Gut für Albstadt oder nicht? Die Meinungen über die geplante Ansiedlung von "XXXL Lutz" im Gewerbegebiet Hirnau sind gespalten. Foto: Eich

Berichte über Personal- und Finanzpraktiken schrecken manche Albstädter auf.

Albstadt-Lautlingen - Hinter den Kulissen formiert sich bereits der Widerstand: Seit bekannt geworden ist, dass der Möbelkonzern "XXXL Lutz" sich im geplanten Gewerbegebiet Hirnau ansiedeln will, kommt Kritik von allen Seiten.

Den einen geht es um den zu erwartenden Verkehr – etwas, von dem Lautlingen mehr als genug hat. Andere wollen keinen Platz im geplanten Gewerbegebiet Hirnau verkaufen, um etwas zu bekommen, was Albstadt nicht brauche. Wieder andere verweisen auf die Konzernpolitik in Sachen Arbeitsplätze und Steuern. Fazit: Die Nachricht, dass der Möbelkonzern "XXXL Lutz" nach Albstadt drängt, löst bei vielen keine Freude aus.

Was ein derart großes Möbelhaus für das Familienunternehmen "Möbel Rogg", das dieser Tage 80 Jahre alt wird und zu den größten Gewerbesteuerzahlern im nur zehn Kilometer von Lautlingen entfernten Balingen gehört, bedeuten würde: Das mag in Albstadt noch die geringste Sorge sein. Vor allem die Lautlinger blicken mit Sorge auf das zu erwartende Verkehrsaufkommen, sollte "XXXL Lutz" sich ansiedeln.

Einige Gemeinderäte treibt dem Vernehmen nach die Sorge um, dass die Stadt ein großes Sahnestück des Gewerbegebiets Hirnau verkaufen könnte, ohne im Gegenzug mit entsprechenden Gewerbesteuereinnahmen rechnen zu können. Erst im Mai 2018 hatte das ARD-Wirtschaftsmagazin "plusminus" den österreichischen Möbelkonzern, der seine deutsche Zentrale in Würzburg hat, kritisch beleuchtet. Demnach sind in Würzburg 160 Gesellschaften mit der Adresse des XXXL-Firmensitzes gemeldet, für die alle eine Person mit ihrem Privatvermögen haftet. Laut Gesellschaftsrechtler Thomas Casper von der Universität Münster müsse ein Unternehmen seine Zahlen über Gewinn, Verlust und Schulden nicht veröffentlichen, sobald eine natürliche Person für eine GmbH & Co. KG als so genannter Komplementär hafte, berichtet "plusminus".

Hinter der Praxis von "XXXL Lutz", Personal in andere Firmen auszulagern und mit diesen Verträge zu schließen – sie regelten, dass "XXXL Lutz" den Firmen lediglich die Kosten erstatte und ein Prozent als Gewinn obendrauf lege –, vermute Arbeitsrechtler Peter Schüren von der Uni Münster illegale Leiharbeit. "Arbeitnehmerüberlassung" sei in Deutschland jedoch nur in engen Grenzen erlaubt und ansonsten verboten. "plusminus" hat bei der Bundesagentur für Arbeit für mehr als 100 solcher Firmen überprüft, ob sie eine Erlaubnis zur Arbeitnehmerüberlassung haben. Fehlanzeige. "XXXL Lutz" wird in dem Beitrag freilich auch zitiert: Die Kostenerstattung mit einem Prozent oben drauf sei "eine durchaus auch in anderen Branchen weit verbreitete Handhabung, gegen die nichts einzuwenden ist".

"Frühkapitalistische Herrschaftsmanier"

Das Magazin "Stern", das im Februar 2016 ebenfalls über die Personalpolitik des Konzern berichtete, zitiert Katrin Altpeter, damals Arbeits- und Sozialministerin der SPD in Baden-Württemberg: Sie "kritisiert die ›frühkapitalistische Herrschaftsmanier‹ der Unternehmensführung. ›Ich hätte es nicht für möglich gehalten, dass ein Unternehmen im Jahre 2016 so mit seinen Mitarbeitern umspringt. Die Beschäftigten wie ausrangierte Möbelstücke auf die Straße zu werfen, ist zutiefst unmenschlich und verabscheuungswürdig‹".

Zu seinen Geschäftspraktiken, über die in zahlreichen anderen Medien – Süddeutsche Zeitung, Spiegel, im Internet-Portal "Work Watch"; die Liste ließe sich fortsetzen – ähnlich kritisch berichtet wurde, will sich "XXXL Lutz" auf Nachfrage des Schwarzwälder Boten ebensowenig äußern wie über die Höhe der Gewerbesteuern, die der Konzern den Kämmerern seiner Standorte überweist. "Wir bitten Sie weiterhin um Ihr Verständnis, dass wir uns grundsätzlich nicht zu Anfragen bezüglich Ansiedlungen äußern", lässt Sprecher Volker Michels aus Würzburg verlauten.