Volles Haus – und das trotz viel Konkurrenzprogramm am Wochenende: Die Vernissage zur Ausstellung "Zyklisches Erinnern" im Kunstmuseum Albstadt war am Sonntagmorgen hervorragend besucht. Fotos: Weiger Foto: Schwarzwälder Bote

Kunstmuseum: Intensives Erinnern an Zivilcourage und in Zeiten des Unrechts

Das eindringliche Werk zweier besonderer Künstler würdigt das Kunstmuseum Albstadt mit seiner neuen Sonderausstellung.

Albstadt-Ebingen. Die Aktualität erdrückt und nimmt einem politisch bewegten Zeiten nahezu den Atem: Das Kunstmuseum der Stadt Albstadt zeigt bis 13. Oktober "Zyklisches Erinnern" – eine Ausstellung, die sich dem Widerstand gegen die Nationalsozialisten widmet. In deren Herzstück: zwei Künstler, die sich im Medium der Radierung mit den Ereignissen um den 20. Juli 1944 befassen, sehr persönlich und jeder auf intensive Art und Weise.

So verschieden die Arbeits- und Herangehensweisen von Alfred Hrdlicka und Günter Schöllkopf auch sein mögen: Beide stellen die individuelle Zivilcourage gegen die Gefahr einer kollektiven Staatsmaschinerie. Gleichzeitig machen sie deutlich, was Menschen imstande sind, einander anzutun.

Veronika Mertens, die die zahlreichen Gäste bei der morgendlichen Vernissage willkommen hieß, brachte den Besuchern persönlich das Werk von Günter Schöllkopf näher. Über einen Ehrengast freute sie sich dabei besonders: Heidrun Schöllkopf-Schober, die Schwester des 1979 erst 44-jährig verstorbenen Künstlers. Sie sei es, die in unermüdlicher Art und Weise das Andenken an ihren Bruder bewahre.

Schöllkopf nähere sich in den 14 Radierungen seiner Mappe "Widerstand" dem Thema fast kammermusikalisch und poetisch verdichtend, so Veronika Mertens. Auf die Darstellung des missglückten Attentats verzichte er komplett; seine Bildregie konzentriere sich auf Konfrontationen und stille Begegnungen. Die Direktorin des Kunstmuseums erinnerte in diesem Kontext an Martin Walser, der Günter Schöllkopf einmal attestiert hatte, seine Arbeiten zwängen den Betrachter zur "Solidarität mit dem Geist gegen Gewalt".

Dafür habe sich der Künstler nicht ausschließlich mit dem Tun des Claus Schenk Graf von Stauffenberg beschäftigt, sondern auch mit der "Weißen Rose" um die Geschwister Scholl, Georg Elser oder dem "Kreisauer Kreis". Heidrun Schöllkopf-Schober lobte indes in herzlichen Worten die Arbeit des Albstädter Kunstmuseums: "Es ist ein Haus von Weltruf, weithin bekannt und geachtet. Veronika Mertens‘ innige Akribie ist unübertroffen."

Aus Berlin war Hannes Fernow angereist. Er ging ein auf Alfred Hrdlickas Radieryklus "Wie ein Totentanz – Die Ereignisse des 20. Juli 1944". Hrdlickas 53 großformatige Ätzradierungen befassen sich laut Fernow nicht nur mit den Geschehnissen des 20. Julis 1944, sondern blickten viel weiter in der Geschichte zurück, etwa auf Casanova und Friedrich II..

Hannes Fernow erwies sich als wahrer Kenner des Werks Hrdlickas und nahm die Besucher mit auf eine Reise durch die Jahrhunderte. Hrdlicka wolle nicht neutral dokumentieren, lautete Fernows spannendes Fazit, sondern emotional aufrütteln, Tätern wie Opfern Namen geben. "Der Zyklus zum 20. Juli", so hat es Alfred Hrdlicka 1974 selbst formuliert, "ist bei allem Respekt für jene Männer, die es wagten, sich gegen ein barbarisches Regime zu erheben, nicht als verspätete Heldenehrung gedacht, er ist vielmehr eine Warnung vor falschen Leitbildern."

Nina Assadollahniajami an der Violine, Jan Luka Diebold am Klavier und Paul Hauser am Violoncello sorgten für den feinen Ton des Vormittags – mit sorgfältig ausgewählten musikalischen Werken, beispielsweise Robert Schumanns Klaviertrio Nr. 2 in F-Dur. Musik, wie sie gern im Hause Stauffenberg gespielt worden war. Veronika Mertens überreichte den jungen Musikern ein kleines Dankeschön von hoher Symbolkraft: weiße Rosen.