Wie viel Leben in einer Baumwurzel herrscht zeigt Revierleiterin Annette Schmid beim Waldbegang in Onstmettingen. Foto: Eyrich

Revierförsterin Annette Schmid zeigt: Grünröcke sind unverzichtbar zum Eindämmen der Schwarzkittel.

Albstadt-Onstmettingen - Widersprechen sich Waldschutz, Waldbewirtschaftung und Jagd? Annette Schmid kann das dementieren und tut es auf höchst unterhaltsame Weise. So wird der Waldbegang zum Vergnügen.

So was gibt’s: einen "Wellnessbereich für Wildsauen" im Wald. Quasi ein "WWW". Annette Schmid, die Revierförsterin in Onstmettingen, sowie die Jäger vom "Jagdbogen Süd" führen den Ortschaftsrat um Ortsvorsteher Siegfried Schott und ein stattliches Trüppchen Zuhörer dorthin, wo die Schwarzkittel baden gehen, um ihre Parasiten loszuwerden: zu einem kleinen Tümpel, mitten auf einem von Farnen dicht bewachsenen Waldstück. Anschließend noch eine Rückenmassage an einem Baumstamm, und schon seien die Borstentiere ihre Plagegeister los, erklärt Senad Nacicevic, einer der Jäger, die oberhalb einen Hochsitz haben: Weil der Boden auf der Alb meist sehr wasserdurchlässig sei, gebe es wenige Möglichkeiten für die Sauen, sich zu suhlen", erklärt Annette Schmid.

In Absprache mit den Jägern habe man deshalb den Tümpel etwas vergrößert – ein Paradebeispiel dafür, wie gut die Zusammenarbeit zwischen Forst und Jagd funktioniert.

Ein weiteres: ein Feuchtbiotop, in dem sich schon nach kurzer Zeit Molche und Wasserpflanzen angesiedelt haben, entstanden durch das Rücken von Stämmen. "So etwas zu erhalten, geht nicht immer", sagt die Försterin, "aber wo möglich, tun wir es schon."

Nicht nur zum Rücken gefällter Bäume, sondern auch zur besseren Sicht für die Jäger schlagen die Waldarbeiter manche Schneise in den Wald, wie Schmid erklärt. Denn Jagen ohne zu sehen, das geht nicht, und Jagen muss unbedingt sein, betont Silvia Hager. Sie ist im Liegenschaftsamt der Stadt Albstadt zuständig für die Bereiche Forst und Jagd und hat seit Einführung des Programms "Rehwildbejagung ohne behördlichen Abschussplan" deutlich mehr Verständnis für die Jäger, wie sie betont, als die Gruppe an einer Fläche mit noch jungen Nadelbäumchen stehen bleibt. "Die Jäger müssen richtig arbeiten, damit wir einen tollen Wald haben", betont Hager und zeigt auf die orangenen Plastikklammern, welche die Spitzen der Bäume vor Wildverbiss schützen sollen, bis sie der Verbisszone entwachsen sind. Würde dort niemand das Wild schießen, "wäre in fünf Jahren alles kahl – und Fuchs und Dachs im Ort drin", betont Nacicevic. Albstadt sei deshalb ganz abgekommen von Abschusszahlen, fügt Hager hinzu: "Wir gehen jedes Jahr raus, schauen uns die schwierigen Flächen an, und dann ist das Waldbild ausschlaggebend."

Nur eines beklagen die Jäger: Dass die Schonzeit acht Monate dauert. Gerade zwischen Januar und April sei der Verbiss an den Bäumen am stärksten – und das Gewehr zu Hause im Schrank.

Was Dachse und Füchse angeht, so müssen die Jäger die Schonzeit nicht immer einhalten: "Vom Tierarzt haben wir die Genehmigung, kranke Tiere auch vor dem 1. August zu schießen", erklärt Senad Nacicevic, denn "wir müssen den Bestand regulieren, um die gefährliche Staupe einzudämmen". Viruserkrankung, gegen die Hunde und Katzen jährlich geimpft werden müssen, sei verbreitet in der Region, bestätigt die Försterin, und sowohl Füchse als auch Dachse hätten keine Scheu davor, in die Ortschaften zu gehen. Letztere richteten außerdem teils enormen Schaden in der Landwirtschaft an.

Mit Zäunen ist ihnen nicht beizukommen. Den Hasen, Rehen und sonstigen Feinschmeckern, die ganz scharf sind auf junge Tannen-Triebe – Annette Schmid: "Ein echter Leckerbissen!" –, freilich schon. Manche Kulturen werden deshalb umzäunt, denn schon ein Tag reiche, um sie zu ruinieren.

Gegen die Autofahrer, die verbotswidrig im Wald herumfahren, helfen die Zäune freilich nicht. Dabei – das zeigt der dreistündige Spaziergang – ist der Wald doch am schönsten, wo keine Zivilisationsgeräusche und keine Autoabgabe stören, etwa in der alten Buchenkultur, die alle Teilnehmer staunen macht: "Hier geht einem das Herz auf", sagt Annette Schmid, "und diese Baumgruppe werden wir auch erhalten", schon weil sie wichtig sei als Habitat für Höhlenbrüter, die in den kleinen Höhlen der riesigen Stämme lebten.

So endet der Waldbegang mit einem Wow-Effekt, und sowohl Annette Schmid als auch die Jäger um Hans-Joachim Seizinger und Senad Nacicevic erhalten Applaus. "Ich bin sehr froh, dass die Zusammenarbeit zwischen Jagd, Forst und Kommune bei uns so gut funktioniert", freut sich Ortsvorsteher Siegfried Schott – "das ist nicht selbstverständlich".