Das "Heilig Brünnle" war einige Jahre versiegt, seit 80 Jahren fließt wieder das Wasser. Foto: Privat

1911 dem großen Erdbeben zum Opfer gefallen. Gewässer wird heilsame Wirkung nachgesagt.

Albstadt-Tailfingen - Dem großen Erdbeben, das die Südwestalb im Jahr 1911 erschütterte, sind nicht nur Gebäude zum Opfer gefallen – auch die Natur wurde in Mitleidenschaft gezogen. Unter anderem versiegte das Tailfinger "Heilig Brünnle". Seit 80 Jahren fließt es wieder.

Wie die Annalen der Tailfinger Ortsgruppe des Schwäbischen Albvereins vermelden, hatten Eugen Wizemann und der damals neu gewählte Wegewart Hermann Conzelmann 1938 begonnen, das Brünnlein wieder auszugraben und herzurichten. Viele Stunden harter Arbeit waren erforderlich, ehe das Protokoll der Hauptversammlung vom 2. Mai 1939 vermelden konnte, dass "das heilige Brünnle wieder fließt, nachdem es seit dem Erdbeben von 1911 verschüttet war". Am 29. Juli 1939 wurde der Abschluss der Arbeiten offiziell gefeiert und mit einem Foto dokumentiert.

Was macht das "Heilig Brünnle" so besonders?

Was macht das "Heilig Brünnle" so besonders? Ältere Tailfinger können sich noch erinnern, wie groß in ihrer Jugend der Glaube an die heilsame Wirkung des Wassers aus dem "Brünnle" war. Das Tailfinger Heimatbuch berichtet, bevor es versiegte, hätten Kranke es getrunken, Verletzte ihre Wunden und Kleider darin gewaschen, "und dadurch wurden sie alle heil und gesund". Zum Dank hätten sie ein Geldstück oder ein Kleidungsstück für die Armen neben die Quelle gelegt. Wer zu siech und gebrechlich gewesen sei, um persönlich zur Quelle zu pilgern, habe sich Wasser bringen lassen, und auch die Gesunden hätten auf seine prophylaktische Wirkung vertraut: "Die Truchtelfinger Frauen wuschen in dem wunderwirkenden Wasser auch die Wäsche ihrer kleinen Kinder."

Ob das Wasser wirklich Heilkraft besaß, lässt sich heute nicht mehr sagen. Die Anlage wird aus anderen gründen gerne besucht – Wanderer genießen die schöne Aussicht über Truchtelfingen und den Talgang. Schon Hermann Conzelmann, der 20 Jahre lang als Wegewart amtierte, hatte – so die Annalen – , erwogen, beim "Heilig Brünnle" eine Schutzhütte zu erstellen, aber der Krieg, der 1939 ausbrach, machte diese Pläne zunichte und brachte nach und nach auch die Wegearbeit zum Erliegen. Immerhin, bereits 1945 machten sich Hermann Conzelmann und seine damaligen Mitstreiter wieder daran, Wege instandzusetzen und zu markieren – einer davon war der Hermann-Maute-Weg, an dem das "Heilig Brünnle" lag.

Und heute? Nach wie vor ist der Albverein aktiv – "wir machen regelmäßig unsere Rundgänge oder schauen bei Meldungen nach der Anlage", berichtet der Ortsvereinsvorsitzender Walter Buschbacher, der gemeinsam mit seinen Mitstreitern dafür sorgt, dass die Anlage stets sauber und in gutem Zustand ist. Das, findet er, sind die Nachgeborenen den Männern schuldig, die das "Brünnle" vor 80 Jahren wieder ans Licht und ins Leben zurückholten.