Viel mehr als Spielen ist gefragt, wenn Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen ihre Arbeit gut machen. Foto: Anspach

Stadt passt Bezahlung den tatsächlichen Leistungen an. "Nur" spielen ist Vergangenheit.

Albstadt - "Gleicher Lohn für gleiche Arbeit" gelte für die SPD schon immer, meint Stadträtin Lara Herter. Kein Wunder, dass ihre Fraktion – wie alle anderen – begeistert einem Beschlussvorschlag zum Gehalt pädagogischer Kräfte zustimmte.

Die Zeiten, in denen manche pädagogische Kräfte in Kindergärten sich darauf konzentrieren konnten, mit den Kindern zu spielen und zu basteln, sind längst vorbei. "In den städtischen Kindertagesstätten wird nach pädagogischen Konzepten gearbeitet, die keine Differenzierung zwischen Gruppenleitung und Zweitkraft mehr vorsehen", begründet die Stadt eine Vorlage, die sie am Donnerstagabend dem Gemeinderat präsentierte mit dem Ziel, die Erzieherinnen und Kinderpflegerinnen in andere Tarifgruppen einzugruppieren.

Bei sämtlichen Fraktionen rannte die Verwaltung damit offene Türen ein: "Das Berufsbild erfordert immer mehr an Wissen und Kenntnissen", kommentierte Lara Herter (SPD). "Es gibt keine Kraft mehr in der Kita, die nur unterstützend zuarbeitet", meinte Andreas Laib (Grüne). "Alle haben pädagogische Verantwortung." Philipp Kalenbach (FDP) stieß ins gleiche Horn: "Qualität kostet Geld und angesichts des Fachkräftemangels besteht Handlungsbedarf." Roland Tralmer (CDU) führte mit seiner Einlassung zunächst auf eine falsche Fährte: Die CDU habe nie ein gutes Gefühl dabei, wenn die Schatulle weiter geöffnet werde – zumal die Mittel, die für die neue Eingruppierung nötig sind, nicht im Haushalt eingeplant seien. Allerdings, so Tralmer, sei es "mehr als verdient", wenn die pädagogischen Kräfte mehr bekämen – und auch aus rechtlichen Gründen sei eine Anpassung erforderlich.

Tatsächlich ist die Eingruppierung der Fachkräfte im Tarifvertrag für Sozial- und Erziehungsdienst neu geregelt worden. Bisher waren von den 104 pädagogischen Fachkräften in den städtischen Kitas in Albstadt – sie besetzen 79,3 Vollzeitstellen – 36 Erzieherinnen und 19 Kinderpflegerinnen als "Zweitkräfte" eingestuft. Hatte eine Gruppenleiterin früher noch als Einzige die Verantwortung für Angebotsplanung und -Umsetzung, für Beobachtung, Dokumentation und das Führen von Elterngesprächen, ist das heute anders. Gründe dafür sind laut Stadtverwaltung die Öffnung der Gruppen, die Umsetzung gruppenübergreifender Angebote und des Orientierungsplanes baden-württembergischer Kindergärten. Er sieht vor, dass alle Beschäftigten einer Kita Aufgaben einer Fachkraft übernehmen, die Kinder beobachten, Protokolle und Elterngespräche führen. Kinderpflegerinnen übernähmen damit umfangreichere Aufgaben als es dem bisherigen Anforderungsprofil entspreche.

Befragung zeigt: De facto besteht kein Unterschied

Auch eine Befragung der Albstädter Fachkräfte hat ergeben, dass die Unterscheidung in Gruppenleitung und Zweitkraft de facto nicht mehr besteht. Zudem haben andere Städte und Gemeinden bereits reagiert – den Konkurrenzkampf um Fachkräfte will Albstadt jedoch nicht verlieren.

Folge des gestrigen Beschlusses: Erzieherinnen, die bisher als Zweitkräfte galten, wechseln die Tarifgruppe von S4 nach S8a, Kinderpflegerinnen steigen von S3 in S4 auf – ab dem 1. Januar 2017. 70 000 Euro mehr kostet das die Stadt. Doch Anette Ganter (Freie Wähler) kommentierte treffend: "Solange jene, die unser Geld betreuen, mehr verdienen als jene, die unsere Kinder betreuen, ist die Schatulle noch nicht zu weit offen."