Aus dem Haus in der Breslauer Straße 71 ziehen im Januar drei, bis Ende März noch eine weitere Mietpartei aus. Foto: Eyrich Foto: Schwarzwälder-Bote

Mieter in zwei an die Stadt verkauften Häusern ziehen im Januar aus und Flüchtlinge ein

Von Karina Eyrich

Albstadt-Tailfingen. Eher "lähmendes Entsetzen als heitere Umzugsstimmung" herrscht – so hatte es ein Bewohner noch vor zwei Wochen beschrieben – im Haus Breslauer Straße 71, das die Wohnungsbaugenossenschaft verkauft hat: Die Stadt als neue Eigentümerin will dort Flüchtlinge unterbringen.

25 bis 30 Personen pro Haus sollen laut Anton Reger, dem Ersten Bürgermeister der Stadt, in der Breslauer Straße 69 und 71 einziehen, die auf Erbbaugrundstücken der Stadt stehen und bis vor zwei Wochen noch der Wohnungsbaugenossenschaft Tailfingen (WG) gehören. Deshalb hatte es die Mieter zunächst erst einmal schockiert, als sie davon erfuhren, dass sie umziehen sollen, weil die Stadt Flüchtlinge dort unterbringen will. Ronald Goll, der im Haus lebt, beklagt, dass die Öffentlichkeit besser informiert gewesen sei als die Bewohner selbst, spricht von einem "Trauerspiel mit einem G’schmäckle".

Sein Ärger ist auch jetzt noch nicht ganz verraucht, zumal die Stadt einen Termin mit den Mietern vor anderthalb Wochen bei der WG abgesagt habe. Inzwischen jedoch hat sich die Lage entschärft: Gestern und heute unterzeichnen die vier Mietparteien, die im Haus leben, ihre neuen Mietverträge. Drei von ihnen werden schon im Januar, eine Person innerhalb des ersten Quartals 2015 umziehen – allesamt innerhalb der Breslauer Straße.

Sowohl Reger als auch Holger Gladen von der WG haben auf Anfrage des Schwarzwälder Boten versichert, dass die Umzugskosten aller Beteiligten übernommen würden. Ronald Goll: "Die Lauferei haben wir trotzdem."

Er freut sich bereits auf die Zeit, "wenn der Umzug vorbei ist", wie er betont. Wie mehrere andere im Haus habe er gesundheitliche Probleme. "Was mich aber am meisten ärgert" verrät Goll doch: "Eine Straße tiefer, ›Auf Winkel‹, hatte die Stadt zwei Häuser, die abgerissen wurden. Zwei andere sind verkauft und werden gerade von einem Privatmann saniert." Mit diesen Immobilien in der Hand hätte die Stadt den Mietern in der Breslauer Straße 71 – Nummer 69 war bereits komplett entmietet – den Umzug ersparen können, so Goll.

Die Herausforderungist schon seit längerem bekannt

Dass mit der hohen Zahl der Flüchtlinge, die derzeit vor dem Krieg Schutz in Deutschland suchen, auch Herausforderungen auf die Stadt Albstadt zukommen würden, ist tatsächlich schon länger bekannt, wie entsprechenden Äußerungen Regers im vergangenen Jahr gegenüber dem Schwarzwälder Boten zu entnehmen war.

Ronald Goll jedenfalls fühlt sich überrumpelt und stellt fest, "dass die Wohnungsbaugenossenschaft nun alles umsetzen muss, was die Stadt angeleiert hatte". Er selbst zieht Mitte Januar in eine Wohnung um, die zwar vergleichbar sei, aber keinen Garten mehr habe.

Reger indes betont, dass die Stadt die neuen Bewohner der Häuser – in jedem davon sind laut Holger Gladen sechs Wohnungen mit je drei Zimmern, Küche und Bad, zusammen um die 60 Quadratmeter groß – auswählen werde, und zwar danach, ob sie dort hin passten. "Wir bringen Familien dort unter", so Reger. "Und sie bleiben dann auch die einzigen in dieser Gegend."