Manuela Haider Foto: Lengerer Foto: Schwarzwälder Bote

Gewerbesteuer-Hebesatz: Freie Wähler reagieren auf Aussage von Thomas Lindner

Zur Aussage von Thomas Lindner zur letztlich nicht beschlossenen Erhöhung des Gewerbesteuersatzes in Albstadt hat die Fraktion der Freien Wähler im Gemeinderat eine Stellungnahme verfasst.

Albstadt (key). Im Bericht "Lindner will keinen ›Kampf‹ mehr führen" vom 16. Mai wird Thomas Lindner, Aufsichtsratsvorsitzender der Firma Groz-Beckert und Vorsitzender des IHK-Gremiums Zollernalb, mit einer Aussage zum Thema Gewerbesteuer in einer Videokonferenz zitiert.

Darin hatte Lindner goutiert, dass der Antrag der Freien Wähler im Verbund mit den Fraktionen Bündnis ’90/Die Grünen und SPD im Dezember 2019 auf Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes in Albstadt gescheitert war und eingeräumt, dass er sich bei mehreren solcher Anträge in den vergangenen Jahren im Hintergrund gegen eine Erhöhung eingesetzt habe.

Darauf antwortet im Namen der Fraktion Freie Wähler nun Fraktionschefin Manuela Heider. "Während sich Herr Dr. Lindner und einzelne Fraktionen des Gemeinderats darüber entrüstet hatten, dass wir in Zeiten der Hochkonjunktur den Hebesatz der Gewerbesteuer nach über 30 Jahren an den vergleichbarer Städte anpassen wollten, ist es für die Freien Wähler selbstverständlich, diese Diskussion nicht in der aktuellen Krisensituation zu führen", heißt es darin. Lindner habe seine Hoffnung geäußert, dass er "keinen Kampf mehr mit den Mitgliedern des Gemeinderats um die Anhebung des Hebesatzes der Gewerbesteuer führen müsse", schreibt Heider und fügt hinzu: "Wir schließen uns dieser Hoffnung an, denn nur der Gemeinderat selbst sollte unabhängig und ohne Druck von außen entscheiden, worüber wann abgestimmt wird."

Ihre Fraktion habe schon mehrfach betont, "wie hoch wir die Bedeutung der mittelständischen Unternehmen für die Entwicklung unserer Stadt schätzen". Durch unternehmerischen Mut und innovative Entwicklungen hätten Albstadts Firmen den Strukturwandel der Textilindustrie "in beeindruckender Weise bewältigt. Deshalb wäre der Hebesatz auch nach der Anpassung weiterhin im unteren Drittel vergleichbarer Städte geblieben", betont sie.

Die Corona-Krise trifft auch die Kommunen finanziell hart

Die durch die Coronavirus-Pandemie hervorgerufene Wirtschaftskrise treffe zwar die Unternehmen, ganz besonders aber auch die kommunale Ebene hart: Während der Finanzkrise 2009/2010 habe Albstadt durch strenge Haushaltskonsolidierung stringent gespart, und auch jetzt liege die Priorität auf dem Ausbau wichtiger Standortfaktoren wie Betreuung und Bildung. "Genau dies kommt den Forderungen der Unternehmen nach Vereinbarkeit von Familie und Beruf nach und wirkt dem Fachkräftemangel entgegen", so Heider weiter.

Sie verweist auf die Kosten von mehr als 48 Millionen Euro für die Sanierung des Schulzentrums Lammerberg sowie die Kosten für den Ausbau der Digitalisierung, die ebenfalls im zweistelligen Millionenbereich lägen, und fragt: "Wie sollen die Investitionen in die Infrastruktur unserer Stadt finanziert werden?"

Das Argument der Freien Wähler für die Anpassung der Gewerbesteuer sei gewesen, diese Ausgaben nicht nur über Gebührenerhöhung oder auf Kosten der künftigen Generationen durch Schulden zu bezahlen, sondern sie solidarisch auf mehrere Schultern zu verteilen. "Dennoch akzeptiert unsere Fraktion selbstverständlich die Entscheidung der Mehrheit des Gemeinderats, auf eine Erhöhung der Gewerbesteuer zu verzichten." Der Antrag im vergangenen Jahr – der zweite seiner Art – sei im Übrigen nicht von den Freien Wählern ausgegangen.

"Als Gemeinderätinnen und Gemeinderäte sind wir allen Bürgerinnen und Bürgern verpflichtet, auch denen, die keine große Lobby haben", schreibt Manuela Heider abschließend. "Kommunalpolitik lässt sich nur dann erfolgreich gestalten, wenn alle Beteiligten zusammenwirken und Herausforderungen gemeinsam angehen – gerade in schwierigen Zeiten!"