Laura Schmid und Dieter Weitz zauberten auf den historischen Instrumenten beim Festakt im Stauffenberg-Schloss. Foto: Schwarzwälder-Bote

Jubiläum: Musikhistorische Sammlung Jehle ist seit 40 Jahren im Stauffenberg-Schloss zu Hause

"Vorsicht mit Superlativen!", lautet eine alte Regel. Was jedoch beim Jubiläum der Musikhistorischen Sammlung Jehle geboten war, verdient das Prädikat "summa cum laude" – für Musik, Rede und Führung.

Albstadt-Lautlingen. Allein die Musik hätte gereicht, um den Festakt zum Jubiläum "40 Jahre Musikhistorische Sammlung Jehle im Stauffenbergschloss" zu einem Ereignis zu machen am Sonntagabend. Denn Laura Schmid an der Blöckflöte und Dieter Weitz am Cembalo lieferten mit Werken von Johann Joachim Quantz, Arcangelo Corelli und Johann Sebastian Bach – allesamt um die Wende vom 17. zum 18. Jahrhundert aktiv – eine Leistung ab, die Ihresgleichen sucht unter den Musik-Darbietungen der vergangenen Jahre in Albstadt.

Präzise und doch voller Leidenschaft ließ Laura Schmid – eigens aus der Schweiz angereist – ihre Flöte in teils so lebhaftem Tempo singen und jubilieren, dass selbst Flötistin Bettina Leichtle im Publikum den Atem anhielt. Begleitet wurde sie von Dieter Weitz, der mit Verve verdeutlichte, was in jenen alten Instrumenten steckt, an denen die Sammlung Jehle so reich ist.

Dass diese nicht 40 Jahre alt ist, sondern 83, betonte Volker Jehle, der Sohn des Gründers, in einer launigen Rede, die sprachlich alle begeisterte und inhaltlich die zweite Doktorarbeit des Literaturwissenschaftlers hätte sein können: 1934 habe sein Vater mit einem Hammerklavier von 1780 das erste Instrument für die Sammlung gekauft, die 1948 erstmals im heutigen Kunstmuseum ausgestellt wurde, ab 1964 im Obergeschoss des Rathauses dauerhaft öffentlich war, die 1970 die Stadt kaufte und die 1977 ins Stauffenberg-Schloss umzog. Über den Geniestreich des damaligen Oberbürgermeisters Hans Pfarr, dieses von Meisterprüflingen im Stuckateurhandwerk ausgestalten zu lassen, hatte der Erste Bürgermeister Anton Reger zuvor schon berichtet.

Die Tasten dienten als Brennholz

Jehle fügte noch manche Anekdote hinzu, etwa dass die Instrumente bis zum Umbau in einem Schuppen beim Krankenhaus lagerten und eine Orgel von 1842 seitdem "Zahnprobleme" habe: Mit den Pfeifen hätten sich Obdachlose aufgespielt, mit den Tasten "Feuerchen angezündet". Nicht unerwähnt ließ er, dass sein Vater sich früher auch in Naturalien bezahlen ließ, wenn einer die Raten für sein Jehle-Klavier nicht mehr aufbringen konnte. Zahlreiche Originalbilder namhafter Künstler habe ihm das eingebracht, einmal sogar einen halben Zentner Honig.

Überhaupt war Jehles Festrede ein Geschichtenbuch, in dem er nicht nur von seinem Vater Martin Friedrich Jehle, Klavierbauer und Musikhistoriker, seinem Urgroßvater Friedrich Martin Jehle, Stadtpfarrer und Komponist, sowie seinem Großvater Johannes Jehle erzählte, der 1907 das Musikhaus Johannes Jehle – bis zum Marktstraßenbrand in der Nacht zum 8. Januar 1911 an Stelle des heutigen Rathauses, später in der Unteren Vorstadt – gegründet hatte, sondern auch von seinem Bruder Peter, der es ab 1976 leitete. Nebenrollen spielten Johannes Jehles Stiefschwester Frida, die beim Marktstraßenbrand die Ladenkasse rettete, und diverse Mitarbeiter, war das Musikhaus doch nicht nur Verkaufsstelle – auch Instrumente wurden dort gebaut.

Volker Jehle selbst arbeitete seit Mitte der 1970er-Jahre – mit Unterbrechung für seine Promotion – unermüdlich an Verzeichnissen und sammelt weiter: Internet-Auktionshäuser seien da hilfreich, berichtete er, und bei jeder Reise stelle seine Frau eine Liste von Flohmärkten an der Strecke zusammen.

Manche Choralbuch-Sammlung im Bestand wäre heute kaum noch bezahlbar, einige Ausgaben wären teurer als viele der Instrumente, so Jehle. Zur Sammlung zählten außerdem Briefe und Postkarten, Konzertprogramme, Phonographen, Magazine, die Werkstatt des Geigenbauers Herbert Moritz Mönnig und das nicht publizierte Werk Martin Friedrich Jehles "1000 Jahre Musik in Ebingen".

Die Seele der Sammlung ist Ursula Eppler

Ein Extra-Kapitel widmete Jehle seiner Schwester Ursula Eppler, die im Herbst 1982 ihre erste und seither unzählige Führungen geleitet hat, seit zehn Jahren auch in der Stauffenberg-Gedenkstätte. Oft und noch vor "Ebay" habe sie die Sammlung um seltene Stücke erweitert, und ihre Führungen durch die Räume in den Etagen des Stauffenberg-Schlosses machen – angereichert mit Humor und Anekdoten – jeden Rundgang zu einem Erlebnis, selbst für Kinder, die Ursula Eppler gerne mit ihrem Museumskoffer besucht.

Nach dem Festakt konnten sich die Gäste selbst davon überzeugen bei der Führung durch die aktuelle Sonderausstellung zum Thema 500 Jahre Reformation.

  Das Balinger Barockensemble gastiert zum Jubiläum am Mittwoch, 8. November, ab 20 Uhr im Saal des Stauffenberg-Schlosses bei freiem Eintritt. Seit dem Tod des Gründers Gerhard Rehm 2004 spielen Elfriede Dold an Block- und Querflöten, Friedrich Dold an Tasteninstumenten und Blockflöte sowie Hubert Weinundbrot am Fagott als Trio. Auf dem Programm des Konzerts stehen Werke von Georg Philipp Telemann (1681-1767) aus Anlass seines 250. Todestages: die "Methodische Sonate" Nr. 6 G-Dur, die Sonata Es-Dur, die Fantasie fis-moll, die Fantasie g-moll, die Triosonate F-Dur, die "Methodische Sonate" Nr. 10 B-Dur und die Triosonate F-Dur.

"Sein Werk bietet eine unglaubliche Vielfalt an Stilen und Instrumentalkombinationen. Er war produktiv bis ins hohe Alter und immer an der Spitze der neuesten Entwicklungen – fast möchte man behaupten, er habe das Barock nahtlos in die Klassik überführt", schreiben die Musiker.

  Eine Jubiläumsführung mit Ursula Eppler durch die Musikhistorische Sammlung Jehle beginnt am Samstag, 11. November, um 14.30 Uhr. Clemens Müller spielt dann außerdem auf den historischen Tasteninstrumenten.