Mit viel Elan dirigiert Brigitte Wendeberg den Kammerchor Ebingen, seit einem Jahr auch eingetragener Verein. Fotos: Eyrich Foto: Schwarzwälder-Bote

Kammerchor Ebingen und Solist Michael Wendeberg musizieren seltenen Gehörtes

Von Karina Eyrich

 

Albstadt-Ebingen. Dieses Duo überzeugt: Brigitte Wendeberg hat für ihr Konzert mit dem Kammerchor Ebingen ihren Sohn Michael ans Klavier eingeladen und gemeinsam haben die Künstler überrascht.

Brigitte Wendebergs Geniestreich beginnt schon bei der Programmwahl für das Konzert mit dem Kammerchor Ebingen und dem Pianisten Michael Wendeberg: Werke von Dvorák, Béla Bartók, Johannes Brahms und Robert Schumann, die so selten öffentlich erklingen, dass allein sie mehr Publikum als das in der nicht ganz ausverkauften Festhalle verdient hätten.

Sympathisch: Der Sohn der Dirigentin, der sich das Prädikat "Weltklassepianist" längst verdient hat, drängt sich im Zusammenspiel mit dem Chor nicht in den Vordergrund und begleitet die Sängerinnen und Sänger sehr sensibel. Das gilt für Dvoráks "Sechs Klänge aus Mähren", die Aspekte der Liebe zum Thema haben, und erst recht für Brahms’ Quartette für vier Singstimmen mit Klavierbegleitung, bei denen sich die wundersame Verschmelzung von Klavier- und Gesangsstimmen vollzieht.

So glänzt das geschlossene, ausgewogene Ensemble, artikuliert sehr sauber die poetischen Texte und zelebriert polyphone Vielfalt. Glasklar: selbst die Bässe. Sie bilden den Unterbau für warme Ternorstimmen, die zuweilen herausragen, und ein gefühlvoller Alt trägt die quicklebendigen Soprane, bei denen die Zuhörer besonders merken, wie viel Wert Brigitte Wendeberg auf Stimmbildung legt.

So gar nicht gefällig – der Gegensatz ist mächtig – kommen die Melodien von Béla Bartóks fünf Klavierstücken unter dem Titel "Im Freien" daher. Um so mehr bieten sie Michael Wendeberg Gelegenheit, seine Klasse am Klavier zu zeigen. Akzentuiertes Spiel, schwerer Anschlag und peinlich genaues Tempo werden ihm abverlangt.

Im Gallopp reiten seine Finger über die Klaviatur, um danach wieder weichere Klänge aus den Tasten hervorzukitzeln. So zaubert Wendeberg die "Klänge der Nacht" und lässt Bilder geheimnisvoller Vollmondnächte entstehen, ehe er im fünften Stück "Hetzjagd" einen Parforceritt hinlegt, der das Publikum staunen macht. Denn Wendeberg beweist nicht nur ungeheueres Konzentrationsvermögen, sondern setzt dazu einen Gesichtsausdruck auf, als laufe er sich gerade erst warm.

Was Bartók an Gefälligkeit schuldig bleibt, liefern Brahms’ "Weltliche A-cappella-Gesänge aus op. 93a und 104", und deren Lebenslust stecken Wendeberg an für sein Solo mit Schumanns "Papillons", das wie ein warmer Sommerregen das Trommelfell benetzt. Kräftig, zugleich lieblich und mit spritzigem Charme interpretiert er dieses Meisterwerk, das einen Pianisten wie ihn verdient hat.

Zum Hochgenuss am Schluss avancieren die "Zigeunerlieder für vier Singstimmen und Klavier op. 103 und 112" von Brahms, bei denen der Chor mit Humor und Spritzigkeit glänzt, in den Stimmungslagen mitlebt und -leidet und dabei jede Nuance ausdifferenziert.

Der Applaus will danach ebenso wenig abreißen wie die Reihe der 15 Zigeunerlieder, und so setzen die Akteure noch Robert Schumanns "Zigeunerleben" drauf: ein Kammerchor in Bestform und ein Mutter-Sohn-Duo mit der Kraft, zu überraschen.