Dies ist kein Archivbild aus Albstadt – dort ist Live-Musik vor Lokalen bisher selten.Foto: ©Monkey Business – stock.adobe.com Foto: Schwarzwälder Bote

Außengastronomie: Stadt setzt Zeichen der Unterstützung in schwierigen Zeiten

Live-Musik vor einer Gaststätte ist künftig erlaubt – ohne besonderen Anlass zumindest ein Mal pro Freiluftsaison bis 22 Uhr. Die Verwaltung will damit auch den Gastronomen helfen, die von der Corona-Krise besonders hart betroffen sind.

Albstadt. Der Unmut der Musikfans unter den Kneipengängern in Albstadt war seit Jahren mit Händen zu greifen und schlug 2019 besonders hohe Wellen, als die Stadt ein Live-Konzert vor einem Lokal im Ebinger Hof nicht erlaubt hatte. Ein Acoustic-Trio wollte dort spielen, und auch die Sängerin, die ein Gastronom in der Marktstraße bestellt hatte, wäre lautstärketechnisch nicht stärker ins Gewicht gefallen als die laufenden Motoren der Autos, die allabendlich dutzendfach unweit im Landgraben röhren, während ihre Fahrer schnell mal Geld am Bankautomaten holen. Trotzdem durfte die Sängerin nicht auftreten. Denn nur bei besonderen Anlässen hatte die Stadt bisher Musik im Außenbereich eines Lokals zugelassen, etwa bei Jubiläen.

Der Ruf jener, die das ärgerte, wurde freilich lauter, und so erkundigte sich die Verwaltung, wie das in anderen Städten gehandhabt wird. Hinzu kommt, dass die Gastronomen – vor allem, aber nicht nur in Zeiten der Lokalschließungen – unter der Corona-Krise zu leiden haben.

Der Testballon fliegt erst mal im Sommer 2020

Die Stadt hat deshalb beschlossen, in der "Freischanksaison 2020" einen Testballon fliegen zu lassen und jedem Gastronomen mit Außenbewirtung ein Freiluft-Live-Konzert – ohne besonderen Anlass – vor seinem Lokal zu erlauben. Bis 22 Uhr darf dann Live-Musik erklingen. Eine "reine Beschallung aus Lautsprechern" sei weiterhin nicht erlaubt.

St. Bürokratius hat bei der Sache nicht mitzureden, denn Gastronomen müssen dieses eine Konzert nicht beantragen, sondern nur vorher bei der Gaststättenbehörde anzeigen. Nach Ablauf der "Freischanksaison 2020" will die Verwaltung dem Gemeinderat von den Erfahrungen berichten und einen Vorschlag für eine dauerhafte Genehmigungspraxis unterbreiten, wie die Sitzungsvorlage verrät.

Diese mussten die Stadträte in ihrer jüngsten Sitzung nur zur Kenntnis nehmen, goutierten sie aber zumindest mündlich, und zwar quer durch alle Fraktionen. "Das ist eine große Aufwertung für Albstadt", betonte Daniela Steinhart-Schwab, und "ein Zeichen, dass wir hinter den Gastronomen stehen, die vor großen existenziellen Herausforderungen stehen". Sie bat die Verwaltung zudem um Flexibilität bei der Festlegung der Veranstaltungsflächen.

Manuela Heider sieht das auch als Bereicherung in Zeiten, in denen Urlaub zu Hause angesagt sei, und Martin Braun fragte nach der Möglichkeit, zu einem besonderen Anlass eine zweite Veranstaltung anzubieten. Das sei möglich, erklärte Oberbürgermeister Klaus Konzelmann.

Marianne Roth wollte wissen, wie lange die Freischanksaison dauere und erfuhr von Finanzbürgermeister Steve Mall: von April bis Oktober. Ulrich Deufel fand das Ende um 22 Uhr "sehr früh", wie er betonte. "Könnte man nicht sagen: zwei Stunden von 21 bis 23 Uhr?" Mall jedoch erinnerte daran, dass ab 22 Uhr die gesetzlichen Lärmwerte einzuhalten seien.

Beifall für den Oberbürgermeister

Beifall erntete Oberbürgermeister Klaus Konzelmann für seine Ankündigung, dass die Stadt den Gastronomen im Sommer 2020 die Gebühren für die Außengastronomie erlassen und ihnen bei der Ausweitung der Außenflächen entgegenkommen werde, sofern keine Verkehrsflächen beeinträchtigt werden.

Diese Aktion der Stadtverwaltung war überfällig: Endlich dürfen Gastronomen Live-Musik draußen anbieten, ohne bürokratische Verrenkungen machen zu müssen. Viele – zu viele, wie viele finden – solcher Ereignisse, die der Belebung der Stadt und der Wirtshausterrasse dienen, durften bisher nicht stattfinden. Nur weil kein Anlass wie etwa ein Jubiläum bestand. Es hätten sich ja Nachbarn gestört fühlen können. Bei den Straßenmusikern, die nachmittags spielen, besteht diese Gefahr nicht? Oh doch. Ein besonders auffälliges Beispiel ist derzeit wöchentlich zu erleben. Falsch spielen und Anwohnern sämtliche Nerven zersägen darf man offenbar. Hauptsache tagsüber. Hoffentlich kommt keiner der Gastronomen auf die Idee, für sein unbürokratisch mögliches Konzert den Herrn mit dem Blasinstrument zu engagieren. Sonst bleiben am Ende alle Gäste weg.