Hat einen fantastischen Klangkörper dirigiert: Steffen Mark Schwarz, Kantor der Martinskirche Foto: Schwarzwälder Bote

Karfreitagskonzert: Zur Sterbestunde Jesu schenkt die Kantorei der Martinskirche dem Publikum Mozart

Selbst übertroffen haben sich die Kantorei der Martinskirche und ihr Leiter Steffen Mark Schwarz mit dem Konzert zur Sterbestunde Jesu am Karfreitag. Das Requiem von Wolfgang Amadeus Mozart war ein echtes Ereignis.

Albstadt-Ebingen. Großer Andrang am Karfreitag vor der Ebinger Martinskirche: Trotz frühlingshafter, ja österlicher Temperaturen sind viele Besucher gekommen, um Mozarts Requiem zu hören. Denn sie wissen, dass vor dem fröhlichen Osterfest der Karfreitag steht. Leiden und Sterben, Gericht und Sühne werden reflektiert, bevor mit Auferstehung und Vergebung das wichtigste Fest der Christenheit gefeiert wird.

Und wie sollte diese Reflexion des Unfassbaren besser geschehen als mit Musik? Mit Tönen, so zauberhaft und schmerzvoll zugleich, die vom Intriotus bis zum abschließenden Communio Menschen berühren und in den Bann ziehen?

Das Requiem ist für das Schaffen von Wolfgang Amadeus Mozart eher ungewohnt. Er, der sonst in seiner Musik eine perfekte Symbiose des scheinbar Leichten mit dem musikalisch Anspruchsvollen schuf, war hier bei der Auftragsarbeit einer Totenmesse an liturgische Texte gebunden. Inwieweit Mozart sein eigenes baldiges Ableben während der Arbeit am Requiem ahnte, kann nur vermutet werden. Er selbst jedenfalls konnte das Werk nicht vollenden, am häufigsten aufgeführt wird die Fassung, die sein Schüler Franz Xaver Süßmayr fertiggestellt hat. So auch am Karfreitag in der Ebinger Martinskirche, zu Beginn der Sterbestunde Jesu um 15 Uhr. Die Musik in sich wirken zu lassen, ohne die Bedeutung des Tages zu sehen, ist fast nicht möglich – schon äußerlich wird dies durch das dominierende Schwarz der Kleidung deutlich.

Mit der nötigen Strenge ist auch Kantor Steffen Mark Schwarz am Werk, führt seine Kantorei in den zahlreichen Chorparts durch Zorn und Zittern zur Bitte und zum Flehen und zuletzt zum Dank. Die Kantorei der Martinskirche hat eine intensive Zeit des Übens hinter sich, und jede einzelne Chorprobe macht sich in dieser schnell dahinziehenden Stunde bezahlt.

Gerade in den monumental anmutenden Passagen kann die Kantorei überzeugen. So fliegen die Töne bei "Lacrimosa dies ila" empor, symbolisieren die Auferstehung des Leibes. Vielschichtige Emotionen transportiert der Chor bei den vermutlich von Süßmayer beigetragenen Kompositionen des Sanctus und Agnus Dei.

Steffen Mark Schwarz arbeitet nicht zum ersten Mal mit dem Schwarzwald Kammerorchester zusammen. Außergewöhnlicher als bisher ist dennoch diesmal die Besetzung, welche die Komposition Mozarts fordert, denn die herben Klänge, zum Beispiel mit Fagott – Musiker wie Hanno Dönneweg spielen ihre ganze Klasse aus – und Bassetthörner, überwiegen.

Gewohnt herausragend aber ist der Einklang, den das Orchester aus Musikern führender Kulturorchester Deutschlands bietet. Auch in Kombination mit den exzellenten Solisten, allen voran die in Albstadt geborene und geschätzte Sopranistin Carla Thullner. Wenn sie das "Lux aeterna", das "Ewige Licht" erbittet, geht selbiges im Kirchenschiff auf. Zusammen mit Julia Werner (Alt), die an Stimmvolumen fulminant zugelegt hat, Jo Holzwarth (Tenor) und Arthur Canguçu (Bass) bildet sie ein perfektes Quartett. Wenige Soli bietet das Requiem auf, dafür Quartette. Vielleicht, so mutmaßt Kantor Schwarz im von Martin Franzki fantastisch gestalteten Programmheft, um angesichts von Tod und Trauer keinen aus dem großen Ganzen herausstellen?

Vielleicht kam daher der Gedanke, dem Requiem noch ein Terzett des weniger bekannten Komponisten Robert Parsons voranzustellen. Gregorianisch mutet es an, ganz ohne Begleitung füllen Alt, Tenor und Bass mit ihren Stimmen den Altarraum der Kirche. "In Manus Tuas" heißt das vorgetragene Stück des in der Tudor-Zeit wirkenden Engländers, die Zeile "In deine Hände" gehört auch zu den letzten Worten Jesu am Kreuz. Dessen eingedenk reagieren die Besucher nach den letzten Klängen auch zunächst mit Stille, während die Glocken der Martinskirche läuten. Der anschließende Applaus jedoch ist beseelt und zeigt: Die Martinskantorei, die Solisten und das Schwarzwald Kammerorchester haben sich mit dem gigantischen Werk selbst übertroffen.