Viel Liebe zum Detail steckt vor allem in den kleinteiligen Werken. Foto: Schwarzwälder Bote

Jugendstil: Günter Kunz zaubert Glaskunst für den gehobenen Geschmack mit bis zu 2000 Teilen

Günter Kunz pflegt ein aufwendiges und kostspieliges Hobby: Er schafft Kunstwerke aus Glas, besser bekannt als Tiffany-Glaskunst.

Albstadt-Tailfingen. Nach wie vor gefesselt ist Günter Kunz von der Tiffany-Glaskunst: Er kreiert Lampen, Türfüllungen und Fensterbilder, derzeit sogar ein Aquarienoberlicht. Bereits 1986 hatte er diese besondere künstlerische Ausdrucksform für sich entdeckt, die ihm das Gefühl gibt, "als male man ein Gemälde", wie er sagt. Was ein hohes künstlerisches und ästhetisches Gespür für Farben voraussetzt.

Alles hatte damit begonnen, dass Kunz sich eine Tiffany-Leuchte kaufen wollte und durch Zufall auf einen Tiffany-Kurs stieß. Das Gelernte setzte er gleich um und erfüllte seiner Mutter den Wunsch nach einer Tiffany-Türfüllung – sein blumiges Erstlingswerk ziert eine Tür in seinem Tailfinger Haus.

Für den zwischenzeitlichen Unruheständler zählen vor allem Stil, Originalität und Eleganz. Durch warme Farben schafft er eine ganz besondere Stimmung, die auch dann wirkt, wenn eine Leuchte ausgeschaltet ist. Wird sie eingeschaltet, kommen ganz andere Farben zum Vorschein.

Erstmals ausgestellt hat Günter Kunz 1988 in Weinheim, 1991 auf dem Maimarkt in Mannheim und 1993 auf dem Markt in Weinheim. Nachdem er sein Haus auf der Alb renoviert hatte, verbringt Kunz nun fast jede freie Minute mit Tiffany.

Dem Wunsch seines Sohnes nach einem Oberlicht für ein großes Aquarium kommt er gerne nach: Zunächst zeichnet er für jedes Glasteil ein Muster aus Karton, überträgt es auf das Replikatglas, schneidet es mit dem ölbetriebenen Glasschneider und schleift. Beim Brechen und Schleifen hat Kunz sich an den Kanten – schärfer als eine Rasierklinge – auch schon mal blutende Finger eingehandelt, als er noch nicht so viel Übung hatte.

Jedes einzelne Glassteilchen, so groß wie ein Fingernagel, fasst er dann in Kupferfolie und lötet mit Lötzinn alles zusammen – je höher der Zinngehalt, desto haltbarer der Lötzinn, aber auch umso teurer. Dafür überdauern die kostbaren Kunstwerke aber auch Generationen.

Was ist die große Kunst dabei? Zunächst gilt es, sämtliche Glasteilchen auf dem Leuchttisch zu positionieren, um zu sehen, wie die Farben miteinander harmonieren, dann werden sie auf die halbrunde Fiberglasform übertragen respektive geklebt. Große Geduld und viel Gespür braucht Kunz für das Zusammenstellen der 420 Glasteile, aus denen die Original Tiffany-Leuchte besteht – und sehr viel Fingerspitzengefühl. 106 Arbeitsstunden pro Leuchte kommen so zusammen.

Die kunstvollen Gemäldegläser, die schon für sich allein wirken, wenn sie noch nicht verarbeitet sind, kommen aus Amerika, wo sich Glashütten darauf spezialisiert haben. Heimisches Glas ist weniger hochwertig. Zu den hohen Kosten tragen außerdem teure Teile wie die Lampenfüße bei – allein die Materialkosten liegen bei rund zweieinhalbtausend Euro.

Auf Günter Kunz wartet inzwischen seine nächste große Herausforderung, nämlich die Herstellung der "Wisteria"-Tischleuchte. Sie besteht aus nicht weniger als 2000 Glasstücken – ein Puzzle.

Weitere Informationen: gwkunz@freenet.de

Der New Yorker Louis Comfort Tiffany (1848 bis 1933) war als Maler und Glaskünstler einer der bedeutendsten Vertreter des Jugendstils. Seine ersten Bilder präsentierte er 1867 nach dem Ende einer Reise von England über Irland, Frankreich und Italien nach Sizilien in der National Acedemy of Design, die ihn 1870 als Mitglied aufnahm. 1868 besuchte er Leon Adolpe Auguste Belly, der orientalische Landschaften malte, und reiste 1870 nach Tunesien, Marokko und Ägypten, wo er sich Inspirationen für sein berühmtes Lüster-Dekor holte.

Für das von ihm 1879 gegründete Einrichtungshaus "Tiffany Glass and Decorating Company" war er als Glaskünstler, Maler und Kunstgewerbler tätig. Das Verbinden von Glasstücken machte Tiffany weltberühmt. 1894 wurde sein Verfahren patentiert.