Viel Fingerspitzengefühl erfordert die Arbeit an historischen Instrumenten.Fotos: Holbein Foto: Schwarzwälder Bote

Klavierbau: Peter Zettel und Silke Schutzbach kümmern sich um die Instrumente im Stauffenberg-Schloss

Einmal im Jahr ist Peter Zettel in der Musikhistorischen Sammlung Jehle im Stauffenberg-Schloss in Lautlingen zugange. Dann kümmert sich der Klavierbaumeister um die besaiteten Tasteninstrumente, um diese für die Nachwelt zu erhalten.

Albstadt-Lautlingen. "Es ist eine Herausforderung, weil es sich um historische Instrumente handelt", betont Peter Zettel und blickt auf das Tafelklavier, das etwa um 1830 gebaut wurde, das älteste Piano Ebingens ist und einst im "Schwarzen Adler" stand. Seine Arbeit in der Musikhistorischen Sammlung Jehle im Lautlinger Schloss alle Jahre ist eine Gratwanderung zwischen dem Anspruch, das historische Original und dessen Seltenheitswert zu erhalten, und dem Wunsch, dass das Instrument trotzdem funktioniert. Im Fall des Tafelklaviers, das kleiner ist und weniger Saiten hat als ein heutiges Piano, heißt das, das Spielen zu ermöglichen und damit den Klang, der eher an eine Westerngitarre erinnert, dem Zuhörer zu eröffnen.

Der Klavierbaumeister und seine Angestellte, die Klavier- und Cembalobauerin Silke Schutzbach, sind ein paar Tage im Einsatz. Das Budget, die Instrumente im Stauffenbergschloss zu richten, umfasst 37 Arbeitsstunden im Jahr. Wenn Zettel solo unterwegs ist, benötigt er dafür knapp eine Woche. Zu zweit sind die Klavierbauer jetzt rund 2,5 Tage bei der Arbeit. Im vergangenen Jahr bearbeiteten Peter Zettel und sein Team 21 Instrumente. "Es ist gut, dass wir hier im Einsatz sind", sagt Zettel. So halten die Experten den Verfall der Instrumente auf und ermöglichen eine gewisse Vorführbarkeit.

An diesem Morgen, der um 8 Uhr begonnen hat, musste der Klavierbauer bereits eine Saite ersetzen, die "geknallt" ist. Reihum begutachten Zettel und Schutzbach die Instrumente. "Wir müssen das immer koordinieren mit dem Museumsbetrieb und mit Veranstaltungen, die hier stattfinden." Mitunter fließen Spenden für die Arbeit, was den Freiraum eröffnet, ein Instrument etwas intensiver zu bearbeiten und in einen spielbaren Zustand zu versetzen, etwa indem die Filze ausgetauscht werden, was dann auch mal in Zettels Werkstatt geschieht. So erhielt Zettel die finanziellen Mittel, das Stutz- oder Dirigentenklavier "Erbe", um 1900 in Eisenach gebaut, spielbar zu machen. Das Instrument war schon halb dem Sperrmüll ausgeliefert. Jetzt steht es in der Sammlung und macht durch ein Plexiglas an der Rückwand den Besuchern seine Mechanik sichtbar.

Das steht in keinem Lehrbuch

"Das bedeutet einen Knalleffekt, wenn so ein Piano vorführbar ist", zum Beispiel das Klavier mit Papierwalze, bei dem die Walze nicht mehr funktioniert. "Es wäre schön, das wieder flott zu bekommen", sagt Zettel, was auch interessant für Schulklassen wäre, welche die Sammlung besuchen, wenn diese dann etwas zum Schauen, Erleben und Hören hätten. Das Werkeln im Lautlinger Schloss ist etwas "Besonderes", weicht vom Standard ab. "Du musst dich auf jedes Instrument individuell einstellen. Das fängt damit an, zu schauen, welches Werkzeug passt. Es ist ein bisschen ein Forschungsauftrag, jeweils eine Lösung zu finden, die in keinem Lehrbuch steht. Deshalb ist es wichtig, die Instrumente zu kennen."

Und Peter Zettel kennt seine Schützlinge. Manche Instrumente hat er bereits 20 Jahre in den Fingern. Dennoch lernt er immer wieder dazu, entdeckt, wie er mit ihnen umzugehen hat, erschließt sich neue Zugänge. "Das ist spannend und für mich eine besondere Ehre, an jahrhundertealten Instrumenten zu arbeiten und ein Stück Geschichte zu pflegen." Lieblinge dabei sind das Cembalo – wohl aus dem Jahr 1670 – und das Spinett, das um 1750 entstanden ist, und sich noch spielen lässt. Bei der Arbeit haben die Klavierbauer Kompromisse einzugehen, etwa bei der Tonhöhe, damit die Spannung für das Instrument nicht zu hoch wird.

Das Richten der Instrumente ist immer mit dem Risiko verbunden, dass etwas abbricht: "Wenn ich an dem Tafelklavier die Mechanik heraushole, kostet mich das Überwindung. Das ist emotional ein heißer Moment, da fühle ich mich wie ein Rennfahrer, der in die Kurve geht." Und es ist eine große Verantwortung, denn einen klaren Auftrag gibt es nicht: Zettel muss selbst herausfinden, was gut und richtig für die Instrumente ist. "Das kann man nicht jedem anvertrauen", betont Ursula Eppler, die in der Musikhistorischen Sammlung Jehle für die Führungen zuständig ist: "Wir sind froh um die Arbeit von Peter Zettel und seinem Team."

"Die Arbeit ist wahnsinnig schön"

Es geht darum, so viel wie möglich zu erhalten und so wenig wie möglich in das Original einzugreifen. Mitunter sind da Hammerköpfe selbst zu fertigen, ist etwas zu schnitzen und nachzubauen, wozu Zettel Fachfirmen an der Hand hat, oder ein Teil zu rekonstruieren wie das Fächernotenpult bei einem Klavier. "Die Arbeit ist wahnsinnig schön", bestätigt denn auch Silke Schutzbach, die "ehrfürchtig" an ihre Aufgabe herangeht, etwa wenn jener Flügel aus dem Jahr 1830 zu richten ist. Manches ist schwierig, etwa das Stimmen eines Tafelklaviers, wenn das passende Werkzeug fehlt, manches auch nicht zu lösen, weil der Aufwand zu groß wäre, es im Budget nicht zu verwirklichen ist. "Dann muss man gewisse Abstriche machen, aber bislang hat es immer geklappt."

(hol). Die Musikhistorische Sammlung Jehle im Stauffenberg-Schloss umfasst Saiten-, Blas-, Pfeifen- und Tasteninstrumente aus verschiedenen Zeiten und Kulturbereichen. Neben den Holz- und Blechinstrumenten, anhand derer die Besucher der Sammlung beispielsweise die Entwicklung des Klavierbaus lückenlos nachvollziehen können, gibt es auch eine umfangreiche Bibliothek zum Thema Musik, die international anerkannt und geschätzt ist.

Die Sammlung ist mittwochs, samstags, sonntags und an Feiertagen von 14 bis 17 Uhr geöffnet. Zudem sind Führungen telefonisch jederzeit vereinbar. Dafür ist Ursula Eppler zuständig, die viel Interessantes zu berichten weiß.