Walter Stäbler kennt Philipp Matthäus Hahn wie ein Familienmitglied. Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder-Bote

Theologie: Der Waagenpfarrer war nicht nur der Wegbereiter des Computers

Dass Philipp Matthäus Hahn ein exzellenter Techniker und Naturwissenschaftler war, ist in Albstadt hinlänglich bekannt. Dass auch ein bedeutender Theologe in ihm steckte, wussten viele bisher nicht – bis Mittwochabend.

Albstadt. "Nobelpreiswürdig", so meint Walter Stäbler, wäre Philipp Matthäus Hahn nach heutigen Maßstäben als Naturwissenschaftler gewesen. "Seine Rechenmaschine ist ein Meilenstein auf dem Weg zum Computer, und mit seinem Namen verbindet sich die Konstruktion von Großuhren, Taschenuhren und Planetarien", wobei er sich nicht habe entscheiden können zwischen dem heliozentrischen und dem geozentrischen Weltbild. Den Grundstein für die Waagenindustrie im Zollernalbkreis aber habe Hahn gelegt, betont Stäbler, und deshalb trage Eulen nach Athen, wer in Albstadt über den Naturwissenschaftler Hahn spreche.

Der Theologe aus Echterdingen, wo Hahn nach Onstmettingen und Kornwestheim seine letzte Pfarrstelle hatte – die bestdotierte in Württemberg – wollte das nicht, sondern in der Stadtbücherei auf Einladung der Heimatkundlichen Vereinigung Zollernalb über Hahn als Theologen sprechen: über jenen Pfarrer, der um Mitternacht in der Kirche zu den Geistern gepredigt habe, der fünf Mal durchs Examen gefallen sei, ehe er bestand, und der in seinem theologischen Notizbuch – Stäbler hat mit einigen Kollegen die entscheidenden Kapitel transkribiert – viel über sein Denken verraten hat.

Die "Vollendung der Reformation in der Vollendung des Lebens", darum sei es ihm gegangen, so Stäbler. "Im Zentrum von Hahns Theologie stand die Botschaft vom Königreich Christi, das seit den Tagen Christi im Wachsen begriffen ist. Er wollte hinein sehen in den kosmischen Liebesratschluss und den Heilsplan Gottes", dafür sei Paulus’ Brief an die Epheser Hahn besonders wichtig gewesen.

"In jedem wohnt ein kleiner Gott"

Viele Gedanken habe er sich darüber gemacht, "wie überhaupt Welt, Raum und Zeit entstehen könnte", erklärte der Referent, der über Hahn promoviert und mehrere Fachbücher über ihn verfasst hat. "Warum ist überhaupt etwas und nicht vielmehr nichts?" Eine Frage, die sich auch heute nicht nur Theologen stellen.

Weil nach Hahn Gott in jedem wohne und jeder in seinem verständigen Geist ein kleiner Gott sei, habe Hahn keine Scheu gehabt, von sich selbst als kleinem Gott zu sprechen, weiß Stäbler. "In Jesus hingegen wohnten für Hahn zwei Menschheiten: die himmlische, vollkommene und die irdische Menschheit." Als erster Mensch habe Jesus den schon früh für Adam vorgesehenen Weg zur Vollkommenheit und Verklärung erreicht." Stäbler kennt auch die Theologen, die Hahn durch ihr Werk entscheidende Impulse gegeben hätten – Jakob Böhme etwa, Johann Arnd mit seinen "Sechs Büchern vom wahren Christentum" und Johann Albrecht Bengel, mit dem er die Ansicht über den Zeitpunkt der Wiederkunft Christi teilte: 1836 sollte der Herr zurückkommen auf die Erde. Stäbler schmunzelte: Später sei Hahn vorsichtiger mit der Nennung von Daten gewesen.

Hahn habe den Himmel auf der Erde gesehen und die Auferstehung nicht punktuell, sondern als Prozess betrachtet, weiß Stäbler, und auch, dass Hahns Theologie in seiner Zeit auf breite Zustimmung gestoßen sei. "Mit Hahn", so der Referent, "sind wir in der Theologie, aber auch in der Erforschung seiner technischen Produkte noch lange nicht fertig."

 Über Letztere referiert am Sonntag, 5. März, Fritz Brenner im Onstmettinger Philipp-Matthäus-Hahn-Museum im Rahmen einer öffentlichen Führung. Dabei stehen die Hahnsche Rechenmaschine und die astronomische Ludwigsburger Weltuhr im Mittelpunkt. Führungen und Eintritt sind frei; Beginn ist um 14.30 Uhr.