Albstadt - In Albstadt ging die erste Runde der Oberbürgermeisterwahl unentschieden aus. Eine Sensation – denn der Name des Herausforderers, der dem Amtsinhaber nun im Nacken sitzt, stand gar nicht auf den Stimmzettel.

Dass sich bei einer Bürgermeisterwahl zwei Kandidaten ein Kopf-an-Kopf-Rennen liefern, kommt vor. Aber dass ein Kandidat nach dem Urnengang fast gleichauf mit dem Amtsinhaber liegt, obwohl er erst nach Ende der Bewerbungsfrist und zwölf Tage vor dem Wahltermin auf der Bildfläche aufgetaucht war, dürfte ein Novum im Land sein, zumindest für ein Mittelzentrum mit rund 45.000 Einwohnern. Der Fall ist am Wochenende eingetreten. In Albstadt distanzierte Oberbürgermeister Jürgen Gneveckow seinen Herausforderer Klaus Konzelmann nur um 1,3 Prozent der Stimmen – er brachte es auf 44,7, Konzelmann auf 43,4 Prozent.

Der Unterschied: Gneveckow, der von der CDU unterstützt wurde, hatte seine Kandidatur bereits Monate zuvor angekündigt und sich frühzeitig beworben – von Klaus Konzelmann, einem Kriminalhauptkommissar, der seit 21 Jahren die Freien Wähler im Albstädter Gemeinderat vertritt, wusste am Abend des 9. Februar, als die Bewerbungsfrist abgelaufen war, kein Mensch etwas.

Wer den Namen Klaus Konzelmann auf den Stimmzettel schrieb, konnte einiges falsch machen

Es deutete also alles auf einen Durchmarsch hin – und das verdross offenbar mehr Albstädter als geahnt. Am 23. Februar kündigte ein Dutzend Bürger per Zeitungsinserat an, dass sie den Namen des populären Stadtrats Klaus Konzelmann auf ihren Stimmzettel schreiben würden und alle anderen Albstädter aufforderten, es ebenso zu halten: Sollte Konzelmann die Wahl gewinnen, sei er bereit, sie anzunehmen. Einen Tag später bekräftigte der Kandidat, der eigentlich keiner war, diese Zusage öffentlich, in den Folgetagen rührte er auf den Albstädter Wochenmärkten, in den Medien und im Internet die Werbetrommel in eigener Sache, und gab seinen Posten im Gemeindewahlausschuss auf – er war ja nun befangen.

Die Resonanz war überraschend groß – allerdings mussten Konzelmanns Wahlkampfhelfer einigen Aufwand treiben, um dem Wähler klar zu machen, was sie von ihm erwarteten. Albstadt wird gerne als "ABC-Stadt" bezeichnet", weil die drei Namen, die im Telefonbuch den meisten Platz in Anspruch nehmen, Alber, Bitzer und Conzelmann lauten. Wer am Sonntag den Namen Klaus Konzelmann auf den Stimmzettel schrieb, konnte einiges falsch machen: Selbst wenn er die Klippe des Initials – K statt des häufigeren C – umschiffte, musste er dennoch die volle Adresse hinschreiben, da es mindestens zwei Klaus Konzelmanns in Albstadt gibt. Nicht von ungefähr war die Zahl der ungültigen Stimmen mehr als fünfmal so hoch wie im Jahr 2007.

Im zweiten Wahlgang am 22. März entfällt dieses Problem, denn jetzt kandidiert Klaus Konzelmann offiziell – ein Kreuzchen genügt. Wäre es wirklich eine so große Überraschung, wenn er zum Oberbürgermeister von Albstadt gewählt würde? Vielleicht doch nicht – die Albstädter löcken am Wahltag gerne wider den Stachel: 1983 holte der "Remstal-Rebell" Helmut Palmer 27 Prozent, 1991 musste Hubert Wicker, CDU-Kandidat und Wahlfavorit, gegen seinen Herausforderer Hans-Martin Haller die Segel streichen, und 1999 kam Haller seinerseits gegen Gneveckow unter die Räder. Bürgerfern sei er und habe sich im Amt verschlissen, hieß es damals – mit ganz ähnlichen Vorwürfen sieht sich heute Jürgen Gneveckow konfrontiert.

Info: Reaktionen

Klaus Konzelmann:

"Sprachlos und überwältigt" hat sich Klaus Konzelmann auf seiner Facebook-Seite gezeigt. Der Kriminalhauptkommissar, der den Freien Wählern angehört, bedankte sich für die vielen Stimmen. Eine bedeutende Rolle für das gute Abschneiden des dreifachen Vaters dürfte der von seinem Sohn und dessen Kumpel gestaltete Auftritt in Facebook gespielt haben. Als Mitglied im Posaunenchor und Erster Vorsitzender des Verschönerungsvereins Truchtelfingen, als aktiver Jäger und Mitglied im Aufsichtsrat der kommunalen Wohnungsunternehmen ist er bestens vernetzt.

Jürgen Gneveckow:

Der CDU-Mann sieht das Wahlergebnis naturgemäß mit "gemischten Gefühlen". Der 62-Jährige hadert damit, dass er für den erhöhten Trinkwasserpreis in der Kommune verantwortlich gemacht werde. "Das hat die schwäbische Sparsamkeit herausgefordert." Doch im Aufsichtsrat der Stadtwerke hätten die Vertreter aller Fraktionen, darunter auch zwei freie Wähler, für die Preiserhöhung gestimmt. Dass ihm der Beschluss nicht allein zugerechnet werden könne, will er nun bis zum entscheidenden Wahlgang am 22. März verstärkt erläutern.