Lesen bildet bekanntlich, und dasselbe gilt für das Zuhören. Zumindest dann,

Lesen bildet bekanntlich, und dasselbe gilt für das Zuhören. Zumindest dann, wenn kluge Leute reden – zum Beispiel der Schriftsteller Axel Hacke. So wissen wir Albstädter also spätestens jetzt, da Hacke die Literaturtage Albstadt bereichert hat, wie das heißt, was manche Stadträte, teilweise seit vielen Jahren, praktizieren: Partnerschaftspassiv.

Im Grunde kennt es jeder: "Man könnte...", "Jemand sollte...", "Einer müsste mal....!" Im Klartext heißt das: "Sollen doch die Anderen mal machen!" Dumm ist’s halt in solchen Fällen, in denen es nicht viele Andere gibt, die "mal machen" können. Was uns zurück zu den Stadträten führt. Wenn Einwohner der Stadt sich über etwas beklagen, das die Stadtverwaltung – tatsächlich oder vermeintlich – falsch macht, dann können sie so viel nicht tun. Die Bürgersprechstunde beim Oberbürgermeister ist eine Option, Eigeninitiative und die Gründung einer Interessensgruppe eine weitere. Als schärfste Waffe blieben rechtliche Mittel wie Dienstaufsichtsbeschwerden und Klagen. Oder man geht zu einem Stadtrat seines Vertrauens und sagt: "Einer müsste mal...!" In diesem Fall ist das legitim – Stadträte sind nicht zuletzt dafür gewählt, im Auftrag ihrer Wähler, der Bürger, all die Befugnisse zu nutzen, die der Gesetzgeber nur ihnen als dem Kontrollorgan der Stadtverwaltung erteilt hat, und das sind eine ganze Menge.

Ärgerlich wird es, wenn Stadträte sich des Partnerschaftspassivs bedienen, und zwar gebetsmühlenartig. Warum regen Stadträte sich etwa darüber auf, dass die Verwaltung einer Partei eine städtische Halle für eine Veranstaltung mit einem Hauptredner vermietet, der nicht von ungefähr dem rechten Rand zugerechnet wird? Hat diese Partei nicht schon vor Jahren in der Zollernalbhalle getagt? Hatten Stadträte, denen das nicht passt, inzwischen nicht genug Zeit, entsprechende Anträge betreffend die Nutzung städtischer Gebäude zu stellen, sich Mehrheiten zu suchen und per Beschluss der Stadtverwaltung die Hände zu binden?

Der Beispiele gibt es noch mehr. Thema Wochenmarkt: Diesbezüglich scheint die Stimmung gekippt zu sein. Hatte sich das Gremium nach der Sanierung der Marktstraße vor knapp zehn Jahren noch dagegen ausgesprochen, den Markt in die Marktstraße zu verlegen, haben viele inzwischen gemerkt, dass Stände in der Fußgängerzone dort mitnichten die Einzelhandelsläden verdecken oder blockieren. Der Jahrmarkt, der mittlerweile dort gastiert, bringt Leben in die Marktstraße, das auch den Geschäften nutzt und keineswegs schadet, wie anfangs befürchtet. Dass sich das Parkproblem an Samstagen deutlich entspannen könnte, wenn Parkplätze im Spitalhof nicht mehr von Marktbeschickern belegt würden, kommt hinzu.

Unter den Stadträten gibt es nicht wenige, die sich klar für einen Umzug aussprechen. Doch wer hat bisher den entsprechenden Antrag gestellt? Da muss erst eine neue Fraktion einziehen, die das dem Vernehmen nach vorhat. Und noch einiges mehr, worüber sich Räte anderer Fraktionen schon weit vor der Wahl im Mai beklagt haben. Jemand müsste Letzteren mal erklären, wie viele Befugnisse sie haben – und ihnen einen Satz von Kurt Marti mitgeben: "Wo käme man hin, wenn jeder fragte, ›wo käme man hin...?‹ und keiner ginge, um zu sehen, wohin man käme, wenn man ginge?" Marti war übrigens auch ein kluger Schriftsteller.