Mutige Gründer: Karl und Emilie Conzelmann Foto: Schwarzwälder Bote

Jubiläum: Firma Karl Conzelmann wird 100 Jahre alt / Kollektion "Golden Twenties" als Geburtstagsgeschenk

Das Tailfinger Unternehmen Karl Conzelmann GmbH + Co. KG mit seinen Marken "Nina von C." und "like it!" feiert sein 100-jähriges Bestehen. Das Fest allerdings ist coronabedingt vertagt – auf das 101. Jahr.

Albstadt-Tailfingen. Mit 120 Beschäftigen, einer modernen Strickerei und einer CAD-gesteuerten Zuschneiderei ist die Firma Karl Conzelmann eines der letzten in Albstadt produzierenden Unternehmen der Textilbranche. Viele der gestrickten Stoffe sind Eigenkreationen. Die Firma verarbeitet viel Bio-Baumwolle mit GOTS-Zertifikaten und hochfeine Modalqualitäten. Hinzu kommt die Nähe zu hiesigen Ausrüstungsbetrieben – all das trägt, darauf ist das Familienunternehmen stolz, zur Nachhaltigkeit bei.

Bereits seit den 1970er-Jahren verwendet Conzelmann zum Bleichen der Stoffe umweltfreundliche Wasserstoffperoxid-Bleiche statt Chlorit-Bleiche. Gleichzeitig achtet das Unternehmen in allen Bereichen auf möglichst energieeffiziente Produktion. Für Frühjahr und Sommer 2021 haben die Tailfinger die Basic-Kollektion "Ecosoft" aus recycelten Rohstoffen entwickelt – ein weiterer Schritt in Sachen Nachhaltigkeit.

Eine kleine Näherei für Schnellschüsse und Muster ist ebenfalls noch in Albstadt angesiedelt und sorgt dafür, dass die technische Kompetenz des Unternehmens weiterentwickelt wird. Ansonsten fertigt Karl Conzelmann in eigenen Betrieben in Portugal und Rumänien mit teilautomatisierten Nähmaschinen. Das Werk in Portugal ist gar erst in diesem Jahr nochmals erweitert worden, um das Unternehmen unabhängiger zu machen.

Die Kollektionen "Nina von C." und "like it!" sind feste Größen im Handel. Außerdem verkauft das Unternehmen seine Produkte an Versender, über den eigenen Onlineshop und über Outlets.

Mit 2000 Mark, ein paar gebrauchten Rundstühlen und Nähmaschinen sowie einer großen Portion Mut gründeten Strickmeister Karl Conzelmann und seine Frau Emilie 1920 im eigenen Wohnhaus ihre Firma und stellten Einsatzhemden her. In den 1930er-Jahren wuchs die Firma schnell – ein Neubau in der Kleinen Straße in Tailfingen zur Produktion von Damen-, Herren und Kinderunterwäsche war nötig. Weil Karl Conzelmann kein Mitglied der NSDAP war, legten die Nazis den Betrieb 1942 still, und erst 1947 durfte das Unternehmen – unter Aufsicht der französischen Besatzer und schwierigsten Umständen – weitermachen.

Der Neuanfang bringt neue Chancen

Die Zeit des Neuanfangs brachte aber Chancen: Sohn Walter Conzelmann erkannte die Zeichen der Zeit und bot ab 1952 seine Ware auch in Warenhäusern an. 1953 zog sich Karl Conzelmann aus der Geschäftsleitung zurück, blieb aber noch lange beratend in der Firma. Mit nur 22 Jahren übernahm Walter Conzelmann die Geschäftsleitung, reduzierte das Sortiment, konzentrierte sich ab 1956 auf modische Damen- und Kinderunterwäsche, baute das Exportgeschäft in die Schweiz, die Benelux-Länder und nach Frankreich auf. Im Wirtschaftsboom der rund 100 Textilfirmen, die es in den 1960er-Jahren alleine in Tailfingen gab, hatte Karl Conzelmann als Familienunternehmen einen weiteren Vorteil: Entscheidungen fielen schnell. Nach dem Tod des Gründers 1967 im Alter von 82 Jahren führte Walter Conzelmann das Unternehmen weiter, gemeinsam mit seinem Bruder Hans und ab 1969 mit seiner Schwester Anna Kißling.

Ab 1970 wurde die Konfektion teilautomatisiert. 1971 baute Conzelmann ein Logistikzentrum und eine Strickerei am Reislebach und gründet mit Kollegen einen Ausrüstbetrieb und eine Textildruckerei.

Mit der Umstellung von Chlorid- auf Wasserstoffperoxidbleiche bewies das Unternehmen früh Umweltbewusstsein und bot als erstes weltweit Feinrippware in 20er-Teilung – 20 Maschen pro Inch – an. Der Eintrag der Marke "Nina von C." 1979 war eine strategische Weichenstellung. Weil Importe aus Billiglohnländern stiegen, setzte Conzelmann in den 1980er-Jahren vermehrt auf Export: 55 Prozent der Waren gingen ins Ausland. 1986 investierte die Firma mit einem CNC-Cutter und einer Stanzmaschine in Zuschnitttechnik und lagerte 1991 erstmals Produktionsteile ins europäische Ausland aus: In Portugal entstand ein Konfektionsbetrieb.

Die dritte Generation übernimmt das Ruder

Mit Doris Biedermann rückte 1994 die dritte Generation in die Geschäftsleitung auf. Die Jahrtausendwende brachte neue "Nina von C."-Shops, Corners und Flaggshiff-Flächen im Handel. Große Werbekampagnen steigerten den Bekanntheitsgrad der Marke. 2002 eröffnete Conzelmann in Rumänien sein zweites Werk und investierte 2004 in eine CNC-Zuschnittanlage für Schlauch- und Breitware. "Nina von C." führte als neues Segment Loungewear ein.

2005 wurde Matthias Conzelmann weiterer Geschäftsführer, und mit Martina Bandte war 2010 das Dreier-Gespann der Geschäftsführung in der dritten Generation komplett – Seniorchef Walter Conzelmann steht aber immer noch beratend zur Seite. 2010 kam auch das junge Label "like it!" auf den Markt, und "Nina von C." wurde strategisch neu ausgerichtet: emotionaler. Der Slogan "Ein Teil von mir" soll die Verbundenheit der Mitarbeiter mit dem Unternehmen, aber auch den Komfort der Wäsche für Trägerinnen dokumentieren.

Seine Produktions- und Logistikfläche hat Conzelmann 2019 um 2600 Quadratmeter weitert, einen dritten Cutter angeschafft, die Strickerei in das historische Gebäude TA/Amalon verlagert, Zuschnitt und Lager neu organisiert.

Für den Handel hat Karl Conzelmann ein Paket an Jubiläumsaktionen geschnürt, darunter die Jubiläumskollektion "Golden Twenties", die im September auf den Markt kommt – passend zur Fortsetzung der Serie "Babylon Berlin".

Getroffen hat die Corona-Krise das Unternehmen freilich schon – durch den Lockdown fehlten über Wochen die Umsätze. Zwar bestelle der Handel im Moment gut nach – insgesamt werde man jedoch durch den Wegfall des Dirndl-BH und der Dirndl-Blusen den Umsatz des Vorjahres kaum erreichen, heißt es aus der Firmenzentrale.

Trotzdem blickt das Familienunternehmen im Jubiläumsjahr "hoffnungsvoll in die Zukunft" – und freut sich auf das Fest, das im 101. Jahr nachgeholt werden soll.