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Der Gesamtkirchengemeinderat der evangelischen Kirchengemeinde Ebingen hat zur Probe schon mal

Der Gesamtkirchengemeinderat der evangelischen Kirchengemeinde Ebingen hat zur Probe schon mal abgestimmt: Mit 28 von 29 Stimmen – bei einer Enthaltung – haben dessen Mitglieder die Fusion der Martins-, der Thomas- und der Friedenskirchengemeinde goutiert. Sieht so die Basisdemokratie in der evangelischen Kirche aus?

Gewiss: Die Mitglieder der Kirchengemeinderäte sind in einer repräsentativen Demokratie, in der das auch politisch so funktioniert, zu Stellvertretern der Gemeindeglieder gewählt worden und haben von ihnen das Mandat erhalten, Entscheidungen für sie alle zu treffen. In Zeiten, in denen – politisch wie kirchlich – ein Mangel an Demokratie beklagt wird, hätte es einer großen Kirchengemeinde, die mehrere Tausend Gemeindeglieder umfasst, allerdings gut zu Gesicht gestanden, die Meinung – und vor allem die Ideen und Vorstellungen – der Gemeindeglieder einzuholen, ehe der Vorsitzende des Gesamtkirchengemeinderats im Kirchenbrief durchblicken lässt, dass de facto alles entschieden sei. Was erwarten die Verantwortlichen bei den in der nächsten Woche anstehenden Gemeindeforen noch zu hören von der Basis? Widerspruch zwecklos: Das Gremium, das zu entscheiden hat, hat sich ja bereits festgelegt.

Beteiligungsmöglichkeiten? Gab es bisher keine. Selbst die Stadt Albstadt, die nicht immer als Basisdemokratie alter Schule galt, hat in den zurückliegenden Jahren aus Fehlern gelernt und sich bei der Planung von Projekten für die Bürger auch deren Ideen und Meinungen bedient: Das Stadtentwicklungskonzept, der Mehrgenerationenplatz an der Klarastraße und ein ähnliches Projekt in der Oststadt sind Beispiele dafür. Die evangelische Gesamtkirchengemeinde Ebingen hat darauf verzichtet und ihren Gemeindegliedern damit auch die Möglichkeit versagt, die Kirche der Zukunft mitzugestalten.

Hat sie eine Zukunft? Das wird sich zeigen. Wenn von noch etwas mehr als 6000 Gemeindegliedern – Anfang der 1970er-Jahre waren es laut Pfarrer Walter Schwaiger mehr als 10 000 – weit weniger als 100 am Sonntag den Weg in ihre Kirche vor Ort finden und damit nicht einmal 300 im größten Albstädter Stadtteil, dann stellt sich die Frage, ob es nur an der allgemeinen Kirchenmüdigkeit der Menschen und am Bedürfnis liegt, sonntags auszuschlafen. Andere – katholische, evangelische, evangelisch-methodistische und weitere Kirchengemeinden, auch in Albstädter Stadtteilen – zeigen, dass es sehr wohl möglich ist, mehr Kirchgänger anzuziehen als jene, die gehen, weil sie schon immer gegangen sind. Dass die Kirchen bei Konzerten – vor allem in der Martins-, aber auch in der Thomaskirche – weit voller sind als bei reinen Glaubensveranstaltungen, sollte den Verantwortlichen zu denken geben: gerade in einer Zeit, in der das Bedürfnis der Menschen nach spiritueller Führung doch viel größer ist als jenes nach schöner Musik.

Kirche muss mehr leisten: Inspiration, Halt, das Beflügeln des Geistes. Sie muss streitbar sein, den Geist anregen, zum Nachdenken herausfordern. All das hat Jesus Christus, wie es in der Bibel heißt, und all das hat auch Martin Luther geleistet. Eine Kirche, die sich nicht als Schleifstein des menschlichen Denkens anbietet, die nicht aufrüttelt, sondern nur Gebäude verwaltet und Gremien fusioniert, hat es schwer in der Zukunft.