Udo Hollauer (Zweiter von links) informierte sachbezogen und zeigte den Besuchern alle Ecken des Thalia. Foto: Karina Eyrich

Udo Hollauer lässt beim Rundgang mitt 100 Leuten hinter die Kulissen blicken. Flair konkurriert mit Kosten.

Albstadt-Tailfingen - Muss das Thalia-Theater abgerissen werden, nur weil die Stadt es nach dem Bau der Multifunktionshalle nicht mehr betreiben wird? Beim Blick hinter die Kulissen auf Einladung des Vereins Tal-Gang-Art wollten sich am Dienstag gut 100 Albstädter Klarheit verschaffen.

Trotz doppelter Funktion – als Baubürgermeister und Vorstandsmitglied des Kulturvereins "Tal-Gang-Art" – hat Udo Hollauer es geschafft, nicht nur kompetent, sondern auch neutral jene Fakten zu präsentieren, die zum Entschluss geführt haben, das Thalia-Theater nicht weiter zu betreiben, sondern in die geplante Multifunktionshalle auf dem Areal der Zollernalbhalle – sie wird ebenfalls ersetzt – ein Theater-Modul einzubauen.

Die Zahl von elf Millionen Euro Kosten, die für das Gesamtwerk veranschlagt waren, korrigierte Hollauer angesichts der wachsenden Anforderungen an die Halle – auch die Festhalle Ebingen soll sie ersetzen – freilich nach oben: auf 17 bis 18 Millionen Euro.

Ins Thalia – von 1953 bis 1978 Kino, 1980 um ein Foyer erweitert und seit 1984 Theater – sei seit der Generalsanierung 1984/’85 nicht mehr viel investiert worden, so Hollauer. Abgesehen von der Lüftungsanlage 2001, der Lautsprecheranlage 2002 und der Sanierung eines kleinen Flachdachs.

225 Objekte unterhalte die Stadt – "und was ihr die Kehle zuschnürt, sind die Betriebskosten", die sich im Fall des Thalia auf jährlich 85 000 Euro belaufen. Jede der rund 35 Veranstaltungen im Jahr subventioniere die Stadt also mit 9000 Euro, rechne man die "Lebenszyklus-Kosten" hinzu, also das, was die Stadt in den nächsten 20 Jahren investieren müsste, um das Thalia nach technischen und Brandschutzvorschriften zu sanieren: 3,1 Millionen Euro. Diese mit Betriebskosten samt Preissteigerungen summiert, kämen 270 000 Euro pro Jahr heraus – zuviel. Zumal angesichts der Tatsache, dass auch die Zollernalbhalle 47 Jahre alt sei und saniert werden müsste. Von den 19 weiteren Hallen – elf von ihnen müssten abgerissen werden – ganz zu schweigen.

Der zweite Fluchtweg fehlt – die Empore ist deshalb gesperrt

Wegen des fehlenden zweiten Fluchtwegs sei die Empore inzwischen gesperrt, so Hollauer. Damit falle ein Teil der 525 Plätze weg. Laut Kulturamt sei es schwierig, bestimmte Künstler für Albstadt zu gewinnen: "Die sagen: Das ist mir zu klein."

Aber zieht nicht das Flair, der Charme, auf die eine Zuhörerin zu sprechen kam? Tatsächlich haben einige Künstler beides gelobt, wie aus dem Gästebuch in den Garderoben im Keller – eine Station des knapp einstündigen Rundgangs – hervorgeht. Um Brandschutzertüchtigung jedoch kommt ein Betreiber nicht herum – auch kein privater und kein Verein.

Rolf Gutbrod echauffierte sich darüber, dass die Stadt das Thalia und andere Gebäude habe "vergammeln lassen" – ein Argument, dem Hollauer nichts entgegenzusetzen hatte: Er ist erst seit 2011 im Amt. Dennoch brach er eine Lanze für die neuen Möglichkeiten, die eine Multifunktionshalle biete. Die Zollernalbhalle für Sport in drei Felder abzuteilen etwa, gebe die Decke nicht her – auch wenn der langjährige Hausmeister Hans Schairer darauf hinwies, dass es dort noch nie reingeregnet habe und die Halle in vielerlei Hinsicht nicht sanierungsbedürftig sei.

Hendrik Dahlhoff fragte, wieviel Zeit bleibe, um das Thalia vor dem Abriss zu retten. Seine SPD- und Juso-Genossin Lara Herter hatte bereits Listen mitgebracht, in die Interessenten für einen Förderverein sich eintragen konnten. Bis 2019 werde es auf jeden Fall stehen, so Hollauer. "Und wenn es jemand kaufen will, dann darf er das."

Lara Herter befürchtet, dass "eine Besonderheit" durch eine "Allerweltshalle" ersetzt werde: "Das ist kulturpolitisch ganz fatal." Tal-Gang-Art-Vereinskollege Hollauer gab ihr Recht – was "das Flair dieses Theaters" angeht. "Eine gute Idee erkennt man daran, dass sie von vorne herein ausgeschlossen wird", zitierte sie Albert Einstein – und tat damit ihrerseits Hollauer Unrecht: Die Stadt wolle das Thalia nicht abreißen, betonte er. "Sie wird es nur nicht mehr weiter betreiben."