Biotop statt Verkehrsweg: Der Kreis möchte die Talgangbahn reaktivieren. Foto: Eyrich

Passt die Reaktivierung der Talgangbahn ins Modul eins – und was kostet ihr Betrieb?

Albstadt - Der Kreistag hat am Montag dem Kauf der Talgangbahnstrecke durch den Landkreis zugestimmt. Das bedeutet nicht, dass ihre Reaktivierung beschlossene Sache ist – sie könnte aber noch in diesem Jahrzehnt Realität werden.

Das Landratsamt ist in der schwierigen Situation, dass es Vorentscheidungen in einer Sache treffen muss, an der vieles noch unkalkulierbar ist. Zwei große Unbekannten gibt es: Im Gutachten zum Projekt RegioStadtBahn Neckar-Alb werden die Gesamtkosten mit 600 Millionen Euro und die darin enthaltenen Kosten einer Reaktivierung der Talgangbahn mit 32 Millionen Euro beziffert; das sind Summen, welche die Region, ihre drei Landkreise und ihre Kommunen niemals allein aufbringen können.

Nun gibt es Zusagen aus Berlin und Stuttgart, wonach der Bund 60 Prozent und das Land 20 Prozent der Kosten tragen, aber diese Zusagen gelten nur fürs sogenannte "erste Modul" der RegioStadtBahn, jene Teilprojekte, die bis 2018 verwirklicht werden können. Ob es danach weitere Fördermittel gibt und in welchem Umfang, kann heute keiner sagen. Das ist die erste Unbekannte.

Der Zollernalbkreis ver-sucht deshalb nun, all das im Modul eins unterzubringen, was sich nach Einschätzung der Planer bis 2018 realisieren lässt. Der mehrgleisige Ausbau der Zollernalbbahn gehört nicht dazu, er wurde daher auf das reduziert, was als in sechs Jahren machbar erscheint: die Elektrifizierung – aber nicht nur bis Ebingen, sondern bis Onstmettingen. Da eine Elektrifizierung ohne Strecke keinen Sinn ergibt, ist auch die Instandsetzung der Talgangbahn im Projektumfang enthalten.

Unbezahlbar? Nicht, wenn Bund und Land tatsächlich 80 Prozent der Kosten tragen, rechnet man im Balinger Landratsamt – und hat es jetzt sehr eilig. Die 600 000 Euro teure Vorplanung, die der Kreistag am Montag in Auftrag gegeben hat, soll in zwei Jahren fertig sein, weitere zwei Jahre, kalkuliert Verkehrsamtsleiter Adrian Schiefer, wird die Genehmigungsplanung erfordern, noch einmal zwei der Bau.

Die anderen haben auch ihre Eisen im Feuer

In der Theorie passt das – indes spielen noch andere Überlegungen eine Rolle bei der Entscheidung, ob die Zollernalb- und mit ihr die Talgangbahn ins Modul eins aufgenommen werden: Auch die Reutlinger und die Tübinger haben mit Erms- respektive Ammertalbahn Eisen im Feuer, und diese Projekte sind weniger ehrgeizig und leichter zu verwirklichen als die Elektrifizierung der Zollernalbbahn, weil die Strecken kürzer und teilweise in kommunaler Hand sind. Hinzu kommt die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Index: Der des umfassenden Ausbaus der Zollernalbbahn betrug 1,37 – an dem der abgespeckten Planungsvariante rechnen die Gutachter noch. Ergebnisse soll es in einigen Monaten geben.

Die zweite Unbekannte sind die Betriebskosten der neuen Talgangbahn – wieviele Passagiere hätte sie, wie hoch wären Einkünfte und laufende Ausgaben, wieviel ließe sich am Busverkehr sparen? Alles unbeantwortete und derzeit unbeantwortbare Fragen – Kalkulationen, so Schiefer, wären etwa so verlässlich wie ein Blick in die Glaskugel. Indes wird es von den Antworten abhängen, ob sich Albstadts Stadtväter beim zweiten Versuch eher mit der neuen Talgangbahn anfreunden können als beim ersten – und das müssen sie, denn wer immer die Bahn betreibt, wird die Stadt ins Boot beziehungsweise den Zug holen: ÖPNV ist ein Zuschussgeschäft.

Festzustehen scheint unter diesen Umständen zurzeit nur eines: Die Talgangbahn kommt binnen sieben Jahren – oder gar nicht mehr.