Reif für den Abbruch: die 66 Jahre alte Realschule Lammerberg Foto: Archiv

Realschule muss neu gebaut werden. Gesamtkosten für Schulzentrum Lammerberg betragen über 40 Millionen.

Albstadt-Tailfingen - Es kommt wieder mal anders als gedacht: Die Sanierung des Schulzentrums Lammerberg wird nicht 20 Millionen Euro kosten wie bisher veranschlagt, sondern doppelt so viel, über 40 Millionen. Der Grund: Die Bausubstanz erfüllt die Anforderungen nicht mehr.

Die alte Kostenschätzung hatte auf den Ergebnissen einer Machbarkeitsstudie gefußt, die das Architekturbüro Haller 2017 erarbeitet hatte und die für einen Zuschussantrag auf Sonderförderung durch Bund und Länder gedacht gewesen war. Die Stadt bekam seinerzeit einen Zuschuss in Höhe von 3,05 Millionen Euro zugesagt, vergab im Herbst 2018 die Planung – und sah sich im Frühsommer nicht mit einer, sondern mit einer Vielzahl von Hiobsbotschaften konfrontiert.

Die größte: Das Gebäude der Lammerberg-Realschule stammt aus dem Jahr 1953, einer Zeit, als es keinerlei technische Vorschriften für Erdbebensicherheit gab. Es hat neun Zentimeter dicke Decken – heute sind 20 Zentimeter das Minimum, das der Statiker verlangt. Zugegeben, in Einsturzgefahr ist das Gebäude nicht, und das Erdbeben von 1978 hat es auch überstanden – aber in dem Augenblick, in dem gebaut wird, ändern sich die statischen Voraussetzungen, und mit einiger Sicherheit nicht zum Besseren. Die Konsequenz: Ein Neubau muss her.

Zum Progymnasium (PGT): Es ist 20 Jahre jünger als die Realschule und steht solider da – aber der Zahn der Zeit nagt auch an der Bausubstanz, und zwar buchstäblich. Beim Betonguss der Decken wurden nämlich seinerzeit keine Abstandshalter verwendet; die Armierung lag also vor dem Guss direkt auf dem Holz auf – und war nach dem Guss exponiert und entsprechend rostanfällig. Jetzt muss das Eisen abgestrahlt und sauber einbetoniert werden; das bedeutet, dass das Schulhaus bis auf den Rohbau abspeckt. Dass der Brandschutz unter den gegebenen Bedingungen nicht den heutigen Anforderungen entspricht, versteht sich beinahe von selbst.

Eine Untersuchung der Sporthalle Lammerberg hatte seinerzeit nicht zum Auftrag von Walter Haller gehört – die Albstädter Hallensanierung ist bekanntlich ein Projekt für sich. Indes kann die Stadt die Halle nicht einfach ignorieren – und kommt an der Erkenntnis nicht vorbei, dass die Halle zu klein ist: Sie bietet lediglich Platz für ein Spielfeld; schon heute müssen die höheren Klassen in die Lutherschulturnhalle ausweichen. Es bedarf also einer neuen Halle.

Fehlt jetzt noch etwas? Die Abwassergrundleitungen sind marode und müssen erneuert werden – und dann sind da noch die Schadstoffe. In den 1950er- und 70er-Jahren wurden ahnungs- und bedenkenlos Materialien verbaut, die heute als definitiv gesundheitsgefährdend gelten: Asbest im Holzanstrich, in Fassadenplatten, Deckendämmung und Klebstoff, PCB im Weichmacher der Dehnfugenmasse, Teer in der Dachpappe – Schüler und Lehrer haben zwar nichts zu befürchten, solange diese Stoffe gebunden sind und in Ruhe gelassen werden, aber eben das ist nicht mehr der Fall, wenn einmal gebaut wird. Also weg damit!

Was ist zu tun? Der ursprüngliche Plan, beide Schulen zu sanieren und durch einen neuen Zwischentrakt miteinander zu verbinden, ist vom Tisch. Die von der Stadt favorisierte "Lösungsvariante 3.4", die sie dem Gemeinderat am Donnerstagabend vorstellte, sieht so aus: Das PGT wird saniert, am ursprünglichen Realschulstandort und in der Zwischenzone in Richtung PGT entsteht ein Neubau – und da, wo jetzt das einstige Grundschulgebäude steht, eine neue, größere Sporthalle. Und die alte? Wird Mensa.

Die Gesamtkosten dieses Mammutprojekts veranschlagt die Stadt mit 47 Millionen Euro; zieht man den – nun verringerten – Sonderzuschuss für die PGT-Sanierung und den regulären Schulbauzuschuss des Landes ab, bleiben immer noch knapp 42 Millionen Euro übrig. Wie die finanziert werden könnten, darüber müssen sich die Stadträte in ihrer Haushaltsklausur im September den Kopf zerbrechen.

Der Zeitplan sieht so aus: Das PGT wird von Juni 2020 bis September 2021 saniert; die Progymnasiasten kommen in dieser Zeit im ehemaligen Gollé-Haug-Fabrikgebäude in der Lammerbergstraße unter.

Im September 2021 geben sie dort den Realschülern die Klinke in die Hand; diese wiederum bleiben bis März 2023 im Exil. Die neue Sporthalle wird 2023 gebaut.