Die Zeugen gaben vor Gericht an, dass der 18-jährige Syrer ein Messer gezückt und einem Kontrahenten auf Herzhöhe in die Brust gestochen hatte. (Symbolfoto) Foto: dpa

18-Jähriger wegen Messerstecherei in Ebinger Bahnhofsstraße angeklagt. Opfer kommt blutüberströmt ins Krankenhaus.

Albstadt/Hechingen - Da war selbst die Staatsanwältin erstaunt: Zu einem Jahr und sieben Monaten hinter Gittern hat das Hechinger Amtsgericht einen 18-jährigen Syrer verurteilt, der als Hauptangeklagter nach einer Messerstecherei in der Ebinger Bahnhofsstraße im Dezember vergangenen Jahres angeklagt war.

Die Richterin und die Schöffen sahen es als erwiesen an, dass der junge Mann am 17. Dezember 2017 im Toilettenbereich einer Gaststätte im alkoholisierten Zustand zunächst andere Gäste während eines Streites mit Pfefferspray besprühte. Als er sich daraufhin nach draußen begab, seien ihm und seinen Kumpanen einige der Angegriffenen gefolgt. Was dann genau geschah, ließ sich aufgrund widersprüchlicher Zeugenaussagen nicht im Detail rekonstruieren. Die Richterin meinte dazu in ihrer Urteilsbegründung: "Die Grenzen des Zeugnisbeweises wurden uns hier deutlich aufgezeigt." Denn jeder, der etwas gesehen hatte und dazu vor Gericht eine Aussage machte, gab eine andere Version zum Besten. Was die Verteidigung dazu veranlasste von "rotzigen Antworten der Zeugen" und "strategischem Gedächtnisverlust" zu sprechen.

Einig waren sich indes alle Zeugen darin, dass der 18-jährige Syrer ein Messer gezückt und einem Kontrahenten auf Herzhöhe in die Brust gestochen habe. Das Opfer kam mit dem Rettungswagen blutüberströmt ins Krankenhaus, die Wunde wurde genäht. Ein Kumpel des Hauptangeklagten hatte sich in der Zwischenzeit in den Streit eingemischt. Er hatte von Anfang der Verhandlungstage an zugegeben, einem Freund zu Hilfe geeilt zu sein. Der sei im Handgemenge gewürgt worden, habe zu ersticken gedroht. Er habe sich daher nicht anders zu helfen gewusst, so der 24-Jährige, als dem Aggressor ein Messer in den Oberschenkel zu rammen. Das Gericht nahm ihm die Erklärung ab und verurteilte ihn wegen gefährlicher Körperverletzung zu einer Haftstrafe von einem Jahr auf Bewährung. Zudem muss der staatenlose Mann 120 Stunden gemeinnützige Arbeit ableisten und bekommt einen Bewährungshelfer zur Seite gestellt.

Beiden Angeklagten hielt das Gericht zu Gute, dass sie sich einer "mindestens sechsköpfigen Meute" gegenüber gesehen hatten, die sie "auch ausländerfeindlich" beschimpft habe. Dennoch attestierte die Richterin dem Hauptangeklagten einen "bedingten Tötungsvorsatz", weswegen er zu der Gefängnisstrafe verurteilt wurde, von der jedoch sechs Monate Untersuchungshaft – er war bereits am Tag nach der Tat festgenommen worden – abgezogen werden. Ohne professionelle Aufarbeitung sehe sie bei ihm keine Perspektive, sagte die Juristin. Er sei zum Tatzeitpunkt "überfordert" gewesen, sagte der 18-Jährige in seinem Schlusswort.