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Vorsicht, trockene Zahlen! Mit 29,5 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen rechnet die

Vorsicht, trockene Zahlen! Mit 29,5 Millionen Euro an Gewerbesteuereinnahmen rechnet die Stadt Albstadt 2018 – eine halbe Million Euro mehr als 2017 und nur 4,1 Millionen Euro unter dem Spitzenwert von 2015. Sechs Millionen Euro davon wird die Stadt aller Voraussicht nach über die Umlage weitergeben müssen – 100 000 Euro mehr als vor Jahresfrist, sodass ihr satte 23,5 Millionen Euro bleiben. Zum Vergleich: 21,8 Millionen Euro kassiert die Stadt – die jüngste Steuerschätzung zu Grunde gelegt – 2018 über ihren Einkommenssteueranteil, also ihre Portion dessen, was Albstädter Arbeitnehmer erwirtschaftet haben. Dass sie das können, verdanken sie auch der Tatsache, dass Albstadt mit Abstand die meisten Arbeitsplätze aller Kommunen im Landkreis bietet, woran Weltmarktführer wie Groz-Beckert ebenso ihren Anteil haben wie sonstige Mittelständler, Handwerksbetriebe, Einzelhändler und kleine Firmen.

Vertreter eben jener sitzen – auch – in der Fraktion der Freien Wähler im Gemeinderat und unterstützten in der Haushaltsdebatte ausdrücklich deren Antrag, den Gewerbesteuerhebesatz um 15 Prozentpunkte auf 350 vom Hundert zu erhöhen. Das ehrt sie als Kommunalpolitiker, denen es um die Sache und nicht um ihren eigenen Vorteil geht. Seit 30 Jahren sei am Hebesatz nicht mehr gerüttelt worden, von 108 vergleichbaren Städten liege Albstadt auf Platz 103, was den Hebesatz betreffe, und würde sich auch mit 350 Prozent noch im unteren Drittel bewegen, so die Begründung. Die Freien Wähler wünschen sich, dass die geplanten Investitionen in die Infrastruktur "auf viele Schultern verteilt" würden. Denn der Investitionsstau bewegt sich bekanntlich im dreistelligen Millionenbereich.

Klingt alles einleuchtend und fair. So gesehen. Anders betrachtet, ist auch das Argument nicht von der Hand zu weisen, das Lennart Spengler (CDU) als einer der Gegenredner ins Feld führte: Am Beispiel Monheim in Nordrhein-Westfalen legte er dar, wie eine 43 000-Einwohner-Stadt es durch Senkung des Gewerbesteuerhebesatzes auf 265 Prozent geschafft hat, ihre Gewerbesteuereinnahmen drastisch zu steigern. Kita-Plätze und Ganztagsbetreuung sind dort nun kostenlos, die Einwohnerzahl steigt rapide.

Ein bisschen ungeschickt war es vielleicht von SPD-Fraktionschef Elmar Maute, von seinem Telefonat am Vorabend mit Groz-Beckert-Vorstandschef Thomas Lindner zu berichten, der – ungewöhnlich – im Gemeinderatspublikum saß. Wer beide nicht kennt, könnte vermuten, dass hier die Wirtschaft Einfluss nehmen wollte auf die Politik. Wer beide kennt, weiß, dass das für sie grundsätzlich keine Option wäre. Groz-Beckert heranzuziehen als Beispiel dafür, was Albstädter Unternehmen – trotz der schwierigen Verkehrslage – als Bekenntnisse zum Standort alles für diese Stadt tun, war nicht nur der Größe der Firma geschuldet. Groz-Beckert will 2018 den Bau eines neuen Produktionsgebäudes prüfen, hat die Brache im Ebinger Hof gekauft und damit ein Riesen-Ärgernis beseitigt, investiert in Bildung – nicht nur in der firmeneigenen Schule – und mit dem Gesundheits- und Bildungszentrum auch in die Attraktivität des Standorts, dem es – das ist überdeutlich angesichts der Neubauten in jüngster Zeit – treu bleiben will. Albstadt wird das noch immense Gewerbesteuern einbringen.