Roland Tralmer, CDU Foto: Schwarzwälder-Bote

Gewerbesteuer: Ratsmehrheit lehnt von den freien Wählern beantragte Erhöhung des Hebesatzes ab

Albstadt. Der Vorstoß kam überraschend, aber nicht aus vollkommen heiterem Himmel – schon vor Jahresfrist hatte Manuela Heider, Fraktionschefin der Freien Wähler, in ihrer damaligen Haushaltsrede im Albstädter Gemeinderat angedeutet, dass sie und ihre Fraktion etwaige finanzielle Engpässe der Stadt nicht ausschließlich für ein Ausgabenproblem hielten – und den Gewerbesteuerhebesatz von 335 v. H. Punkten nicht für in Stein gemeißelt. Diesmal ließ sie den Worten Taten folgen: Die Freien Wähler stellten den Antrag, den Gewerbesteuerhebesatz auf 350 v. H. zu erhöhen. Ihre Begründung: Innerhalb der "Städtegruppe B", zu der Albstadt gehört, liegt es, wenn man die 108 Städte nach Höhe des Steuersatzes anordne, auf Platz 103, und selbst nach einer Erhöhung würde es das untere Tabellendrittel nicht verlassen. Albstadt könne angesichts der anstehenden Aufgaben etwas mehr Liquidität gut brauchen und habe es auch nicht nötig, im Standortwettbewerb ausschließlich auf eine niedrige Gewerbesteuer zu setzen. Man habe noch anderes zu bieten – beispielsweise motivierte Fachkräfte.

Bei der Mehrheit der Gemeinderäte verfing diese Argumentation nicht: Sie befürchteten, dass eine "nachhaltige Schwächung des Wirtschaftsstandortes" – so CDU-Fraktionschef Roland Tralmer – der Preis für 1,4 Millionen Mehreinnahmen sein werde. FDP-Sprecher Philipp Kalenbach hatte bereits in seiner Haushaltsrede Albstadts Standortnachteile aufgelistet – "schlechte Verkehrsanbindung, ungünstige demografische Struktur, fehlende Infrastruktur" –, Olaf Baldauf (CDU) fügte noch Gewerbeflächenknappheit, Erdbeben und die Schneelast auf den Dächern hinzu und warnte davor, durch die Erhöhung einer ohnehin ungerechten Steuer, die die Kleinen schröpfe und die Großen ungeschoren lasse, "Abwanderungspläne zu befeuern".

Matthias Strähler (CDU) warnte davor, das Vertrauen der ortsansässigen Wirtschaft zu zerstören, Elmar Maute (SPD) und Tralmer wiesen das Argument, man dürfe auch von den Unternehmen Solidarität einfordern, als unstimmig zurück: Die Unternehmen seien solidarisch – aber eben, so Tralmer, "in anderen Bereichen". Was er meinte, exemplifizierte Maute am Beispiel der Baulücke im Ebinger Hof: Groz-Beckert habe das Grundstück von der Stadt erworben und damit "die Atmosphäre dort gerettet". "Ich bin Sozi und nicht grundsätzlich gegen Steuererhöhungen – aber neue Situationen erfordern neues Denken. Vielleicht drehen wir mal an der dieser Schraube. Aber nicht jetzt."

"Es liegt gerade keine Notwendigkeit vor"

Wann dann? "Wenn eine Notwendigkeit vorliegt, liebe Freie Wähler", rief Oberbürgermeister Klaus Konzelmann seinen einstigen Fraktionskollegen zu, "es liegt aber gerade keine vor." Noch inständiger fiel der weihnachtlich pastorale Appell Roland Tralmers an die Nebensitzer von der Nachbarfraktion aus: "Kehret um, liebe Brüder und Schwestern!"

Sie kehrten nicht um; außer ihnen votierten SPD-Stadträtin Lara Herter, die Grüne Susanne Feil und ZUG-Stadträtin Elke Rapthel, die die Steuererhöhung seit Jahr und Tag fordert, für den Antrag. Aber das genügte nicht.