Mobile Überwachung (im Bild) in Kombination mit stationären Überwachungsanlagen lautet die Strategie der Stadtverwaltung und des Gemeinderats gegen notorische Raser. Foto: Eyrich

Gemeinderat einigt sich mit deutlicher Mehrheit auf Konzept gegen Raser in Albstadt.

Albstadt - Ein Problem, ein gemeinsames Ziel und dennoch mehrere Anträge: Mit Unterstützung des Gemeinderats will die Stadt künftig verstärkt gegen rücksichtslose Raser vorgehen.

"Seit ich Oberbürgermeister bin, habe ich wöchentlich Besuch von Bürgern, die sich über zu hohe Geschwindigkeiten in ihrer Straße beschweren" – auch deshalb hielt es Klaus Konzelmann in der Sitzung des Gemeinderats am Donnerstagabend für sinnvoll, das Thema stationäre Geschwindigkeitsüberwachung endlich anzupacken und nicht abzuwarten, bis ein Gesamtkonzept vorliegt, wie die Freien Wähler es beantragt hatten, wofür sie aber keine Mehrheit bekamen.

1993 hatte der Technische Ausschuss sich gegen stationäre Überwachungsanlagen entschieden und nur an der Neuweiler Straße später eine Ausnahme gemacht.

In seiner Haushaltsrede am 9. November hatte Konzelmann angekündigt, sechs stationäre Anlagen anschaffen zu wollen – dazu zwei Kameras, die mal in der einen, mal in einer anderen Säule in beide Fahrtrichtungen blitzen sollten – was die CDU für nicht nachhaltig hält. Sie plädierte in einem Antrag für zunächst drei stationäre Anlagen, aber auch für eine Ausweitung der mobilen Kontrollen, vor allem zwischen 22 und 6 Uhr an Brennpunkten. Notorische Raser wüssten schnell, wo sie auf die Bremse treten müssten – und träten nach dem Blitzer wieder aufs Gas, was die Lärmbelastung der Anwohner eher erhöhe, so die Begründung.

Die geplante nächtliche Temporeduzierung auf 30 Kilometer pro Stunde an Brennpunkten erfordere eine stationäre Überwachung, hielt Michaela Maier, Leiterin des Ordnungsamtes, dagegen und versicherte, natürlich auch weiterhin mobil messen zu wollen.

Dass es niemandem um den fiskalischen Aspekt – also um das "Abzocken" der Autofahrer – gehe, darüber herrschte Einigkeit in Gremium und Verwaltung. "Es geht um Lärmschutz und die Reduzierung von Unfallgefahren", betonte CDU-Fraktionschef Roland Tralmer. "Dinge wie illegale Autorennen müssen bekämpft werden." Deren Veranstaltern sei mit mobilen Kontrollen eher beizukommen – in Kombination mit vorerst drei stationären Anlagen. Lägen dann genauere Erkenntnisse über die Wirkung vor, könne man überlegen, wie es weiter gehe.

Der Vorschlag der CDU, zu prüfen, ob sich auch in die Rotlicht-Überwachungsanlagen eine Tempo-Kontroll-Kamera einbauen lassen, war aus technischen Gründen schnell vom Tisch: "Funktioniert nicht", weiß Michaela Maier.

Mehr Vollzugskräfte werden wohl notwendig

Harald Lögler (Grüne) wies mit Blick auf den CDU-Antrag darauf hin, dass mobile Kontrollen letztlich teurer seien, weil sie Personalpräsenz erforderten, was Konzelmann und Maier bestätigten: Ein bis zwei Vollzeitstellen könne das nötig machen. Olaf Baldauf (CDU) gab zu bedenken, dass manche Autofahrer "froh wären, mal in den Bereich eines Tempoverstoßes zu kommen", wie er ironisch anmerkte. Stau in vielen Straßen bremse tagsüber den Verkehr eher ab.

Karlo Frohnert (Freie Wähler) findet hingegen "sechs Blitzer noch viel zu wenig" – er wohnt an einer Hauptdurchfahrtsstraße. Friedrich Pommerencke (CDU) meinte, dass "99 Prozent aller Geschwindigkeitsüberschreitungen nichts mit Rasern zu tun" hätten – und plädierte für den Einsatz von Tafeln mit Tempoanzeige, die Fahrer für die Einhaltung des Tempolimits mit lachendem Gesicht belohnen. Die Einlassung kommentierte SPD-Fraktionschef Elmar Maute mit Ironie: "Und hinter den Smiley setzen wir Dein Konterfei – dann wirkt es doppelt!"

Für zügige Entscheidungen plädierten die Ortsvorsteher Roland Merz aus Pfeffingen, Thomas Bolkart aus Margrethausen und Peter Landenberger aus Laufen, der im übrigen darauf hinwies, dass die Schnittstelle zwischen Ortsdurchfahrt und Bundesstraße weit gefährlicher geworden sei, seit dort das Tempolimit von 50 auf 70 Stundenkilometer erhöht wurde.

Michaela Maier packt alles in einen Vorschlag

Am Ende einigte sich das Gremium auf den von Michaela Maier modifizierten CDU-Antrag, der sich in Teilen an den Beschlussvorschlag der Verwaltung anlehnt. Darin werden Kriterien für die Errichtung stationärer Tempoüberwachungsanlagen festgelegt. Die Verwaltung wird beauftragt, ein Konzept für räumlich und zeitlich mobile Kontrollen, vor allem für den Zeitraum 22 bis 6 Uhr, zu erarbeiten und den vermehrten Einsatz von Anzeigetafeln einzuarbeiten – Mitte 2018 soll das Konzept vorliegen.

Bis dahin soll die Verwaltung auch drei konkrete Standorte für stationäre Blitzer vorschlagen, auch unter Berücksichtigung der Anwohnerinteressen entlang der Bundesstraße 463. Nach der Entscheidung des Gemeinderats soll sie den Auftrag für die Installation dreier Anlagen und den Kauf zweier Kameras ausschreiben.

Personal in der Bußgeldstelle wird aufgestockt

Zudem soll sie prüfen, ob sich die Überwachungsanlagen an den Ampeln in Lautlingen und an der Berliner Straße nachrüsten lassen. Für die Bußgeldstelle wird eine halbe Stelle zusätzlich eingeplant, über die der Gemeinderat ebenso gesondert entscheidet wie über weitere eventuell erforderliche Stellen für den Vollzugsdienst. 250.000 Euro werden zur Umsetzung all dieser Maßnahmen im Haushalt 2018 bereitgestellt. 17 Stadträte votierten für das Maßnahmenpaket, neun dagegen.

Dem noch weitergehenden Antrag von Harald Lögler – er forderte sechs konkrete Standorte und ein Finanzvolumen von 350.000 Euro – hatten zuvor zehn Stadträte zugestimmt. 17 waren dagegen.

Kommentar

Von Karina Eyrich

Durchgreifen!

"Hättest Du geschwiegen, wärest Du ein Philosoph geblieben", lautet ein altrömisches Zitat. Wortmeldungen von Stadträten sind der Sinn und übrigens auch der Pfeffer einer Gemeinderatssitzung. Wenn sie allerdings von Personen stammen, die sich dem Problem, das zur Debatte steht, selten bis nie aussetzen, sind sie nicht zielführend. So geschehen im Fall der Diskussion über den Einsatz stationärer Tempoüberwachungsanlagen. Wer in einem feinen Wohngebiet am Hang lebt und nicht Nacht für Nacht mit anhören muss, wie es auf den Hauptverkehrsstraßen Albstadts zugeht, kann kaum behaupten, dass "Smileys" ausreichen, um all die unbescholtenen, gelegentlich nur eben unaufmerksamen Autofahrer zu ermahnen, ihr Tempo zu verlangsamen. Manche wollen rasen – gerade viele jener, die nachts in getunten Sportautos unterwegs sind. Da hilft nur blitzen.