer mit seinem Auto auf den Weg nach Osteuropa gemacht, um an der rumänisch-ukrainischen Grenze bei der Aufnahme und Koordinierung der Flüchtlingsbewegung zu helfen. Nach etwa vier Wochen war der Familienvater für ein paar Tage wieder in der Heimat – um Kraft zu tanken. In einem Videoanruf berichtet Maier von der teils strapaziösen Zeit im rumänischen Grenzgebiet zur Ukraine: "Teils war tagelang nicht an Schlaf oder Essen zu denken, Krämpfe und Erschöpfung haben körperlich schon extrem an einem gezehrt", erzählt er.

Hauser Reisen aus Rottweil fährt zweimal nach Rumänien

Dazu kommt der psychische Stress. Es ist kaum Zeit zum Durchatmen. Ständig klingelt eines der drei Handys, die Maier bei sich trägt. Ständig kommen Anfragen. Ständig muss er etwas organisieren. Und das alles mit Sprachbarrieren. Aber das große Engagement hat sich bislang ausgezahlt. So hat Maier mittlerweile ein großes Netzwerk aus verschiedenen Helfergruppen aufgebaut, die er in den kommenden Wochen dann noch besser koordinieren möchte.

Bereits eine Woche nach dem Einfall Russlands in die Ukraine hat ein Bus des Rottweiler Reiseunternehmens Hauser Hilfsgüter in die rumänische Grenzstadt Sighetu Marmatiei gebracht – und mehr als 40 ukrainische Flüchtlinge zurück nach Deutschland. Mittendrin Michael Maier. In der Folge konnte der 32-Jährige noch Wöhr Tours aus Karlsruhe für sich gewinnen, die ebenfalls Menschen von Rumänien nach Deutschland fuhren. Mit weiteren Busunternehmen laufen Gespräche.

Mittlerweile genießt der 32-Jährige das Vertrauen der Sicherheitsleute

Dabei sah es zwischenzeitlich fast danach aus, dass Maiers Hilfsmission ein vorzeitiges und unrühmliches Ende ereilen würde. Das Misstrauen der Behörden vor Ort ist sehr hoch, da viele Menschen die Notsituation der Flüchtlinge ausnutzen wollen. Somit ist es schwierig für Privathelfer zu handeln, wenn keine Organisation hinter einem steht und man auf eigene Faust agiert. "Ich weiß nicht wie oft die Behörden vor Ort mein Register in Deutschland abgefragt haben, um meinen Hintergrund zu checken", meint Maier am Telefon.

Mittlerweile genießt der 32-Jährige das Vertrauen der Sicherheitsleute, und hat dazu eine Hilfsorganisation gefunden, die seine Absichten unterstützt. Orfanis heißt der Verein aus Rosenfeld (Zollernalbkreis), der sich schon seit Jahren um Waisenkinder in Ungarn und Rumänien kümmert "und sich nun freut, Michael bei der Unterbringung und Verteilung der vielen Ukraine-Flüchtlingen helfen zu können", sagt Orfanis-Vorsitzender Wolfgang Fuoss.

Der Verein Orfanis sammelt über ein Spendenkonto Gelder

Kontakt hält der Verein mit drei Nonnen aus Oradea an der rumänisch-ungarischen Grenze. Dort in der Nähe befindet sich eine Schule, die von Orfanis unterstützt wird, und deren Turnhalle kurzerhand zu einem Durchgangslager für die ankommenden Flüchtlinge umfunktioniert wurde. "Knapp 40 Matratzen und Verpflegung für die Menschen haben wir dort organisiert", berichtet Fuoss.

Neben der Hilfe vor Ort sammelt der Verein über ein Spendenkonto Gelder (Link zu weiteren Spendeninfos), die in die Flüchtlingshilfe fließen. Und dieses Geld ist bitternötig. "Hauptsächlich nutzen wir die Spenden, um den Sprit für die vielen Fahrten zu finanzieren", sagt Fuoss. Und von denen gibt es einige. Mit einem Fahrzeug voller medizinischer Güter – 30.000 Schmerztabletten, Infusionen und zahlreiche Verbandskästen – hat sich Maier etwa einem Konvoi in die Ukraine angeschlossen und dringend benötigte Medikamente in eine Klinik 20 Kilometer landeinwärts gebracht.

Freude beim Klinikpersonal über Spenden ist riesig

Ob er Angst hatte? "Nein, ich war mit anderen unterwegs, die sich auskannten und die Gegend ist bislang von russischen Angriffen verschont geblieben", sagt Maier. Die Folgen des Krieges werden in der Klinik dennoch sichtbar. "Viele der Flüchtlinge litten unter Verletzungen an den Füßen, da sie unfassbar große Strecken zu Fuß zurückgelegt haben." Dazu habe er einige Soldaten mit Kriegsverletzungen gesehen. Umso größer, berichtet Maier, sei die Freude und Erleichterung bei der Klinikrektorin gewesen über die Hilfslieferungen.

Die Menschen vor Ort sind froh über Helfer wie Michael Maier

Die Menschen vor Ort sind froh über Helfer wie Michael Maier. Auf die Frage, warum er sich in dieser Form engagiert und sich einem solchen Stress aussetzt, erklärt er: "Da habe ich nicht groß nachdenken müssen. Ich habe mich in die Lage der Menschen versetzt, wie es wäre, wenn wir in einer solchen Notlage wären." Nun ist klar, dass es nicht jeder dem Albstädter gleichtun und Hilfe in diesem Umfang bieten kann. Dennoch ist es möglich, von der sicheren Heimat aus mit Sach- und Geldspenden einen Beitrag zu leisten. Bei Sachspenden macht Maier deutlich: "Was wir zu Genüge haben sind Klamotten und Lebensmittel. Was aktuell zählt sind jede Art von medizinischen Gütern. Und wenn es ein einfacher Verbandskasten ist."