Oberbürgermeister Klaus Konzelmann war der erste Gratulant, nachdem Steve Mall die Wahl zum neuen Finanzbürgermeister der Stadt Albstadt gewonnen hatte. Foto: Eyrich

Hauptamtsleiter aus Geislingen mit 21 von 32 Stimmen im Gemeinderat gewählt.

Albstadt - Die Geislinger müssen sich einen neuen Hauptamtsleiter suchen: Steve Mall ist am Donnerstagabend mit 21 von 32 Stimmen zum Bürgermeister und Leiter des Dezernats II im Albstädter Rathaus gewählt worden. Der 41-Jährige lebt in Frommern.

Ein so deutliches Ergebnis hatten Außenstehende wohl nicht erwartet. Vielleicht die 30 Stadträte, die am Donnerstagabend die Vorstellung der vier Bewerber um das Amt des Finanzbürgermeisters der Stadt Albstadt verfolgten: Sie hatten schon vorher Gelegenheit gehabt, "intensive Vorstellungsgespräche" mit acht der insgesamt zwölf Bewerber zu führen, wie Oberbürgermeister Klaus Konzelmann verriet. Vier von ihnen durften sich öffentlich vorstellen, wobei die Namen bis zuletzt ein Geheimnis der Stadt und ihrer Räte blieben.

Bernd-Michael Abt ist allen wohlbekannt: Der Leiter des Amtes für Bauen und Service im Technischen Rathaus Albstadt, Geschäftsführer des Zweckverbands Abwasserverband Oberes Eyachtal und der Klärschlammverwertung Albstadt GmbH, war mit 56 Jahren zwar der Alterspräsident der Runde, trat aber mit Elan auf und formulierte sechs "Leitgedanken": Information und Kommunikation, seine Motivation, die Herausforderungen in Albstadt, das "Finanzdezernat als Schnittstelle zwischen Bedarf und Realisierung", die gesellschaftlichen Zusammenhänge und "Visionen für Albstadt".

"Investitionsstau liegt weit über 500 Millionen"

Inhaltlich am ausführlichsten ging er auf Themen wie Informationspolitik, Mitarbeiterführung, die Interessen der Stadtteile, den "Investitionsstau von weit über 500 Millionen Euro", die Weiterentwicklung der Sportstadt samt Hallenkonzeption, Investitionskontrolle – "meine Kenntnisse von Bau und Finanzen liegen genau an dieser Schnittstelle" – sowie seine Ideen zur Gewinnung qualifizierter Mitarbeiter, zu Digitalisierung und Breitbandausbau sowie auf die "Marke Albstadt" ein. Das Schulzentrum Lammerberg solle in acht Jahren – so lange dauert die Amtszeit – ein "Leuchtturmprojekt", das Parkleitsystem installiert, der Flächenverbrauch durch Reaktivierung der Ortskerne reduziert und ein Umdenken in Sachen Mobilität, Energiegewinnung und -verbrauch erfolgt sein. Kommunen falle schließlich eine Schlüssel beim Klimaschutz zu, zitierte er den Meteorologen Sven Plöger.

Rhetorisch gut, wenn auch inhaltlich farblos, trat Joachim Koch, der 47-jährige Stadtkämmerer aus Ellwangen an der Jagst auf, stellte sich als Freund des ehrenamtlichen Engagements – im Roten Kreuz und im Obst- und Gartenbauverein praktiziert er es – und als Gestalter vor. Sein berufsbegleitendes Studium der Erziehungswissenschaften sei hilfreich im Dezernat mit dem Amt für Familie, Bildung, Sport und Soziales. Dass Koch auch ausführlich die Stellenbeschreibung eines guten Finanzbürgermeisters vortrug, kostete ihn freilich Zeit für das Nennen konkreter Ideen.

Ingo Pezina, 54 Jahre alt und Geschäftsführer des Landesverbandes Baden-Württemberg der Lebenshilfe für Menschen mit Behinderung, verwendete mehrere seiner zehn Minuten auf die Darlegung seiner persönlichen Lebenssituation, ehe er auf seine Ausbildung zum Bankkaufmann, zum Volljuristen und Betriebswirt – all das sei ebenso nützlich für den Posten wie seine Kenntnisse als Feuerwehrmann – zu sprechen kam. Er bewarb sich als Kommunikator mit viel Erfahrung im Dialog mit Interessensvertretern und Partnern, die er auch in der Zusammenarbeit mit den Stadträten einsetzen wolle, und bat um deren Stimme "nicht nur wegen des Amtes, sondern weil ich so leben will wie Sie: Weit über Normal", endete Pezina in Anspielung auf Albstadts Stadtmarketingkampagne.

"Ich bin Schwabe" stellt er gleich klar

Noch vor ihm trat Steve Mall ans Rednerpult und musste erst einmal einen Verdacht beseitigen: "Ich bin Schwabe", sagte der 41-Jährige und erklärte, wie man seinen Nachnamen ausspreche: deutsch, nicht wie die amerikanischen Einkaufszentren.

Kurz riss der Geislinger Hauptamtsleiter, der mit seiner Frau Simone und den zwei Kindern im Balinger Stadtteil Frommern lebt, seinen Lebenslauf (siehe Zur Person) an, lobte Albstadt als attraktiven, innovativen Wirtschafts- und Hochschulstandort, die Technologiewerkstatt als Volltreffer – sie gelte es nun zur Technologiefabrik auszubauen. "Ich will zusammen mit Ihnen nach neuen Chancen greifen", sagte Mall, dem die "generationengerechte Finanzierung von Projekten wichtig" ist und der auf "Bildung von Anfang an" setzt: "Kein Kind darf verloren gehen."

Das Motto "Kurze Beine, kurze Wege" gelte im Bildungsbereich, in dem es viel zu tun gebe – das Schulzentrum Lammerberg nannte er als Hauptbeispiel und will sich dafür einsetzen, Fördermittel für die gut 40 Millionen Euro teure Sanierung zu besorgen.

"Ich komme, um zu bleiben!"

Vereinsförderung, Bürgernähe und eine bürgerfreundliche Verwaltung – Letztere zu schaffen werde durch die Digitalisierung erleichtert – nannte Mall als weitere Hauptpunkte seiner Agenda. Er stehe für Konsens und Kontinuität, für kooperativen und dialogorientierten Führungsstil, könne aber auch "klare Ansagen" machen, sagte Mall und versicherte den Stadträten: "Albstadt ist keine Durchgangsstation für mich. Ich bin von Albstadt und seinen Menschen begeistert. Ich komme, um zu bleiben."

Das gestatteten ihm die Stadträte – eine weitere Rätin war noch pünktlich zur Abstimmung nachgekommen – mit einem klaren Votum: 21 Stimmen entfielen nach geheimer Wahl auf Steve Mall, fünf auf Bernd-Michael Abt und je drei auf Joachim Koch und Ingo Pezina.

Erster Gratulant war unter dem Applaus der Räte und zahlreicher Mitarbeiter des Dezernats II – viele davon im Publikum – Oberbürgermeister Klaus Konzelmann, und auch Anton Reger, der sich Ende November in den Ruhestand verabschiedet, wünschte seinem Nachfolger viel Erfolg.

Auf Reger wartet ab dem nächsten Frühjahr eine andere Aufgabe. Welche? Das bleibt noch länger ein Geheimnis als die Namen der Kandidaten für sein bisheriges Amt.

Der 41-jährige Steve Mall, parteilos, stammt aus Tuttlingen und hat dort am Wirtschaftsgymnasium sein Abitur gemacht. Nach dem Zivildienst wählte er den Wirtschaftszweig als Schwerpunkt seines Studiums an der Fachhochschule für öffentliche Verwaltung in Kehl, das er als Diplom-Verwaltungswirt abschlossen hat. Von 2004 bis Juni 2008 war Mall Hauptamtsleiter der 5000-Einwohner-Gemeinde Seelbach im Ortenaukreis und danach bis Oktober 2010 Fachbereichsleiter Hauptamt bei der Stadt Triberg. Seit November 2010 ist Mall Hauptamtsleiter der Stadt Geislingen, wo er Personalverantwortung für rund 100 Mitarbeiter trägt.