Nach der Lesung wurde gekauft und signiert – Gerd Stiefels neues Buch interessiert die Burgfelder begreiflicherweise sehr. Foto: Schwarzwälder Bote

Lesung: Gerd Stiefel stellt in der Alten Schule sein zweites Buch "Via Bologna" vor

Albstadt-Burgfelden. Die Burgfelder sind rechtschaffene, ehrenwerte Leute. Alle? Nun, es gibt auch Ausnahmen – um eine, die ihren literarischen Niederschlag gefunden hat, ging es beim jüngsten Burgfelder Abend: Gerd Stiefel las aus seinem Buch "Via Bologna".

Über 40 Zuhörer konnte Horst Landenberger, stellvertretender Vorsitzender des Fördervereins Burgfelden, bei Stefanie Doldinger in der Alten Schule willkommen heißen. Gerd Stiefel, leitender Kriminaldirektor in Konstanz und gebürtiger Ebinger, war trotz widrigen Wetter- und Straßenverhälnisse samt Ehefrau und Sohn vom Bodensee nach Burgfelden gekommen, das in der Geschichte seiner Familie ein nicht ganz unbedeutende Rolle spielt. Von Stiefels direkten Vorfahren sind unverhältnismäßig viele Opfer von Gewaltverbrechen geworden: Sein Urgroßvater Friedrich Stiefel wurde 1893 auf dem Heimweg von Burladingen nach Hermannsdorf erstochen, um diesen Mord, vor allem aber darum, wie die Witwe Karoline Stiefel danach ihr Leben meisterte und ihre Familie durchbrachte, handelt "Stiefels Stein", Gerd Stiefels erster Roman. Er ist eine Hommage an eine starke und mutige Frau. "Ich bin stolz auf sie."

Es gab aber noch einen zweiten Mordfall in der Familie Stiefel, und mit diesem hat sich Gerd Stiefel im Anschluss an "Stiefels Stein" befasst. 1843, genau 50 Jahre vor Friedrich Stiefel, war dessen Großvater Johannes Stiefel – ebenfalls in der Nähe von Hermannsdorf – mit einem Deichselnagel vom Leben zum Tod gebracht worden. Die Umstände der Tat lagen lange Zeit im Dunkeln. "Meine Onkel erzählten immer wieder von dem Mord, aber niemand wusste etwas Genaues." Dem Kriminalisten Stiefel ließen diese Unklarheiten keine Ruhe: Er ging der Sache auf den Grund, verschaffte sich Zugang zu den archivierten Untersuchungsakten und ließ sie aufwendig aus der Kurrentschrift, einer Vorläuferin der Sütterlinschrift, transkribieren. Was er zu Tage förderte, war ein Politikum: Der Mörder hatte sich nämlich nach Italien abgesetzt, und zwischen Württemberg und dem Kirchenstaat gab es kein Auslieferungsabkommen.

Wer der Schurke war? Ein Burgfelder. Jakob Egle wurde 1816 im Haus Nr. 10 geboren, zwei Jahre, bevor es abgerissen wurde. Im Januar 1843 begegnete "der lange Rote", wie er wegen seiner Statur und Haarfarbe genannt wurde, im "Waldhorn" in Hermannsdorf dem Bauern Stiefel und bekam Streit mit ihm, weil er allzu lebhaftes Interesse am Inhalt von dessen Gelebeutel zeigte. Wenig später versuchte er, anderweitige Triebe zu befriedigen und sich an einer Magd zu vergehen. Johannes Stiefel hörte deren Schreie auf seinem Heimweg in Richtung Küche, folgte ihnen in den Wald und eilte der Frau zu Hilfe. Worauf Egle auf ihn einschlug und ihm den Deichselnagel in den Kopf rammte.

Der Mörder flüchtete zu seinen Eltern nach Burgfelden, aber da hielt es ihn nicht lange. Sein weiterer Weg, der über den Bodensee und die Schweiz nach Bologna führt, ist in Gerd Stiefels Roman überwiegend fiktiv. Indes ist belegt, dass Jakob Egle fünf Jahre lang unter dem Namen Giacomo Boss als Grenadier im päpstlichen Fremdenregiment in Bologna diente. Dass er ein Mörder war, kam durch einen Weggefährten, mit dem er sich überworfen hatte, den Zimmermann Florian Rädle, ans Licht. Am Ende siegte die Gerechtigkeit, und Jakob Egle beschloss seine Tage im Gefängnis in Ludwigsburg – allerdings war er nicht als Mörder verurteilt worden. Warum nicht? "Das steht im Buch", sagte Gerd Stiefel. "Lesen sie nach!"

Exemplare hatte er mitgebracht – und natürlich signierte er auf Wunsch. Er selbst erhielt von Uwe Pahl, dem Fördervereinsvorsitzenden, Präsente. Zum Dank für einen spannenden und unterhaltsamen Abend.