Wie dunkel sind die Wolken über Albstadts Wirtschaft? Darüber wurde vor Ort diskutiert. Foto: Steffen Maier

"Harter Dämpfer" kam erst im April. Die größten Liquiditätsengpässe stehen erst noch bevor.

Albstadt - Rund 50 Teilnehmer – ein Querschnitt durch Albstadts Wirtschaft – haben in der Videokonferenz "IHK vor Ort" darüber diskutiert, wie sich die Coronavirus-Pandemie auf die Stadt und die Betriebe in Albstadt auswirkt.

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Der "harte Dämpfer" kam erst im April: Weil in vielen Firmen erst jetzt die Zahlungen für Leistungen im Januar und Februar eingingen, stünden die größten Liquiditätsengpässe erst noch bevor, weiß Matthias Miklautz. In einer Videokonferenz hat der Leiter der Industrie- und Handelskammer Reutlingen, Geschäftsstelle Zollernalbkreis, am Dienstag mit Thomas Lindner, Vorsitzender des IHK-Gremiums Zollernalbkreis, Oberbürgermeister Klaus Konzelmann und rund 50 Wirtschaftsvertretern darüber diskutiert, was die Wirtschaft der Region nach der ersten Phase der Coronavirus-Pandemie braucht.

Wichtige Märkte weggefallen

Die Zahlen im ersten Quartal mit Exporten in Höhe von 2,49 Milliarden Euro sehen laut Miklautz noch gut aus. Im Kreis Reutlingen lag das Plus bei zehn Prozent, im Kreis Tübingen bei drei. Einzig der Zollernalbkreis als dritter im Gebiet der IHK Reutlingen-Tübingen-Zollernalb verbuchte schon ein Minus von 6,5 Prozent. Nun seien wichtige Märkte – vor allem in der EU, den USA, Russland und Indien – weggefallen. Alleine Asien und vor allem China machten Hoffnung, so Miklautz.

Rund 20.000 Anfragen – Thema vor allem: Hilfspakete – haben die IHK-Hotline in den ersten zwei Wochen des "Shutdown" erreicht. Ebenso hoch ist die Zahl der Anträge, die rund 60 IHK-Mitarbeiter inzwischen auf Plausibilität geprüft und sie zur Freigabe an die Landesbank weitergeleitet haben. Miklautz wies auf das Förderprogramm Soforthilfe Corona hin, das nun auf Betriebe von 51 bis 100 Beschäftigten erweitert werde und das über den 31. Mai hinaus verlängert werden soll, aber auch auf das KfW-Programm "Schnellkredit 2020" – und er forderte die Firmenvertreter auf, sich bei der IHK zu informieren: telefonisch und über die Internetseite, wo zudem Firmen gelistet seien, die Masken und Desinfektionsmittel liefern könnten.

Weitere Branchen werden Hilfe bekommen

Außerdem habe Ministerpräsident Winfried Kretschmann ein Nothilfepaket für Hotellerie und Gastronomie angekündigt – auch bei diesen Anträgen helfe die IHK respektive die Handwerkskammer. Und schließlich sollen weitere Branchen Hilfe bekommen – solche, die bisher in kein Schema passten, wie die "Boulder-Box", eine noch junge Firma in Pfeffingen, die gerade um eine Freiluft-Klettermöglichkeit erweitern wollte, als sie coronabedingt schließen musste. Den Inhabern riet Konzelmann, zusammen mit dem Ordnungsamt Bedingungen zu prüfen, um wieder Klettersportler auf die Höhe zu bringen, und die Firma selbst auch.

Auch Miklautz äußerte Wünsche an den Oberbürgermeister und sein Ordnungsamt: Stichwort Außengastronomie. Die Stadt möge sich großzügig zeigen, unbürokratisch das Entzerren der Tische ermöglichen und auf Gebühren verzichten. Konzelmann versprach, dass Anträge auf Erweiterung "wohlwollend" geprüft würden, wenngleich sich die Bewirtungsflächen nicht "ins Unendliche" ausdehnen dürften: "Der Verkehrsfluss muss gewährleistet bleiben."

"Nicht hoffnungslos, aber angespannt"

Wie bewertet das Stadtoberhaupt die wirtschaftliche Lage der Stadt Albstadt? "Nicht hoffnungslos, aber angespannt", betonte Konzelmann, berichtete von rund drei Millionen Euro an Gewerbesteuerherabsetzungen, die bereits beantragt worden seien, und erwartet ebenso gespannt die Steuerschätzung am 15. Mai. "Alles geht zurück", das reiche von Kita-Gebühren und Gebühren für die Musik- und Kunstschule über Gewerbe-, Umsatz- und andere Steuern bis hin zu den Holzerlösen. 138 000 Euro habe die Stadt bisher als Ersatz für ausgefallene Kita-Gebühren erhalten. Eine weitere Hilfe in ähnlicher Größenordnung erwarte sie noch.

Thomas Lindners Frage nach den Fortschritten bei der digitalen Infrastruktur – deren Schwächen legten verzerrte Bilder und schlechter Ton bei Videokonferenzen offen – beantwortete Konzelmann gelassen: "Uns haben keine Beschwerden erreicht", betonte er und berichtete von laufenden Förderanträgen: zuerst würden alle Albstädter Schulen, dann die Gewerbegebiete ans Breitbandnetz angebunden. "Hier liegen wir im Plan." Matthias Miklautz wollte das nicht unkommentiert lassen und fragte die Unternehmer nach Problemen, erhielt aber keine Antwort aus der Runde.

Dickes Lob für IHK

Armin Wißmann von der Deutschen Bank Albstadt berichtete dafür von Firmen, die im großen Stil Kredite in Anspruch nähmen, nachdem die KfW ihre Vergaberichtlinien für Soforthilfen verschärft habe und etwa Firmen, die Dividenden auszahlten, nicht mehr unterstütze. Er mahnte, dass Kredite derzeit nicht in Investitionen flössen, sondern nur in die Liquidität der Firmen, dass sich Unternehmer aber auch mit dem Thema Investitionen auseinandersetzen sollten.

Ein dickes Lob für die IHK in punkto Antragsprüfung kam vom Inhaber der Boulder-Box: "Die IHK war noch nie so schnell. Das war das Einzige, was wirklich funktioniert hat."