Albstadts Wassernetz ist maroder als gedacht; die Sanierung dürfte aufwendig werden.Foto: Albstadtwerke Foto: Schwarzwälder Bote

Albstadtwerke: Die Reduzierung der Wasserverluste soll in Zukunft ganz oben auf der Agenda stehen

Wasserverluste von über 37 Prozent mussten die Albstadtwerke im Geschäftsjahr 2018 hinnehmen, 2019 waren es immer noch 36,1 Prozent. "Ein Riesenproblem", räumt Geschäftsführer Thomas Linnemann ein. Und: "Wasser ist für uns ein Topthema."

Albstadt. Die "Wasserstandsmeldungen" waren schon einmal günstiger: 2015 hatte Linnemann, nicht ohne Stolz, einen Rückgang von 30,1 auf 23,8 Prozent innerhalb von zwei Jahren vermeldet und versprochen, dass es damit nicht sein Bewenden haben solle. Der selbstbewussten Ansage folgten nicht etwa weitere Annäherungen ans selbstgesetzte Ziel "20 Prozent", sondern herbe Rückschläge: Ein "Moloch", so Linnemann, sei übers Leitungsnetz hinweggerollt und habe die ehrgeizige Planung in Makulatur verwandelt. Wie sich herausstellte, war die altersbedingte Netzerosion doch weiter fortgeschritten als angenommen und die 20-Prozent-Euphorie fehl am Platz. Mittlerweile versickert mehr als ein Drittel des Albstädter Trinkwassers im Karst.

Wie müsste die Konsequenz aussehen? Die Schlagzahl erhöhen, räumt Linnemann ein – doch das sei leichter gesagt als getan. Geldprobleme? Keineswegs, be-teuert der Geschäftsführer, die Albstadtwerke wären durchaus bereit, in die Netzqualität zu investieren; die Liquidität besäßen sie auch nach dem finanziellen Kraftakt, den die Badkap-"Mitgift" an "g1" – immerhin 6,675 Millionen Euro – darstellte, und die Bonität bei den Banken erst recht. Nein, das Problem sei ein anderes – "Baggerfahrer" hatte er, als er danach im Gemeinderat gefragt wurde, geantwortet. Bundesweit reichten derzeit weder Hoch- noch Tiefbaukapazitäten aus, um der Nachfrage gerecht zu werden. Nicht von ungefähr seien in den vergangenen Jahren immer wieder kommunale Ausschreibungen aufgehoben worden, weil auch der billigste Bieter noch weit über dem Kostenvoranschlag gelegen sei – und nicht von ungefähr seien von den 13 Milliarden Euro, die der Bund für den Breitbandausbau zur Verfügung stelle, noch nicht einmal zwei Millionen Euro abgerufen. "Es liegt nicht am Geld – es liegt an der Angebotsseite." Und womöglich am Arbeitsmarkt – niemand oberhalb eines gewissen Alters, argwöhnt Linnemann, habe heutzutage noch Lust, Bagger zu fahren.

Allerdings hat auch er zur Kenntnis genommen, dass sich spätestens mit der Coronakrise die Situation in der Baubranche entspannt hat – die Preise fielen, und Linnemann ist, wie er versichert, willens, das auszunutzen. Aber er traut dem Frieden nicht: "Die Kapazitäten werden dauerhaft die große Unbekannte bleiben."

Ist es unter diesen Umständen nicht am sinnvollsten, auf fahrende Züge aufzuspringen und dort großräumig Leitungsstränge auszuwechseln, wo ohnehin Straßen aufgerissen und erneuert werden? Nein, sagt Linnemann: "Wenn wir uns das Programm von den Sanierungsprojekten vorgeben lassen, bekommen wir den prozentualen Anteil der Wasserverluste nie nach unten." Kritik, die Albstadtwerke flickschusterten am Netz herum, statt Nägel mit Köpfen zu machen, weist er zurück. "Wir können nicht überall die Leitungen austauschen – ohne Inliner geht es nun mal nicht." Kleinere Leitungsdurchmesser seien kein Problem: "Kleinere Durchmesser mit glatter Innenoberfläche sind gängiger als größere mit versinterter." Angesichts der Größe der Aufgabe könnten es sich die Albstadtwerke nicht leisten, irgendein Verfahren auszuschließen. "Wir werden in den nächsten 20 bis 30 Jahren die Hälfte des Netzes erneuern müssen. Das ist gewaltig."