Von Schubladen und Pyramiden hält er nichts, von Eigenverantwortung und konsensfähigem Handeln um so mehr: Andreas Steiner arbeitet beruflich daran, Potenziale zur Entfaltung zu bringen – und will das auch im Landtag tun.
Albstadt - Menschen sind für Andreas Steiner wie Kaleidoskope: Bunt, vielseitig, fähig, sich zu verändern – "und nicht mit ein paar Begriffen definierbar wie ein Kühlschrank".
Auch er selbst will nicht in eine Schublade gesteckt werden, zumal er in keine passt: Der gebürtige Ebinger, der in Laufen und Mannheim lebt, war Zivildienstleistender am Krankenhaus, Maschinenbediener, hat die Hochschule Albstadt-Sigmaringen als Diplom-Wirtschaftsinformatiker mit Auszeichnung abgeschlossen, "Business & Computer Science" an der Universität von Westminster/London studiert, für IBM, Gambro und Mettler-Toledo gearbeitet, sich an der Fachhochschule Nordwestschweiz, den Universitäten in Harvard und Michigan weitergebildet.
Heute ist Steiner selbstständiger Unternehmensberater und Gründer der Firma "Psychosophy Management Consulting Steiner", will helfen, "Organisationen zu schaffen, die evolutionär sind, lebendig, in denen der Mensch im Mittelpunkt steht". "Unleashing Potentials", Potenziale entfalten, steht nicht umsonst unter seinem Firmenlogo.
"Da hat nicht schon jeder sein Badetuch auf die Liege gelegt"
Dieses Ziel will der 38-Jährige, verlobt und bald Vater, auch politisch umsetzen und tritt am 14. März als Landtagskandidat im Wahlkreis Balingen für die junge Partei "WIR 2020" an, weil sie keine Organisation sei, in der jeder "sein Badetuch schon auf die Liege gelegt hat". Gruppenzwang ist ihm zuwider.
"Pyramidale Systeme" mit vielen unten, die Last tragen, und wenigen oben liegen ihm nicht, dafür holokratische Systeme, transparent, mit Beteiligung auf allen Ebenen, Netzwerken und vielschichtigem Denken. Große Macht ist für ihn große Verantwortung, der Mensch grundsätzlich fähig zur Kooperation und mündig zur Eigenverantwortung, etwa bei der Bekämpfung der Coronavirus-Pandemie.
Die "Kollateralschäden" durch Lockdown und "Eingriffe in die freiheitlich-demokratische Grundordnung" stehen für Steiner in keinem Verhältnis mehr zum Schutz vor dem Virus: "Wir machen mehr kaputt, zerstören Existenzen", sagt er: "Für mich habe ich die Schlussfolgerung gezogen, dass das nicht die richtigen Maßnahmen sind."
Lieber sähe Andreas Steiner eine Gesellschaft, in der Tugenden kultiviert, Beschlüsse begründet, Menschen aufgeklärt würden: "Zwang ist das falsche Mittel, Angst ein Treiber, und das ist ungesund", ist er überzeugt. "Skeptiker und Bremser muss man für eine Sache gewinnen, indem man sie wahrheitsgetreu informiert." Dann ginge es wie bei Sokrates, dem bewusst gewesen sei, dass er Menschen nicht lehren könne, wohl aber zum Nachdenken anregen.
Bildung und lebenslanges Lernen sind für ihn "ein Riesenthema", um Stärken zu aktivieren. "Ich glaube, dass man von jedem und aus jeder Situation etwas lernen kann", sagt Steiner und zitiert Albert Einstein: Jeder könne wissen, aber man müsse verstehen. Was eine "ehrliche Auseinandersetzung mit sich selbst" voraussetze, und da wird er direkt: "Wir müssen den Hochmut ablegen, die tollste Spezies zu sein. Kein Ameisenvolk würde sich selbst so auf die Mütze geben."
Die Idee der "Konkordanzdemokratie" hat der Albstädter in der Schweiz kennengelernt, erlebt wie Menschen "anständig, mit wechselseitiger Wertschätzung, über Politik reden – weit über Stammtischniveau" – und in Entscheidungen stärker einbezogen würden als hierzulande. Grenzen von Volksentscheiden hat er freilich auch ausgemacht: Abhängig vom Thema sollten sie angewandt werden, denn Schwarm-Intelligenz betrachtet er kritisch: "Wer im falschen Schwarm mitfliegt, gerät schnell in die Flugzeugturbine."
Migrations- und Außenpolitik sollte wahre Hilfe sein
Die Einführung eines Straftatbestands bei Steuerverschwendung, schärferes Vorgehen bei Amts- und Machtmissbrauch zählt er ebenso zu seinen politischen Zielen wie ein gerechteres Steuersystem, das "spekulative Vermögensanhäufung" verhindere, eine Reform des Schul-, Gesundheits- und Rentensystems, Migrations- und Außenpolitik, die für "wahrhaftige Hilfe" stehe, frei von politischen und militärischen Motiven, und die Förderung des Mittelstands als Rückgrat der Wirtschaft: Er will eine Gesellschaft "ohne Diffamierung, ohne Doppelmoral", in der nicht alle gleich und manche gleicher seien.
Dafür hat Steiner ein Beispiel: das Plakatierungsverbot in den Innenstädten von Albstadt und Balingen. "Das gilt doch für alle Parteien", habe er als Rechtfertigung gehört. "Stimmt", entgegnet er. "Aber die etablierten Parteien kennt jeder." Benachteiligt würden jene, auf die das nicht zutreffe, etwa "WIR 2020". Auch das will Andreas Steiner ändern durch seine politische Arbeit, die er ebenso wie die in seiner Firma als "meine Erfüllung, meine Berufung, meine Pflicht" betrachtet. "Was ich mache, mache ich gerne – und aus vollem Herzen: Miteinander. Füreinander."
Vertreter von zwölf Parteien sowie ein Einzelkämpfer treten bei der Landtagswahl im Wahlkreis 63 Balingen an. Wir stellen die Bewerber in einer losen Reihe vor.