Hoffen für den 24. Januar auf viele Streikteilnehmer: Michael Föst (rechts) und Walter Wadehn. Foto: Kistner

Gewerkschaft erwartet bis zu 800 Teilnehmer bei Kundgebung am 24. Januar. Tarifverhandlungen stehen an.

Albstadt-Lautlingen - Die Verhandlungen der Tarifpartner in der Metall- und Elektroindustrie gehen am Mittwoch, 24. Januar, in die vierte Runde. Auch in Albstadt will die IG Metall ihren Forderungen durch Warnstreik und Kundgebung Nachdruck verleihen; sie rechnet mit 700 bis 800 Teilnehmern.

Sechs Prozent Lohnsteigerung fordert die IG Metall; die Arbeitgeber bieten derzeit zwei Prozent ab April und fürs erste Quartal des Jahres eine einmalige Zusatzzahlung von 200 Euro. Michael Föst, Zweiter Bevollmächtigter der IG Metall Albstadt, gab sich gestern zuversichtlich, dass man sich hier auf einen "guten Abschluss" einigen werde.

Kontrovers: Forderung nach Arbeitszeitverkürzung

Noch kontroverser erscheint eine weitere Gewerkschaftsforderung: Die Arbeitnehmer sollen das Recht erhalten, für bis zu zwei Jahren ihre Wochenarbeitszeit zu reduzieren – im äußersten Fall von 35 auf 28 Stunden. Es soll dafür keines besonderen Grundes bedürfen – indes fordert die IG Metall, dass der Verzicht auf das der Zeitabsenkung entsprechende Entgelt vom Arbeitgeber mit 200 Euro pro Monat kompensiert wird, wenn die Absenkung mindestens dreieinhalb Wochenstunden beträgt und der Arbeitnehmer diese gewonnene Freizeit nutzt, um Verwandte zu pflegen oder Kinder zu erziehen. An dieser Forderung scheiden sich die Geister; die Arbeitgeber haben kundgetan, dass sie die Rechtmäßigkeit einer solchen Vereinbarung anzweifeln.

Pflege von Angehörigen gilt bislang als "Privatvergnügen"

Hier geht es ums Prinzip – dass halbe Belegschaften die Möglichkeit nutzen werden, ihre Arbeitszeit – und zugleich ihre Einkünfte – um bis zu 20 Prozent zurückzufahren, glaubt auch Walter Wadehn, Erster Bevollmächtigter der IG Metall Albstadt, nicht. Doch er gibt zu bedenken, dass die fixe Größe "35 Stunden" längst nicht mehr Standard in den Betrieben sei: Da herrsche "ein buntes Treiben" und eine Praxis der flexiblen Arbeitszeitgestaltung, die nicht immer rechtmäßig sei – verfallende Arbeitsstunden seien durchaus eine Realität, und zwar nicht nur in kleinen, sondern auch in großen und namhaften Unternehmen. Diesen "Wildwuchs" sähe Wadehn gerne beschnitten. Sein zweites Argument: Nach wie vor sähen die Unternehmer die häusliche Pflege und die Kindererziehung als jedermanns Privatvergnügen an – mit dem Konzept der "kurzen Vollzeit" wolle die Gewerkschaft verdeutlichen, dass die Versorgung der ganz Jungen und ganz Alten auch eine gesellschaftliche Aufgabe sei.

Die Kundgebung, bei der er diese Positionen öffentlich vertreten will, geht am 24. Januar im Anschluss an eine Demonstration über die Bühne, die vom Ebinger Eisplatz durch die Langwatte, Obere Vorstadt, Markt- und Grüngrabenstraße zur Festhalle führt – in früheren Jahren wurden die Reden im Freien gehalten, aber diesmal haben Wadehn und Föst umdisponiert: Niemand soll sagen können, er wäre sicher gekommen, wenn nur das Wetter nicht so kalt gewesen wäre.