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Winter-City-Open-Air muss bei herbstlichen Temperaturen beim Retten der Weihnachtsstimmung helfen.

Albstadt-Ebingen - Lag es am fehlenden Schnee oder den eher lauwarmen Temperaturen? Die Stimmung beim Weihnachtsmarkt des HGV Ebingen war – gefühlt – jedenfalls nicht ganz so weihnachtlich wie sonst. Schön war’s trotzdem – nicht zuletzt ein Verdienst der Musik.

Schon die Proben des Gospel-Chors "Voices, Hearts & Souls" lockten am Samstag ein paar 100 Zuhörer auf den Kurt-Georg-Kiesinger-Platz. Richtig voll war es dann schlagartig, als die Sängerinnen – und wenigen Sänger – um Juandalynn R. Abernathy das vierte Winter-City-Open-Air eröffneten, es dunkel wurde, die Weihnachtspyramide im Hintergrund strahlte und das Publikum sofort Feuer fing. Die schöne Mischung aus samtweichen – darunter viele der bekanntesten Gospels und Spirituals – sowie rockigen Stücken animierte zum Mitsingen.

Ein wunderbares Wechselspiel entspann sich zwischen Solistin Verena Rissel, bekannt von den "Dewy Lilies", und dem Chor: Dreht sie ihre Rock-Röhre auf, liefert der Chor den harmonischen Hintergrund dazu. Lässt sie sanft die Töne fließen wie warmen Kakao, setzt der Chor deutliche Akzente dazu.

Solist Armin Glatz ist mit seiner sonoren und gleichwohl klaren Männerstimme ein wichtiger Bestandteil des Ganzen, denn der Chor hat kaum Männerstimmen zu bieten. Um so wohltuender hob sich sein warmes Organ ab, und zudem verstand er es, als Dirigent des Publikums die Zuhörer einzubinden, die teils lauthals mitsangen und rhythmisch klatschten.

Die Stimme muss erst mal durch den Bart

Besonders originell war das, was "Südlich von Stuttgart" auf die Bühne zauberte: Harald Horrwarth kam im Nikolaus-Kostüm, und seine rauchige Joe-Cocker-Stimme musste sich erst einmal den Weg durch einen mächtigen Bart bahnen, ehe sie das ausgelassene Publikum erreichte. Ein wunderbarer Gegenpart dazu war Claudia Moehrke, die ihre strahlendes Gesicht mit einer Norweger-Mütze gekrönt hatte. Gemeinsam mit Ralf Gugel an der Gitarre, Christian Baumgärtner am Schlagzeug, Horst Götz am Bass und Wolfgang Fischer am Klavier bescherten sie ihrer Zuhörer mit abwechselnden Soli mit Songs, die jeder mitsingen konnte: von Klassikern wie "Rudolph, The Red Nosed Reindeer", "Jingle Bells" – auch auf Deutsch – und "White Christmas" bis zu schmissigen Werken zum Warmwerden – "Feliz Navidad", "Last Christmas" und "Jingle Bell Rock". Einzig das "Let It Snow" – Lass’ es schneien – hätte Claudia Moehrke vielleicht ganz zu Anfang singen sollen.

Auch am Sonntag wurde es nicht weiß, und so mischte sich beim Weihnachtsmarkt des Handels- und Gewerbevereins Albstadt-Ebingen auch ein bisschen Jahrmarkt-Stimmung unter die Festvorfreude, zumal das Warenangebot an den Ständen nicht rein adventlich war: Socken und Süßigkeiten, Hüte und Deko aller Art waren darunter. Neben Glückwein und Plätzchen gab es dennoch auch ein großes Angebot im Sinne des Erfinders. Die Schüler der Hauswirtschaftlichen Schule hatten sogar selbst gebastelt, gewerkelt und gekocht, boten hölzerne Weihnachtsdeko und Süßes im Glas an.

Ein Zeichen gegen die Wegwerfkultur setzte der Stand des Kunst-Werk-Hauses, an dem es – gegen eine Spende – gebrauchten und teilweise besonders schönen – Weihnachtsschmuck gab: "Die alten Sachen sind immer sofort weg", berichtet Lothar Stawinoga und verweist auf Christbaumkugel-Unikate, ausgefallene Kerzenhalter und Glockenspiele – eines davon in Originalverpackung, vermutlich älter als der Kunst-Werk-Haus-Inhaber selbst. "Natürlich haben wir auch Sachen bekommen, die uns selbst so gut gefallen, dass wir sie nicht verkaufen", sagt er mit Blick auf eine ausgefallene Lampe und freut sich, dass er endlich den Bratapfel-Bräter – schon im vergangenen Jahr ein Ladenhüter – los ist.

Was die heilige Familie so alles erlebt

Und was hat die "heilige Familie" im Stall der lebenden Krippe – die Esel, Schafe und Ziegen sind alljährlich ein Magnet für die Kinder – erlebt? "Viele kommen und sagen: "Das ist eines Sensation, die es nur in Albstadt gibt", berichtet Niklas Müller, der jedes Jahr wieder aus Freiburg anreist, um als der heilige Josef seinen Mann zu stehen. Um sich geschart hat er vor allem Familienmitglieder, aber auch Freunde: Sarah und Heiko Schuhmacher, Lukas Schmid, Kilian Braun und Lena Lentsch sowie Laurin Müller, der im nächsten Jahr "Familienoberhaupt" wird, halten eine Tradition hoch, die einst vom Waldorfkindergarten Ebingen mit seinem Christgeburts-Spiel begründet wurde.