Zu Gast im Wohnzimmer von Klaus Backhaus: Kristin Höller las aus ihrem Roman "Schöner als überall". Foto: Bender Foto: Schwarzwälder Bote

Literaturtage: Klaus Backhaus lud zur Wohnzimmerlesung mit Kristin Höller

Albstadt-Ebingen. Wie kommt man dazu, sein privates Wohnzimmer für eine Autorenlesung und annähernd 30 fremde Menschen zu öffnen? "Wir hatten schon immer ein offenes Haus", antwortet Klaus Backhaus und kredenzt seinen Gästen Rotwein aus der Toskana. Mit launigen Worten heißt er seine Gäste willkommen – und stellt verblüfft fest, dass ihm die meisten gar nicht so fremd sind wie erwartet.

"So gemütlich war es noch nirgends", konstatiert die Hauptperson des Abends. Sie muss es wissen – schließlich kommt Kristin Höller, 23-jährige Literaturstudentin und Autorin, gerade erst von zwei Lesungen in Basel und legt auf dem Rückweg an ihren Studien- und Wohnort Leipzig einen Zwischenstopp in Albstadt ein. "Wahrscheinlich der schönste Ort bisher", ergänzt sie und spielt damit auf den Titel ihres Romans an: "Schöner als überall" heißt er und ist ihr Erstling. Zwei Jahre lang hat sie an ihm geschrieben, mit vielen Zwangsunterbrechungen – davor hat sie vor allem Kurzgeschichten verfasst, die, wie Autorin und Publikum übereinstimmend feststellen, längst nicht so leicht zu schreiben sind, wie man meinen könnte. Auch journalistische Texte hat sie in jungen Jahren schon verfasst – etwa über so profane Sujets wie Weinfeste in ihrer Heimatstadt Bonn.

Jetzt aber zum Roman. Der Erzähler ist ein junger Mann mit Namen Martin – eine spannende Aufgabe für eine Frau, sich in ihn hineinzudenken – , der mit seinem Freund Noah von München in Richtung Koblenz unterwegs ist: "600 Kilometer in einem gemieteten Transporter, ohne Pause, ohne Gepäck, dafür mit einem Bronzespeer." Wo kommt der her? Er ist die Beute eines "Diebstahls aus Versehen", gehört eigentlich der Athene auf dem Münchner Königsplatz und ist ihr im Lauf einer turbulenten Partynacht irgendwie abhanden gekommen.

In "Schöner als überall" geht es um das Erwachsenwerden, um Selbstfindung, Freundschaft und die Emanzipation von Eltern, Heimatort, kleinbürgerlichen Werten und kleinbürgerlichem Leben. Kristin Höller weiß ihre Zuhörer von der ersten Minute an zu fesseln – und erzählt danach bereitwillig aus dem literarischen Nähkästchen. Etwa von ihrer Lektorin, die erst, als das Buch schon für den Druck gesetzt war, bemerkte, dass die Romanfigur Martin sich in einer Szene im Garten duscht und danach mit seiner Mutter spricht, ohne sich vorher angezogen haben. Kristin Höller sorgte in letzter Minute dafür, dass er noch rasch in seine Boxershorts schlüpfen konnte.