Nicht von Dürer, aber von Dürer inspiriert – Kai Hohenfeld mit einer Grafik aus den Beständen des Kunstmuseums. Foto: Kistner Foto: Schwarzwälder Bote

Kunstmuseum: Kurator Kai Hohenfeld ist nach etwas mehr als einem Jahr in Albstadt gut akklimatisiert

Seit etwas mehr als einem Jahr ist Kai Hohenfeld wissenschaftlicher Mitarbeiter am Kunstmuseum Albstadt und zweiter Mann hinter Museumschefin Veronika Mertens. Er hat es, wie er findet, nicht schlecht getroffen.

Albstadt. Wer im Ruhrpott sozialisiert wurde, für den bedeutet ein Umzug auf die Südwestalb allemal Luftveränderung. Für Kai Hohenfeld war es allerdings nicht die erste; er ist in der Republik bereits herumgekommen, und deshalb durfte man von vorneherein eine gewisse Flexibilität bei ihm voraussetzen.

Der gebürtige Dortmunder hat in Bochum und Düsseldorf Kunstgeschichte studiert und danach über Giovanni Pisano, einen italienischen Bildhauer des ausgehenden Mittelalters, promoviert – eine angenehme Begleiterscheinung waren dabei die Italienreisen, unter anderem nach Rom und Venedig.

Klimawechsel: Auf die lauen Lüfte Italiens folgte die steife Nordseebrise. Kai Hohenfeld erhielt eine Anstellung an der Kunsthalle Bremen, befasste sich fortan mit Picasso statt mit Pisano und erwarb sich das handwerkliche Rüstzeug im Kuratieren von Ausstellungen und der Herausgabe der dazugehörigen Kataloge. Zwei Jahre blieb er in der Hansestadt; dann zog er ein paar Häfen weiter nach Kiel – und wurde prompt mit einem neuen Arbeitsfeld konfrontiert: der Provenienzforschung. Nicht zuletzt aufgrund der Ergebnisse seiner Recherchen erstattete die Kunsthalle Kiel ein Gemälde von Wassilij Polenow, einem russischen Landschaftsmaler des 19. Jahrhunderts, an den Museumspark in Taganrog am Asowschen Meer zurück, wo die Wehrmacht es im Zweiten Weltkrieg erbeutet hatte. In punkto Forschungsaufwand und Umfang konnte Hohenfelds Gutachten es fast schon mit seiner Doktorarbeit aufnehmen – und Reisen ergaben sich ebenfalls, diesmal halt ans Schwarze Meer und nicht an die Adria.

Kiel wurde ihm zu "geschichtslastig"

Kai Hohenfeld hätte noch länger in Kiel bleiben und Provenienzforschung betreiben können – sie ist eine zukunftsträchtige Disziplin, und die Arbeit wäre so bald nicht ausgegangen. Aber die Kunstgeschichte hat neben der historischen auch eine ästhetische Seite, und Hohenfeld wurde die Kieler Detektivarbeit mit der Zeit zu geschichtslastig. "Die künstlerischen Inhalte kamen zu kurz." Und so ergriff er die Gelegenheit, welche die durch Jeannette Brabenetz’ Fortgang entstandene Albstädter Vakanz darstellte, bewarb sich – und wurde genommen.

Wieso Albstadt? "Die grafische Sammlung hat mich gereizt." Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht. "Man kann wunderbar mit ihr arbeiten – sie mag klein sein; trotzdem tun sich Welten auf."

In seinem ersten Albstädter Jahr machte Kai Hohenfeld intensive Bekanntschaft mit dem "Felsenmeer der Schwäbischen Alb", erforschte auf dem Papier Höhlen, Schluchten und Steinbrüche und hatte dabei im Rahmen der thematischen Vorgabe freie Hand.

Die Nachtseiten der Seele und die vier Elemente

Parallel dazu setzte er im "jungen Kunstraum" "Otto" – Dix – "mit und ohne Farbe" in Szene und spürte im Rahmen der Vorbereitung des Hollenberg-Herbstes dem "Geheimnis der Landschaft" nach. "Viel Neuland", sagt Hohenfeld. "Und eine Menge Freiräume." Die Freiräume werden 2019 weiter wachsen – 2018 war Hohenfeld auf den fahrenden Zug aufgesprungen; Idee und Konzept der diesjährigen Herbstausstellung "Die dunkle Seite des Mondes" stammen von ihm. Themen sind die Nachtseiten des Lebens und der menschlichen Seele; zu sehen ist vor allem Grafik aus den eigenen Beständen, darunter düstere Kafka-Illustrationen von Gunther Böhmer und labyrinthische Intérieurs von Rolf Escher. Im "jungen kunstraum" spielt sich Elementares ab: Es geht um Feuer, Wasser, Erde und Luft. Auch das hat sich Kai Hohenfeld ausgedacht.

Ist eine Zwischenbilanz jetzt schon drin? Hohenfeld genießt die "Zusammenarbeit auf Augenhöhe" mit Veronika Mertens, hat mittlerweile eine Vorstellung davon, was die Region in punkto Natur und Kultur zu bieten hat, und wird sich auch an die knackigen Winter und das Naturell der Schwaben gewöhnen, die sich bekanntlich gerne etwas Zeit mit dem Warmwerden lassen. Kai Hohenfeld ist flexibel – das hat er schon öfters gezeigt.