Claudia Zimmer und Herwig Rutt über das Auf und Ab im Künstlerleben

Von Sabine Miller

Albstadt-Ebingen. Das Leben der meisten großen Künstler ist eine rasante Berg- und Talfahrt. Claudia Zimmer und Herwig Rutt haben sich im Kräuterkasten in diese schlingernden Lebensspuren eingeklinkt und damit einen Abend gepflegter Unterhaltsamkeit bestritten.

"Himmelhoch und Abgrundtief" heißt das Kabarett, in dem Sängerin Claudia Zimmer und Pianist Herwig Rutt mit viel musikalischer Darstellungskraft die schillernden Namen des vergangenen Jahrhunderts streifen und dabei auch die Rolle der Frau über die Jahrzehnte beleuchten.

Die Reise beginnt in der guten alten Zeit: "Ich bin verflucht und zugenäht", bedauerte Claudia Zimmer singend und zählte im schwarzen bodenlangen Kostüm mit Federhut, Handtäschchen und vergrämter Miene ihre verborgenen Wünsche auf.

Urplötzlich fällt der schwarze Rock

Urplötzlich fiel der schwarze Rock: Die Künstlerin stand im roten Cocktailkleid als kesses Energiebündel der 1920-er Jahre da und stellte im Dialog mit Rutt den im Berlin jener Jahre berühmten Kabarettisten und Komponisten Rudolf Nelsen vor – aus seiner Feder stammt der anfängliche Liedvortrag. Nelsen ließ sich durch Schicksalsschläge nicht entmutigen – wie vor ihm Robert Louis Stevenson, der reiselustige Schriftsteller aus Schottland, der an Tuberkulose litt und dennoch seine bekannte Schauernovelle "Der seltsame Fall des Dr. Jekyll und Mr. Hyde" schrieb. Mit Glitzerstirnband tanzte Claudia Zimmer danach "In der Bar zum Krokodil am Nil" der Comedian Harmonists. Auch sie waren wie Nelsen Opfer brauner Machthaber, ebenso wie Maler Otto Dix.

Sein farbintensives Werk "Bildnis der Tänzerin Anita Berber" hielt Claudia Zimmer dem Publikum vor die Nase – keine Frage, wer die neue, aufbegehrende Frau der 20-er besser als diese außergewöhnliche Persönlichkeit mit dem exzessiven Lebenswillen und -wandel verkörperte. Sie galt als verrucht, war Vamp und Femme fatale, Modeikone und Tänzerin, nahm Morphium und Kokain und starb mit nur 29 Jahren.

"I Love Paris In The Springtime" – wirkungssicher platzierte Claudia Zimmer Cole Porters Evergreen vor seine Vita. Der Tonschöpfer verunglückte auf dem Höhepunkt seiner Karriere, seine Frau verließ ihn, kehrte aber zurück, und er verfasste danach seine schönsten Musicals.

Porter war fasziniert von der jungen deutschen Sängerin Hildegard Knef, in deren unsteter Biografie sich die Sonnen- und Schattenseiten ständig abwechselten. "In der Stille der Nacht" – sehr gedehnt breitete sich dieses Lied von der Frau mit der rauchigen Stimme im Kräuterkasten aus. "Kann das die Liebe sein, die kommt und bleibt? Vielleicht vergeht sie bald, so wie sie erwacht" – die Knef lernte Abschied zu nehmen und die französische Stimmmagierin Edith Piaf ebenso.

Schon ihre Kindheit war ein Desaster, dann verlor sie ihre große Liebe. Dennoch hat die Piaf ihren unerschütterlichen Glauben an die Liebe nie verloren – "Hymne à l’amour", das ausdrucksstarke Chanson ihrer Freundin und langjährigen Mitarbeiterin Marguerite Monnot interpretierte Claudia Zimmer wie alle vorhergehenden und folgenden Gesangstücke auf ihre Weise: wandlungsfähig in ihre Rolle schlüpfend, ohne allzusehr zu kopieren, stets mit einem verschmitzten Lächeln im Gesicht und begleitet von ihrem Partner Herwig Rutt am Klavier.

Die griffigen Konturen der Hildegard Knef

Als finale Nummer präsentierten die beiden Künstler noch einmal die griffigen Klangkonturen der Knef: "So oder so ist das Leben" – ein runder Abschluss.