Unstrittig ist, dass der Angeklagte versucht hatte, einen 17-Jährigen, den er im Erotik-Shop in Ebingen kennen gelernt hatte, zu sexuellen Handlungen zu bewegen – und zwar für Geld. Symbolbild. Foto: dpa

Dorfjugend lag auf der Lauer. 47-Jähriger vom Vorwurf des sexuellen Missbrauchs freigesprochen.

Albstadt - Das Amtsgericht Hechingen hat gestern einen 49-jährigen Mann aus dem Raum Albstadt vom Vorwurf des versuchten schweren sexuellen Missbrauchs freigesprochen. Es sah die in der Anklage erhobenen Vorwürfe nicht als erwiesen an.

Unstrittig ist, dass der Angeklagte Ende 2010 versucht hatte, einen 17-Jährigen, den er im Erotik-Shop in Ebingen kennen gelernt hatte, zu sexuellen Handlungen zu bewegen – und zwar für Geld. Das wäre ein Delikt gewesen, wenn er gewusst hätte, dass der junge Mann erst 17 war – doch der hatte sich, da 17-Jährige noch gar nicht in den Erotik-Shop hineindürfen, um ein Jahr älter gemacht und behauptet, er sei 18 Jahre alt.

Die Versuche, simsend und fernmündlich Kontakte anzubahnen, führten zu einer Verabredung im Albstädter Ortsteil, in dem der damals 17-, heute 18-Jährige zu Hause war. Als Treffpunkt wurde eine Tankstelle vereinbart. Anschließend, so nahm der damals 47-jährige Freier an, werde man einen für seine Zwecke geeigneteren Ort aufsuchen. Diesen Ort gab es freilich nicht. Der 17-Jährige dachte nicht im Traum daran, auf die Wünsche des Älteren einzugehen. Stattdessen hatte er vor, ihn – was er selbst nicht zugab, Gericht, Staatsanwalt und Verteidiger aber übereinstimmend unterstellten – um seine Barschaft zu erleichtern und ihm zudem einen Denkzettel zu erteilen. Letzteres hatte er in vergleichbarer Weise schon einmal in einem anderen Fall getan, an den sich der Verteidiger gut erinnern konnte. Er hatte in diesem Prozess, in dem der 17-Jährige selbst Angeklagter war, einen von dessen Kumpanen verteidigt: "Kenne ich Sie nicht irgendwoher?"

Alter der Opfer spielt wesentliche Rolle

Geschlechts- oder Oralverkehr gegen Bezahlung ist für sich genommen noch nicht strafbar – er wird zum Missbrauch, wenn ein Beteiligter minderjährig ist und zum schweren Missbrauch, wenn er unter 14, also im juristischen Sinne ein Kind ist.

Der vermeintlich 18-Jährige hatte den 47-Jährigen vor dem Rendezvous bei der Tankstelle mitgeteilt, dass er zwei jüngere Freunde mitbringen werde. Wieviel jünger? Bei der Vernehmung durch die Polizei hatte der junge Mann noch ausgesagt, er hätte "13 und 14" gesimst und darauf freudigen Beifall des Geschäftspartners geerntet. In der Gerichtsverhandlung sagte er jedoch "14 bis 16" – was rechtlich gesehen einen großen Unterschied macht – und beschrieb auch die Reaktion des Angeklagten als etwas zurückhaltender: Der sei "nicht abgeneigt" gewesen. Wirklich?

Der Angeklagte beteuerte, er habe den 17-Jährigen lieber allein treffen wollen und ihn das auch wissen lassen. Was stimmte, konnte die Polizei nicht mehr überprüfen: Auf beiden Handys waren die Daten gelöscht worden.

Sollte der 47-Jährige wirklich Zweisamkeit gewünscht haben, so wurde er bitter enttäuscht. An der Tankstelle begrüßte ihn ein dreiköpfiges Empfangskomitee. In den Büschen lagen weitere Jugendliche auf der Lauer – der 17-Jährige, so der Staatsanwalt, hatte offenbar die halbe Dorfjugend mobilisiert. Die erste Frage lautete "Hast du das Geld?". Der 47-Jährige verweigerte die Vorauszahlung, der 17-Jährige reagierte aggressiv, und darauf flüchtete der Gast zur Straße, versuchte Autos anzuhalten, rief die Polizei zu Hilfe und suchte dann das Weite.

Für eine Verurteilung reichte all das nicht aus. Der Staatsanwalt erklärte, seine Anklage stehe und falle mit der Aussage des Hauptbelastungszeugen, die offensichtlich nicht über jeden Zweifel erhaben sei. Der Verteidiger widersprach ihm nicht, das Gericht schloss sich an. Das Resultat: Freispruch.