Foto: Schwarzwälder Bote

Es ist ja nicht so, dass es einer Pandemie bedurft hätte, damit sich die Geister an der Austragung des UCI-Mountainbike-Weltcups im Cross-Country in Albstadt scheiden. Schon zwischen 2013 und 2019 beklagten Gegner des Großereignisses im Tailfinger Bullentäle den Eingriff in die Natur durch den Streckenbau, das tagelang für den Verkehr blockierte Areal rund um die Zollernalbhalle, das Großaufkommen an Radfahrern überall in der Stadt und natürlich die Kosten für dieselbe, also letztlich für uns alle.

Befürworter konterten mit dem Anstieg des Bekanntheitsgrades der immer noch jungen Stadt durch Präsenz im Fernsehen und den Sportteilen der Zeitungen weltweit, mit tausenden von Sportlern und Zuschauern, die für ausgebuchte Übernachtungsbetriebe sorgen und vielleicht auch jenseits des Rennwochenendes mal wieder kommen und Geld liegen lassen. Dass endlich mal etwas Außergewöhnliches geboten sei in Albstadt führten sie ins Feld und nicht zuletzt die motivierende Wirkung, die das Beobachten der Weltelite auf den Nachwuchs in den Radsportvereinen der Region hat. Gebetsmühlenartig trugen beide Seiten alle Jahre wieder ihre Argumente vor.

Dann kam das Coronavirus und die WM – geplant für 2020 – ging: nach Saalfelden-Leogang in Österreich, wo sie ohne Zuschauer ausgetragen wurde, weil die dortige Tourismusregion die Kosten stemmen konnte, ohne auf Eintrittsgeld angewiesen zu sein.

Nun, ein Jahr später, scheiden sich die Geister, weil der Weltcup in Albstadt – ebenfalls ohne Zuschauer – ausgetragen wird und die Profisportler ihrem Beruf nachgehen dürfen, während Gastwirte, Ladenbesitzer und Künstler der Region untätig zu Hause sitzen müssen, Sport- und Musikvereine und damit auch deren Kinder und Jugendliche ausgebremst sind, sich vormittags mit Homeschooling und nachmittags mit Langeweile herumschlagen müssen. Ist das gerecht? Wieder tobt die Debatte – diesmal nur aus anderem Grund und mit anderen Argumenten. Die Krux dabei: Von der Hand zu weisen sind die alle nicht. Ist es also richtig, den Weltcup auszutragen?

Sehen wir’s doch mal so: Albstadt zählt – zusammen mit Nove Mesto – inzwischen zu den dienstältesten Weltcup-Austragungsorten. In einer Sportart, die weiter an Popularität gewinnt. Die Kette jetzt abreißen zu lassen, der UCI abermals den Stuhl vor die Tür zu stellen, täte dem guten Image, das Albstadt sich bei Mountainbikern aufgebaut hat, nicht gut – mit Folgen für den Bekanntheits- und Beliebtheitsgrad der Region in der Zielgruppe. Wir können uns ja auch einfach mal freuen, dass es – dank eines ausgeklügelten und strengen Sicherheitskonzeptes – möglich ist, den Profisportlern die Möglichkeit zum Austragen ihrer Wettkämpfe zu bieten. Gerade jetzt, da sich dank fortschreitender Impfungen und fallender Inzidenzen Licht am Ende des Tunnels abzeichnet, auch für Vereine, Kultur, Schulen, Kitas und die Gastronomie. Für die Übernachtungsbetriebe in der Region ist der Weltcup übrigens ein warmer Regen, den sie in dürren Zeiten dringend brauchen. Jetzt hat Albstadt die Chance, mit seinem Sicherheitskonzept das zu schaffen, was Meßstetten mit der Flüchtlingsaufnahmestelle geschafft hat: als Vorbild dazustehen, positive Schlagzeilen zu machen – weit über die Region hinaus. Verlässlichkeit punktet. Auch nach Corona.