Das war einmal: Ab Montag kommt in Albstadts Hallen kein wasser mehr aus den Duschköpfen – auf unabsehbare Zeit. Foto: Philipp von Ditfurth

Vorläufig fließt wieder russisches Gas – aber keiner weiß, wie lange. Um gegen Gasknappheit im Winter gewappnet zu sein, greifen die Stadt Albstadt und die Albstadtwerke schon jetzt zu drastischen Maßnahmen.

Albstadt - Den Mitarbeitern der Rathäuser und Ortsämter ist es vielleicht schon aufgefallen: Es kommt kein warmes Wasser mehr aus dem Hahn. Dort, wo sie sind, lässt sich das allerdings noch verschmerzen – die Schulkinder und die Vereinssportler wird es härter treffen, wenn am Montag auch in Albstadts Hallen das Wasser abgestellt wird. Aus dem Hahn am Waschbecken wird dann nur noch kaltes, aus dem Duschkopf gar kein Wasser mehr kommen: Um der Legionellengefahr vorzubeugen, werden die Leitungen noch einmal durchgespült, danach komplett entleert und bis auf weiteres stillgelegt.

Schwimmunterricht macht Pause

Die zweite Sparmaßnahme ist ebenfalls eine wässrige: Das Hallenbad Ebingen wäre ohnehin am Montag für die Ferien geschlossen worden; wegen krankheitsbedingter personeller Ausfälle ist es jetzt schon zu. Es wird nach Ferienende ebenso wenig wieder geöffnet wie die Hallenbäder auf Langenwand und in Onstmettingen – was unter anderem bedeutet, dass die Schüler keinen Schwimmunterricht mehr erhalten, außer im Badkap, das allerdings nur einen Bruchteil von ihnen aufnehmen kann.

Nur noch 19 Grad in den Amtsstuben

Die dritte Maßnahme, die beschlossene Sache ist: Die Raumtemperatur in den städtischen Amtsstuben wird im Winter maximal 19 Grad Celsius betragen – warm anziehen am Arbeitsplatz, lautet die Devise! Ausgegeben hat sie die Europäische Union, die gegebenenfalls auch 17, bei schweren Arbeiten sogar 12 Grad für hinlänglich hält. Die Stadt ist gesonnen, der 19-Grad-Regel Folge zu leisten; das setzt allerdings voraus, dass die derzeit gültige nationale Arbeitsstättenschutzverordnung entsprechend abgeändert und angepasst wird. So ohne weiteres können sich Behörden schließlich nicht der Fürsorgepflicht für ihre Mitarbeiter entledigen.

Stadt will mit gutem Beispiel vorangehen

Die Stadt und die Albstadtwerke wollen mit diesen Maßnahmen zweierlei erreichen: erstens ganz konkret Energie sparen und für den Fall, dass Russland den Gashahn ganz zudreht, einen Beitrag zur Versorgungssicherung leisten. Und zweitens die Bürger dazu animieren, es ihnen nachzutun und ihrerseits kälter und seltener zu duschen und zu baden, nicht benötigtes Licht, Rechner oder Fernseher auszuschalten, bei der Autowäsche Zurückhaltung walten zu lassen und auch sonst keine Energiesparoption ungenutzt zu lassen – Appelle dieser Art überzeugen natürlich nur, wenn man selbst mit gutem Beispiel voranschreitet. Dass es ohne die Bürger nicht gehen wird, ist für Oberbürgermeister Konzelmann ausgemacht: Zehn bis 15 Prozent Energieersparnis peilt die EU an – wenn die privaten und gewerblichen Verbraucher nicht mittun, ist dieses Ziel nicht zu erreichen.

Nur ja kein kalter Februar

Und erreicht werden muss es – die Gasspeicher müssen jetzt gefüllt werden; im November ist es dafür zu spät. Sollte das Ziel verfehlt werden, sollte Russland tatsächlich die Gaslieferungen einstellen – was alles andere als unwahrscheinlich ist – und sollte es im Februar dann wieder mal richtig kalt werden, dann wäre kaltes Wasch- oder Duschwasser das geringste aller Probleme. Dann würden sich ganz andere Fragen stellen: Womit will man die Wohnungen beheizen, womit die Produktion – auch die von Nahrungsmitteln – am Laufen halten? Müssen Wärmestuben oder -inseln in Hallen eingerichtet werden – die der Tailfinger Lutherschule kann immerhin mit Hackschnitzeln beheizt werden – , weil eine flächendeckende Wärmeversorgung nicht länger möglich ist? Noch scheint all das weit weg zu sein, aber in Albstadts Rathäusern und im Tailfinger Hauptquartier der Albstadtwerke wird an Notfallplänen gearbeitet.

Ob die je akut werden, bleibt abzuwarten – aber die Schreckensszenarien werden mit jeder weiteren Alarmierungsstufe, die der Bundeswirtschaftsminister ausruft, wahrscheinlicher. Und Preiserhöhungen natürlich auch: Sollte die Bundesnetzagentur amtlich Engpässe bei der Gasversorgung feststellen, dann könnten Mehrkosten per Umlage auf alle Gaskunden verteilt werden. Und es spricht nichts dafür, dass die Preise danach so bald wieder fallen werden.